Der französische Finanzminister hatte bereits seinen Meinungsartikel in der Zeitung "Le Monde" formuliert, der wenige Sekunden nach den offiziellen Statistiken veröffentlicht wurde: "Frankreich hat ein Wachstums-Problem", räumt Michel Sapin darin ein, "aber steht damit nicht alleine." Es brauche deshalb eine Neuorientierung der europäischen Politik.
Die französische Statistikbehörde INSEE hatte bekannt gegeben, dass das Wachstum im zweiten Quartal in Folge bei Null lag, dass nahezu alle Wirtschaftsindikatoren im roten Bereich lägen: Rückgang der Investitionen, negativer Außenhandel, nur der private und der öffentliche Konsum zogen um jeweils 0,5 Prozent an.
Damit wurde selbst die pessimistische Formulierung des Staatspräsidenten Lügen gestraft, der am 14. Juli, dem französischen Nationalfeiertag, noch gemeint hatte: Der Aufschwung sei da, aber er sei zu schwach.
So blieb dem Finanzminister heute früh nichts anderes übrig: Die offiziellen Wachstumserwartungen der Regierung für dieses Jahr wurden halbiert, von einem auf 0,5 Prozent.
Frankreich kann EU-Defizitregeln nicht einhalten
Damit sind auch die Spar-Absichten Frankreichs dahin, denn alle Beschlüsse fußten auf optimistischeren Wachstumsannahmen. So überrascht nicht, was Sapin der Zeitung "Le Monde" aufschrieb: Frankreichs Neuverschuldung werde in diesem Jahr mehr als vier Prozent betragen, die versprochenen 3,8 Prozent seien nicht zu halten.
Von Einhaltung der europäischen Defizitregeln ist also keine Rede. Im Gegenteil, Frankreichs Finanzminister forderte "Anpassung der europäischen Haushaltsregeln an das schwache Wachstum".
"Man muss den Franzosen die Wahrheit sagen", hatte Premier Manuel Valls das Publikum bereits auf diese schlechten Daten eingestimmt.
Zunehmende Sorgen bereitet der Regierung in Paris das niedrige Inflationsniveau. Von Juni bis Juli, das hatten die Statistiker gestern gemeldet, gingen die Konsumentenpreise um 0,3 Prozent zurück, die jährliche Inflationsrate lag damit bei niedrigen 0,5 Prozent.
"Es gibt eine reelle Deflationsgefahr", sagte Premierminister Manuel Valls und auch Staatspräsident Francois Hollande hatte vor diesem Hintergrund zuletzt an Deutschland appelliert, mehr für Wachstum und Konsum in Europa zu tun.