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Frankreichs Regierung unter Druck

Jeden Tag verlieren im Moment 1000 Franzosen ihre Arbeit. Mit einer Arbeitsmarktreform will die Regierung Hollande das Ruder rumreißen. Doch obwohl die geplanten Änderungen eher halbherzig sind, gehen die Gewerkschaften und große Teile der französischen Bevölkerung auf die Barrikaden.

Von Daniela Kahls |
    Jeden Tag verlieren im Moment 1000 Franzosen ihre Arbeit, die Arbeitslosigkeit in Frankreich wächst bedrohlich und nähert sich historischen Negativ-Rekorden. Und die Regierung versucht immer noch, sich durchzuwursteln. Will mit ihrem Reformen niemanden so richtig weh tun – und bringt damit trotzdem alle gegen sich auf.

    Zum Beispiel die Arbeitsmarktreformen, die heute im Kabinett beschlossen werden sollen. "Flexisecurité", also flexible Sicherheit ist da der neue Kernbegriff. Die Möglichkeit von Kurzarbeit oder auch schnellere Entlassungen in Krisenzeiten stehen dahinter. Eine durchgreifende Arbeitsmarktreform ist das nicht, aber trotzdem haben einige Gewerkschaften gestern mobil gemacht. Tausende sind bei 170 Demonstrationen in ganz Frankreich hier auf die Straße gegangen. Dieser Mann hier beklagt eine Wegwerf-Mentalität gegenüber den Arbeitern, die durch das geplante Gesetz zum Ausdruck komme:

    "In diesen Zeiten den Arbeitsmarkt flexibler zu gestalten, das ist doch nicht gut. Noch mehr Kleenex-Abeiter als heute, nein, da bin ich dagegen!"

    Der französische Arbeitsmarkt gilt als extrem rigide. Geplante Stellenstreichungen können sich über Jahre hinziehen, Kurzarbeit gibt es nur in Ausnahmefällen. Arbeitsrecht ist in Frankreich vor allem Arbeitnehmerrecht. Gerade Mittelständler sind deshalb froh über die geplanten Änderungen:

    "Unternehmer entlassen doch nicht gerne. Aber wenn sie entlassen müssen, dann muss es schnell gehen, um schnell wieder auf die Beine zu kommen. Wenn Sie heutzutage Entlassungen auf den Weg bringen, dann wissen Sie nicht wie lange es dauert. Wenn Sie ein Jahr weiter Geld zahlen müssen, das Sie nicht haben, können Sie im Extremfall ein Unternehmen an die Wand fahren."

    Doch etwas mehr Kurzarbeit und schnellere Möglichkeiten, in Krisenzeiten zu entlassen – das sind angesichts der Probleme der französischen Wirtschaft nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Um die Wettbewerbsfähigkeit des Landes ist es schlecht bestellt. Die Industrie des Landes ist wenig spezialisiert, die Produktionskosten dagegen sind überdurchschnittlich hoch. Die 35 Stunden-Woche, der frühe Renteneintritt, die hohen Sozialabgaben, die erdrückende Staatsverschuldung, der überbordende Staatsapparat. Präsident Hollande lässt auch fast neun Monate nach seiner Wahl noch immer keinen klaren Kurs erkennen, wo er nun ansetzen will. Eine Art Investitionsprogramm von 20 Milliarden Euro wurde mit großem Tamtam lanciert. Doch dieser Versuch, die Beschäftigungskosten der Betriebe über Steuergutschriften zu reduzieren ist so kompliziert, dass die Regierung nun mit einer Anzeigenkampagne für ihre Maßnahme werben muss. Eigentlich hatte Präsident Hollande hoch und heilig versprochen, dass die Arbeitslosigkeit bis Ende des Jahres wieder sinken soll. Langsam dämmert offenbar auch ihm, dass das fast ein Ding der Unmöglichkeit ist. Diplomatisch beginnt er zurückzurudern:

    "Ich gebe noch nicht auf. Wenn es uns gelingt, wirtschaftlich wieder an Fahrt aufzunehmen, dann können wir das Ziel noch erreichen."

    Wirkliche Überzeugung klingt anders. Doch warum ringt Frankreichs Regierung sich nicht zu durchgreifenden Reformen durch' Es hat den Anschein, als bewege sie sich nur in Trippelschritten mal nach links, mal in Richtung Mitte. Und trotzdem fragen sich immer mehr Wähler vom Sozialisten Francois Hollande, wie dieser Demonstrant gestern in Toulouse:

    "Wo ist denn das linke in dieser Regierung? Wo ist denn der Mensch in all dem? Es geht nur noch ums Geld und für den Menschen ist kein Platz mehr."

    Immerhin wird Frankreichs Präsident erleichtert sein, dass gestern weniger Menschen als befürchtet gegen die geplanten Arbeitsmarktreformen, über die das Parlament dann im April beraten soll, auf die Straße gegangen sind. Es waren nur einige tausend und nicht hunderttausend, wie die Gewerkschaften angekündigt hatten. Das kann aber auch daran liegen, dass die bisher verkündeten Reformen eher Reförmchen sind. Von einer radikalen Reformkur wie Deutschland sie vor zehn Jahren mit den Hartz-Reformen erlebt hat, ist Frankreich noch meilenweit entfernt.