Die Öffentlichkeit reagiere empfindlicher auf solche juristischen Schritte gegen Politiker als noch vor einiger Zeit. Man wisse zwar nicht genau, was Fillon konkret getan habe, aber die Tatsache, dass er angeklagt sei, sollte nach Vernets Meinung schon ein Hindernis für dessen Kandidatur sein.
"Es ist sehr schwer, sich vorzustellen, dass er als Kandidat bleiben kann, aber er will nicht aufgeben und niemand kann ihn zwingen, das Rennen zu verlassen."
Viele von Fillons politischen Weggefährten würden sich von ihm lossagen, und das liege an dessen Wortbruch, so Vernet. Vor ein paar Wochen noch hätte Fillon gesagt, er würde aufgeben und seine Kandidatur zurückziehen, falls er angeklagt würde – jetzt behaupte er, die Justiz sei nicht unabhängig und bleibe.
Le Pen von Ermittlungen nicht so stark beeinträchtigt
Dass die Umfragewerte für die Kandidatin des rechtspopulistischen Front National, Marine Le Pen, nicht so sehr bröckeln wie die von Francois Fillon, erklärt Vernet so, dass Le Pens Wählerschaft nicht so empfindlich sei wie die des konservativen Kandidaten. Außerdem betreffe die Causa Le Pen mit der Entscheidung des Europaparlaments, ihre Immunität aufzuheben, die europäische Ebene – und damit könne der französische Wähler leichter umgehen. Vernet hält es zwar für unwahrscheinlich, dass Le Pen die Präsidentschaftswahl gewinnt, sagt aber auch: "Jetzt ist alles möglich."
Für den Fall einer Stichwahl zwischen Le Pen und dem unabhängigen Kandidaten Macron sieht Vernet eine grundsätzliche Richtungsentscheidung in Frankreich: Die Wähler könnten sich dann entscheiden zwischen einer geschlossenen Gesellschaft, Protektionismus und anti-islamischen Tendenzen – oder einer offenen Gesellschaft, Globalisierung und Europafreundlichkeit.
"Das wäre eine neue politische Landschaft in Frankreich, weil die zwei großen Regierungsparteien weg vom Tisch wären."