Wer nicht aus der Gegend kommt, verirrt sich vermutlich eher selten nach Forbach, ein tristes Städtchen an der deutsch-französischen Grenze. Neben der Burg, die über der Stadt thront, und der stillgelegten Förderanlage gibt es wenig zu sehen.
Seit einigen Monaten aber sorgt Forbach landesweit für Schlagzeilen. Seit ein 32-jähriger Eliteuniabsolvent in die ehemalige Kohlestadt gekommen ist, um hier Bürgermeister zu werden. Und damit nicht nur die kleine
Denn Florian Philippot ist kein Unbekannter. Er ist Vize-Präsident des Front National, die rechte Hand von Marine Le Pen. Und er ist ganz bewusst hier installiert worden: Er soll für den Front National die Provinz erobern.
Forbach ist kaputt, da hat er es leicht, meint ein Rentner.
"Und er ist landesweit bekannt, das interessiert die Leute hier, die sind sauer!"
Sauer, weil ein Laden nach dem anderen schließt, weil die Zahl der Einbrüche und Überfälle steigt, weil es keine Perspektive zu geben scheint.
Das weiß Philippot für sich zu nutzen. In Anzug und Krawatte sitzt der junge Mann in seiner Wahlkampfzentrale, einer Wohnung im Stadtzentrum.
"Ich lüge die Leute nicht an, man kann als Bürgermeister nicht alles ändern, aber ich werde dafür sorgen, dass Forbach in Frankreich bekannter wird. Forbach strahlt nicht. Ich werde mir national Gehör verschaffen!"
Neben Florian Philippot hängt ein überlebensgroßes Poster von Marine Le Pen. Sie will den Front National, den ihr Vater mitgegründet hat, unter ihrem Vorsitz zu einer wählbaren Partei machen. Bei dieser sogenannten "Entteufelung" soll ihr der 32-Jährige helfen. Also bekräftigt er:
"Der Front National ist nicht rechtsextrem, wir sind eine patriotische Partei! Die Vergangenheit interessiert mich nicht, mich interessiert die Gegenwart. Mich interessiert auch nicht, woher unsere Wähler kommen, solange sie Frankreich im Herzen tragen."
Und wer Frankreich im Herzen trägt, hat dort eben wenig Platz für anderes. Oder andere. Der wünscht sich weniger Zuwanderung und stärkere Grenzkontrollen. Nicht, weil er per se etwas gegen Fremde hat. Eine solche Zuspitzung liegt Philippot fern. Er jongliert lieber mit Zahlen, bemüht andere "Argumente":
"Wir haben von der Grenznähe keine Vorteile, sondern viele Unannehmlichkeiten – zum einen kommen wenig Deutsche nach Forbach, um hier ihr Geld auszugeben, es ist eher andersherum. Zum anderen sind Schmuggel und organisierte Kriminalität schwerer zu kontrollieren."
An einem anderen Schreibtisch, nur wenige Gehminuten entfernt, sitzt Thierry Homberg im Rathaus der Stadt. Als Beigeordneter ist er unter anderem für Grenzfragen zuständig.
"Der Front National profitiert von den Sorgen der Menschen und diese Sorgen sind ja auch begründet – aber der Front National hat nicht die richtigen Antworten."
Natürlich profitiere Forbach von der Grenznähe, hält Homberg dagegen. Er erinnert an das grenzübergreifende Gewerbegebiet, an die Zehntausenden Lothringer, die jeden Tag zum Arbeiten ins benachbarte Ausland pendeln. Aber die Grenzgänger gilt es nicht zu überzeugen, sondern eher jene, denen der erfolgreiche Nachbar Deutschland den eigenen Niedergang vor Augen hält. Und in diese Kerbe schlägt Florian Philippot:
"Deutschland profitiert vom Euro und kann gerne seine Interessen vertreten. Aber Frankreich soll auch wieder seine Interessen vertreten. Frankreich ist eine Weltmacht!"
Auch deswegen soll Frankreich den Euro verlassen. Auch deswegen soll die Europäische Union in ihrer jetzigen Form abgewickelt werden. Aber das ist Stoff für die Europawahlen im Mai. Wenn Florian Philippot ein weiteres Mal kandidieren wird, gemeinsam mit Marine Le Pen.