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Frankreich will politische Lösung für Syrien

Frankreich hatte sich anfangs für Waffenlieferungen an syrische Rebellen starkgemacht. Nachdem London jedoch einen Rückzieher gemacht hat, vertritt nun auch die Regierung Hollande den Standpunkt: Die Garantien dafür, dass die Waffen in den richtigen Händen bleiben, reichen nicht aus.

Von Ursula Welter |
    Ein klarer Tag Ende Juli, dabei ist die Lage alles andere als klar. Der Chef der nationalen syrischen Koalition besucht Paris. Ahmed Assi Jarba bedankt sich höflich für den Empfang beim Präsidenten im Elysée-Palast.

    François Hollande hatte gerade daran erinnert, dass Frankreich als erstes Land die Koalition, die Vertretung der syrischen Rebellen, als legitime Kraft anerkannt hatte.

    Diesem eindeutigen Schritt folgten andere, weniger eindeutige. Nur so viel stellte die französische Diplomatie von Beginn an klar: Baschar al-Assad müsse gehen, je früher desto besser, sagte vor einem Jahr bereits Frankreichs Außenminister Laurent Fabius.

    Dass ein militärisches Eingreifen, gleichsam im Alleingang, für Frankreich nicht infrage kommen würde, auch daran ließ Paris unter der sozialistischen Führung, die das Syrien-Dossier bereits von der konservativen Vorgängerregierung geerbt hatte, keinen Zweifel.

    "Was wäre denn das Ergebnis eines militärischen Eingreifens? Das hieße Krieg, Frankreich im Krieg!",
    sagte Premierminister Jean-Marc Ayrault vor genau einem Jahr, auch da beherrschten die blutigen Kämpfe in Syrien die sommerlichen Schlagzeilen.

    Frankreich setzte sich im Sicherheitsrat ein, organisierte Konferenzen, beriet offen und verdeckt mit Russen, Amerikanern und Europäern - zuletzt setzte Paris durch, dass das Waffenembargo nicht verlängert wurde. Europas Außenminister machten allerdings eine Auflage: Waffenlieferung nur gegen Garantien, damit das Material nicht in falsche Hände, die der Islamisten, gerate.

    Bis Anfang August wollte Paris gemeinsam mit den Briten entscheiden, ob die Rebellen eine direkte Unterstützung durch Waffen erhalten sollten. Aber schon vor diesem Stichtag drehte die Orientierungsnadel der französischen Diplomatie wieder in Richtung "politischer Lösung". Auch London hatte da schon deutlich gesagt, dass Waffenlieferungen wohl erst einmal nicht infrage kämen.

    Beim Besuch des Koalitionschefs Jarba in Paris in der vergangenen Woche klang das aus dem Mund des französischen Staatspräsidenten so:

    "… den Druck aufrechtzuerhalten, den politischen und den militärischen - aber das ist Sache der Koalition und ihrer Armee."

    Aus Syrien selbst wird berichtet, die Rebellen gelangten mehr und mehr in den Besitz von Waffen, die den Widerstand gegen die Truppen des syrischen Machthabers erleichterten. Woher die Waffen kommen, ist unklar, Saudi Arabien wird genannt, Katar - das in Frankreich als eifriger Investor bekannt ist - ebenfalls, aber auch die USA: Nachdem es Beweise für den Einsatz von Giftgas gegeben hatte, war für Washington eine "rote Linie" überschritten, Waffenlieferungen an die Rebellen wurden nicht mehr ausgeschlossen.

    Frankreich hält sich diese Option ebenfalls offen, konzentriert sich aber offiziell auf die anstehende zweite Genfer Syrienkonferenz. Wir setzen auf die politische Lösung, heißt es im Außenministerium in Paris, liefern Kommunikationsmittel, Beobachtungsgerät, auch Medikamente, aber keine todbringenden Waffen, weil nicht garantiert ist, wer in den Besitz dieser Waffen käme.

    Immerhin sprach François Hollande davon, humanitäre Korridore zu öffnen, sollte das zur Versorgung der Bevölkerung nötig sein.

    Details nannte er nicht.

    Die Zurückhaltung in Paris speist sich auch aus den Erfahrungen nach den politischen Umstürzen, etwa in Tunesien - das Agieren der Salafisten dort stellt für Frankreich eine direkte Bedrohung dar.

    "Falsch", sagt zu dieser Analyse der französische Journalist Bernard-Henri Lévy, das Zögern des Westens in Syrien habe die Islamisten erst starkgemacht. Vor einem Jahr bereits hatte BHL, wie der Intellektuelle mit dem stets geöffneten weißen Hemdkragen in Frankreich genannt wird, gewarnt:

    "Je länger man zuwartet, je mehr Tote reihen sich an Tote und je näher rückt der Bürgerkrieg, voilà."