Nach den Attentaten des 13. November hatte Marine le Pen als Erste die Wahlkampfmaschine wieder angeworfen. In gleich drei Regionen Frankreichs sehen die Meinungsforscher ihre Partei am kommenden Sonntag vorne. In drei von dreizehn. Ein Novum in der Geschichte Frankreichs.
Schon die Januar-Anschläge, sagt Jerôme Fourquet vom Meinungsforschungsinstitut Ifop, hätten für den Front National wie ein Katalysator gewirkt, viele Franzosen hätten schon da gesagt, die Angriffe auf die Redaktion von Charlie Hebdo und den Supermarkt für koschere Lebensmittel, diese Angriffe seien der Beleg dafür, dass le Pen Recht gehabt habe. Früher hätten die Menschen gesagt, "Wir denken wie Marine le Pen", heute sagten sie "Marine le Pen denkt wie wir". Und mit den Anschlägen von Paris in diesem November hat sich dieser Effekt noch verstärkt.
"Wir haben niemals aufgehört zu warnen", sagt Marine le Pen jetzt und schwimmt in der neu zusammengesetzten Region "Nord-Pas-de-Calais-Picardie" als Spitzenkandidatin auf der Erfolgswelle. Einer Welle, die sie 2017 in den Elysée-Palast spülen soll.
Premierminister Valls warnt potenzielle Wähler des Front National
Gute Wahlchancen hat der extreme "Front National" im Norden, aber auch im Süden, in der Region "Provence-Alpes-Côte-d'Azur" . Dort tritt die Nichte der Parteichefin, Marion Maréchal le Pen, als Favoritin an. Und manche Meinungsforschungsinstitute sehen den Front National auch in der Normandie auf der Erfolgsspur. Dort geschehe "Unglaubliches", sagte Gael Slima, Wahlforscher des Instituts Odoxa, im französischen Privat-Fernsehen:
"Absolut unglaublich, weil das beste Ergebnis des Front National in der Normandie bei 14, 15 Prozent lag, das heißt mit jetzt 30 würden sie ihr Ergebnis in dieser Region verdoppeln."
Entsprechend warnt Premierminister Manuel Valls die übrigen Parteien:
"Jeder muss seiner Verantwortung gerecht werden, ob links oder rechts, um den Front National am Wahlsieg in einer Region zu hindern."
Der Regierungschef ruft die Wahlkämpfer links und rechts also auf, die Kräfte nach dem ersten Wahlgang gegebenenfalls zu bündeln. Allerdings haben die Sozialisten wenig zu verlieren, die Linke ist gespalten, tritt vielerorts nicht mit gemeinsamen Listen an, und deshalb hoffen die Sozialisten allenfalls auf Schadensbegrenzung bei diesen Regionalwahlen. Anders die Lage bei den Konservativen.
Vor den Anschlägen des 13. November lag die Partei des Ex-Präsidenten Sarkozy recht gut im Wind. Aber seither stecken die Konservativen fest. Zwischen einem " Front National", der stärker denn je mit den Themen "Einwanderung" und "islamistischer Bedrohung" punktet - auf der einen Seite. Und regierenden Sozialisten auf der anderen Seite, die mit Notstandsgesetzen und Kriegs-Rhetorik auf die jüngste Anschlagsserie reagieren und so den konservativen Wahlkämpfern weiteren Wind aus den Segeln nehmen.
Auf dem Spiel stünden nicht nur regionale, auch nationale Belange - schärfte Nicolas Sarkozy seinen Anhängern ein, als er den Wahlkampf nach den Anschlägen wieder aufnahm. Der Chef der Partei "Die Republikaner" stellte klar, dass er dem Aufruf des sozialistischen Premierministers, gemeinsame Sache gegen den "Front National" zu machen, nicht ohne weiteres folgen werde:
"Wir werden unsere Listen erhalten, dort, wo wir in der Lage sind, sie zu erhalten", sagte Sarkozy. So wird es nach dem ersten Wahlgang spannend. In jeder der 13 Regionen werden Linke und Konservative entscheiden müssen, ob sie sich zusammentun, oder ob sie getrennt in den zweiten Wahlgang am 13. Dezember gehen. Im Falle von "Dreierkonstellationen", so sagen die Wahlforscher, hätte der Front National die besten Chancen auf Erfolg.