In den französischen Finanzämtern herrscht Hochbetrieb. Trotz Sommer- und Ferienzeit. Die Schulen öffnen erst wieder Anfang September, auch der Bäcker, der Fleischer an der Ecke gönnen sich noch die jährliche Pause, die bis Ende August geht. Nur die Politik ist zurück und die Finanzbeamten haben Dienst, denn gerade werden die Steuerbescheide für das Jahr 2013 verschickt.
Vor einem Jahr genau war das, waren die Stichtage für die Steuerbescheide, der Startschuss für wochenlange Proteste der Bretonen. Die Regierung hatte das nicht kommen sehen, obwohl der damalige Finanzminister Moscovici gewarnt hatte, die Franzosen hätten "die Nase voll" von der wachsenden Steuerlast.
Eine Last, die mit dem Beginn der sozialistischen Regierungszeit noch gewachsen war.
Die Proteste wurden Anfang dieses Jahres erhört, steuerliche Erleichterungen beschlossen, aber auf der anderen Seite setzen Sparbeschlüsse und Kürzungen bei sozialen Zuwendungen den Haushalten zu. So kann die Regierung noch nicht wissen, ob die Steuerstichtage auch in diesem Jahr in gewalttätigen Protesten münden, oder ob es ruhig bleibt.
Nullwachstum der Wirtschaft
Sein Wunsch sei, sagt Präsident Hollande, dass am Ende seines Mandats, 2017, die Franzosen besser lebten, als zu Beginn seiner Amtszeit. Allerdings: Acht von zehn seiner Landsleute glauben nicht, dass der Sozialist das Zeug dazu hat, den Karren aus dem Dreck zu ziehen.
Denn Frankreichs Wirtschaft stagniert. Vor einer Woche meldete die Statistikbehörde "Nullwachstum", das zweite Quartal in Folge. Die Schulden steigen weiter, die europäischen Sparziele verfehlt Frankreich inzwischen konsequent.
Hollandes Regierung wackelt
Trotz der Wolken am Wirtschaftshimmel hofft die Regierung, dass die diesjährige Rückkehr aus den Ferien der Startschuss für bessere Zeiten ist.
"Ich habe diese schwierige Entscheidung getroffen, wir geben den Unternehmen 40 Milliarden Euro in den kommenden drei Jahren, damit sie Arbeitsplätze schaffen."
Dieser Verantwortungspakt, den der Präsident verteidigt, soll die Angebotsseite stärken, die Betriebe wieder wettbewerbsfähig machen.
"Was aber, wenn Hollande sich irrt?", fragte in dieser Woche die Zeitung "Libération". Und sprach damit denen aus dem Herzen, die nicht die Unternehmen, sondern die Nachfrage, also die Haushalte, gestärkt sehen wollen.
Die Unzufriedenheit in der Regierungsmehrheit ist unübersehbar. Die grünen Minister haben das Kabinett bereits verlassen. Im Parlament stimmen die Grünen nur noch von Fall zu Fall mit den Sozialisten. Auch die radikale Linke droht damit, das Schiff zu verlassen. Und sozialistische Abgeordnete vom linken Rand hadern mit jedem Passus, der im Parlament zur Abstimmung steht.
Wenn in wenigen Wochen der Haushalt 2015 auf den Tisch der Assemblée Nationale kommt, wird es wieder spannend. Einige Dutzend Abgeordnete tun sich schwer, Präsident und Premier zu folgen. Die Mehrheit stand bislang, aber ob sie weiterhin stehen wird, ist offen.
Und als wäre das nicht genug, streuen Schwergewichte im Kabinett, wie Wirtschaftsminister Montebourg, Gerüchte über einen Austritt aus der Regierungsmannschaft. Und im Norden Frankreichs meldet sich eine Frau zu Wort, die Francois Hollande von jeher für nicht geeignet hielt, Frankreich zu führen:
"Es ist ein bisschen wie im Horrorfilm," sagt der Redakteur Etienne Gernelle von der Zeitschrift "Le Point".
"Wie aus dem Nichts kehrt der Bösewicht zurück, ist auf einmal wieder da. So ist es mit Martine Aubry. Sie ist für Francois Hollande wie die Figur aus einem Horrorfilm."
Kritik an Hollande von Parteifreunden
Denn die Bürgermeisterin von Lille, die gerne selbst Präsidentin geworden wäre, schickt ihrem parteiinternen Widersacher Sätze wie diese und das in vielen Variationen:
"Ich denke, wenn wir seit zwei Jahren in vielen Fragen eine wirkliche Vision und klare Orientierung gehabt hätten, dann hätten wir heute weniger Probleme." Damit unsere Republik gut funktioniert, braucht es einen Präsidenten, der sagt, wo es lang geht."
Parteifreunde, die sich abwenden und offen Kritik üben. Wirtschaftsdaten, die nach unten, statt nach oben weisen. Das Paar an der Spitze Frankreichs will sich dennoch nicht beirren lassen. Die Richtung der Politik werde nicht geändert, erklärte Premier Manuell Valls vor wenigen Tagen in der Sonntagszeitung.