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Französische Literatur
Von Paris bis zu den kolonialen Rändern

Die Kritiker im Studio besprechen "Warum die Franzosen so gute Bücher schreiben" von Iris Radisch und "Wer ist Michel Houellebecq?" von Julia Encke. Dabei wird die erstaunliche Vielfalt der französischsprachigen Literatur aufgefächert - und ein Versuch unternommen, das "enfant terrible" der französischen Literatur als Mensch und Autor zu erfassen.

Katharina Teutsch und Tobias Lehmkuhl im Gespräch mit Hubert Winkels |
    Besucher sitzen am 19.10.2016 auf der Buchmesse in Frankfurt am Main (Hessen) an einem Stand in dem Bereich der Messe, in dem sich Verlage aus Frankreich präsentieren. Frankreich ist im Jahr 2017 Ehrengast der Buchmesse.
    Land der Dichter und Denker - Frankreich war in diesem Jahr Ehrengast der Frankfurter Buchmesse (dpa / Susann Prautsch)
    "Warum die Franzosen so gute Bücher schreiben" heißt ein Band mit gesammelten und neu arrangierten Essays der "Zeit"-Literaturkritikerin Iris Radisch. Lange blieb die französische Literatur mit Ausnahme von Albert Camus thematisch stark auf Paris zentriert, und Radisch folgt auch diesen literarischen Entwicklungen der Nachkriegszeit.
    Doch die kolonialen Ränder und ihre Geschichten werden bald die Metropole erreichen: mit Autorinnen wie Assia Djebar (Algerien), Marie NDiaye (Tochter eines senegalischen Vaters), dem auf Mauritius lebenden Jean-Marie Gustave Le Clézio, Aimé Césaire (Martinique), Mathias Énard, der lange im Mittleren Osten lebte, Yasmina Reza (Pariserin mit iranischem Vater und ungarischer Mutter) und dem auf La Réunion geborenen Michel Houellebecq, den Radisch kritisch würdigt.
    Eine essayistische Literaturgeschichte Frankreichs
    Die letzten drei diesen Autoren gewidmeten Kapitel zeichnen ein lebendiges Bild der neuesten französischen Literatur. Lesen lässt sich "Warum die Franzosen so gute Bücher schreiben"daher als gut geschriebener Überblick, als subjektive Literaturgeschichte und als mit Fußnoten versehener Langessay. Manchmal fehlt der ideengeschichtliche Hintergrund, die politische Orientierung wird umso stärker herausgearbeitet.
    Anders ist das naturgemäß bei einem Buch von Julia Encke, der Literaturkritikerin der "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung". Ihr Buchporträt heißt "Wer ist Michel Houellebecq? Porträt eines Provokateurs". Michel Houellebecq ist nicht nur einer der erfolgreichsten Schriftsteller der Gegenwart, er ist vor allem und mit großer Lust eines: ein Provokateur, der regelmäßig Debatten auslöst, die weit über das Literarische hinausgehen.
    Houellebecq und die "zwecklose Versenkung ins Schöne"
    "Wer ist Michel Houellebecq?" fragt nach der Spannung zwischen dem Menschen Houellebecq und dem öffentlichen Bild des Mannes, der mit seinen Romanen "Elementarteilchen" und "Unterwerfung" wütende Anfeindungen wie begeisterte Zustimmung erntete. Encke beschreibt die vielen Facetten - den Visionär, den Romantiker, den Künstler - und zeigt, dass kaum jemand die Stimmung unserer Zeit so gut erfasst wie Michel Houellebecq.
    Allerdings, so die Kritik in der Sendung, wiederholt Julia Encke ihre Motive im Buch allzu oft und tritt ein wenig auf der Stelle.
    Das tut im Übrigen auch Michel Houellebecq selbst in seinem eigenen kleinen Buch "In Schopenhauers Gegenwart", in dem er seinem "Lieblingsphilosophen" ein einziges Motiv entringt, das der zwecklosen Versenkung ins Schöne nämlich. Das hätte auch Immanuel Kant unterstrichen.