Gestern Abend kurz vor Sonnenuntergang am Trocadéro, direkt gegenüber dem Eiffelturm. Der Vorplatz gilt ganz offiziell als Mahnort für die Menschenrechte. Gerade geht es spezifisch um die Frauenrechte. Besser gesagt: um Hilfe für Frauen, die Opfer sexueller Gewalt wurden. Die "Fondation des femmes", die Frauen-Stiftung, hatte zahlreiche Journalisten geladen. Auf einer winzigen Bühne erklärt eine Mitarbeiterin die Losung "Maintenant on agit" – "Jetzt wird gehandelt".
"Unser Motto steht unter anderem dafür, dass wir keine Angst mehr haben, um Mittel zu bitten für die Hilfsvereine, die Frauen unterstützen."
Namhafte Unterstützerinnen
Denn die MeToo-Bewegung hat auch in Frankreich die Zahl hilfesuchender Frauen schlagartig in die Höhe getrieben: um ein Drittel. Dem Appell für mehr Mittel haben sich bislang schon über 150 Filmfrauen, Künstlerinnen und einige männliche Kollegen angeschlossen. Kinostars wie Sandrine Bonnaire, Sophie Marceau, Andrea Ferreol, Vanessa Paradis. Regisseurinnen wie Tonie Marshall oder Agnès Jaoui. Die junge preisgekrönte Schriftstellerin Leila Slimani. Und Christine and the Queens, Shootingstar der französischen Popszene. Ein Kollektiv, das vor wenigen Tagen erstmals in der linken Tageszeitung "Libération" mit einem Spendenaufruf an die Öffentlichkeit ging. Julie Gayet, Schauspielerin und Freundin des sozialistischen Ex-Staatspräsidenten François Hollande, wirbt in einem Kampagnen-Spot im Internet.
"Es gab die Affäre Weinstein, es gab 'MeToo', es gab 'Balancetonporc' und jetzt handeln wir. Jetzt geht es nicht mehr um Polemik, sondern um konkrete Taten."
Jede Frau im Filmgeschäft habe schon sexuelle Übergriffe mitbekommen oder selbst erlebt, gibt Julie Gayet im Video zu.
Schauspielerinnen nutzen ihre Prominenz
"Wir als Schauspielerinnen haben das Glück, gehört zu werden und sprechen zu können. Und wir können das Wort ergreifen für Frauen aus anderen Milieus, in anderen Lebenslagen, die ganz im Schatten der Hölle der Gewalt ausgesetzt sind. Es ist wichtig, dass wir Frauen im Rampenlicht voran gehen, solidarisch sind und ihnen sagen: 'Ja, die Dinge lassen sich verändern, und wir stehen Euch zur Seite'."
Das liegt auch Sara Forestier am Herzen. Forestier steht mal vor, mal hinter der Kamera. In einem Fernsehinterview erklärte sie kürzlich: "Wirkliches Verständnis finden Opfer sexueller Gewalt oft nur in Hilfsvereinen. Die müssen wir unterstützen, damit Frauen aus der Gewaltspirale herausfinden können."
Als Solidaritätssymbol dient eine kleine weiße Ansteckschleife. Die trug bei der César-Verleihung, dem wichtigsten französischen Filmpreis, vergangenen Freitag fast jeder.
Frankreichs Kulturministerin unterstützt die Kampagne
Dem Motto "Jetzt wird gehandelt" hat sich auch die französische Kulturministerin Françoise Nyssen verschrieben. Ihr geht es, wie der Regierung allgemein, um die Gleichstellung von Mann und Frau. Nyssen will, wo es ihr möglich ist, das Lohngefälle zwischen Männern und Frauen abschaffen, ab sofort, kündigte sie gestern bei der Kampagnenaktion am Trocadéro an.
"Der Kultursektor muss vorbildhaft sein. In unseren Institutionen müssen wir mit gutem Beispiel vorangehen. Und darauf achten, dass Frauen ausreichend vertreten sind. Denn derzeit gibt es kaum eine Orchesterchefin; in den 42 Jahren seit Einführung des César ging der Filmpreis bislang nur einmal an eine Regisseurin. Um die Lage revolutionär zu verbessern, müssen wir entschlossen vorgehen."
Entschlossen wird auch Frauenkollektiv aus der Film- und Kulturbranche weiter für den Spendenaufruf werben. Angestrebt wird eine Million Euro. Kassensturz steht im Mai an, beim Filmfest von Cannes.