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Frankreichs Antiterror-Konzept
Mehr Koordination und Überwachung

Einen Tag vor dem Nationalfeiertag und zwei Tage vor dem WM-Finale mit französischer Beteiligung hat der französische Innenminister Edouard Philippe seinen Aktionsplan gegen Terrorismus vorgestellt: Darin vorgesehen ist die Einrichtung eines ständigen Führungsstabs sowie der Ausbau der Überwachung von Gefährdern.

Von Jürgen König |
    Mitglieder einer Spezialeinheit sichern die Gegend bei Carcassonne während einer Durchsuchungsaktion.
    Mitglieder einer französischen Spezialeinheit sichern die Gegend bei Carcassonne während einer Durchsuchungsaktion. (dpa-Bildfunk / Pascal Pavani/APA)
    In den letzten drei Jahren seien in Frankreich 43 Anschläge verhindert worden, sagte Premierminister Edouard Philippe, als er seinen "Aktionsplan gegen den Terrorismus" vorstellte. Dessen Ziel sei klar: Angesichts einer anhaltend großen Terrorgefahr müsse man alles tun, um weitere Attentate zu verhindern. 32 offengelegte Maßnahmen enthält das Programm, acht weitere bleiben geheim.
    Im Zentrum des Plans steht eine Neuordnung der Zuständigkeiten: Der Inlandsgeheimdienst DGSI wird künftig federführend im Antiterrorkampf sein und die Zusammenarbeit mit den Dienststellen der Polizei, der Armee und der Justizbehörden koordinieren. Der Generaldirektor des DGSI, Laurent Nunez, im Sender "BFM":
    "Es wird einen ständigen Führungsstab geben mit Repräsentanten aller beteiligten Dienste. Einen Stab, der sich täglich trifft und über alle Gefahren, alle sensiblen Dossiers berät, die die Sicherheit unserer Bürger bedrohen könnten. Insgesamt sind es 14 Dienste, die jetzt miteinander koordiniert werden."
    Die Arbeit derart zu konzentrieren, sei der einzige Weg, um über mögliche Gefährder so viele Informationen wie möglich zusammenzutragen und einheitlich auswerten zu können.
    "Man hat schon immer versucht, Risiken zu minimieren. Und ein Risiko Null gibt es nicht. Aber je mehr Informationen ausgetauscht werden, desto besser ist es für die Sicherheit der Bürger."
    Zentrale Staatsanwaltschaft soll eingerichtet werden
    Als weitere Kernmaßnahme soll eine zentrale, landesweit zuständige Staatsanwaltschaft für den Kampf gegen den Terrorismus eingeführt werden. Die geheimdienstliche Überwachung der Gefängnisse wird ausgebaut, zur Beobachtung radikalisierter Häftlinge will der Premierminister eine weitere Spezialeinheit einrichten, insbesondere mit dem Ziel, Gefährder nach ihrer Haftentlassung weiter beobachten zu können. Edouard Philippe:
    "Am 1. Juni 2018 saßen 506 Häftlinge wegen terroristischer Handlungen in französischen Gefängnissen sowie 1109 andere Straftäter, die als radikalisiert eingestuft wurden. 450 von ihnen werden bis Ende 2019 aus der Haft entlassen, einige von ihnen werden voraussichtlich auch dann noch eine Bedrohung darstellen und müssen daher auch weiterhin überwacht werden."
    Möglichkeiten dazu sind schon jetzt reichlich vorhanden. Das Geheimdienstgesetz von 2015 erlaubt den Diensten, Verdächtige mit Kameras und Aufnahmegeräten zu überwachen, Computer mit Keyloggern zu versehen, sodass die Eingaben des Benutzers an der Tastatur aufgezeichnet werden. Telekommunikationsunternehmen wurden dazu verpflichtet, Kommunikationsmetadaten mitzuschneiden und diese mit bestimmten Filtern nach auffälligen Mustern zu durchsuchen.
    Eine besondere Herausforderung stellt sich den Behörden jetzt am Wochenende. 110.000 Polizisten und Soldaten sowie 44.000 Feuerwehrleute werden aufgeboten, um die große Militärparade zum Nationalfeiertag auf den Champs-Elysées abzusichern, die Gedenkfeiern zum Terroranschlag von Nizza vor zwei Jahre, die Tour de France sowie die Feiern rund um das Endspiel der Fußball-WM. 230 Fanzonen wurden landesweit eingerichtet, zu geplanten Siegesfeiern werden in manchen Städten Hunderttausende erwartet.