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Französisches Bildungssystem
Schulpflicht mit drei Jahren

Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron will zum Schuljahresbeginn 2019 die Schulpflicht von sechs auf drei Jahre absenken. Ein festes Lernprogramm soll bereits in der Vorschule für Chancengleichheit bei den Kindern sorgen. Ein Vorhaben, das sich gar nicht so leicht umsetzen lassen dürfte.

Von Suzanne Krause |
    Spielzeug liegt am 18.04.2016 in einem Sandkasten in einer Kindertagesstätte
    In Frankreich sollen demnächst dreijährige Kinder schon in die Vorschule gehen müssen (dpa/ Foto: Monika Skolimowska)
    Amillis, Morgens um kurz vor neun. Vor dem historischen Rathaus herrscht reger Betrieb: In linken Seitenflügel ist die Grundschule untergebracht, im rechten die Ecole maternelle. Dort hüpfen die meisten Kinder vergnügt durch das Schultor, unter dem wachsamen Blick der Mütter und eines Großvaters.

    "Die Kinder eignen sich Werkzeug für die Grundschule an. Mein Sohn sagt oft begeistert, er gehe nicht zum Spielen in die Schule, sondern um zu arbeiten."

    "Die Maternelle ist überaus nützlich, die Kinder lernen malen, rechnen, lesen. Meinem Enkel gefällt das sehr. Dank der Hilfe der Lehrerin kommt er gut voran."

    "Mein Sohn ist glücklich in der Schule. Und ohne die Maternelle wäre ich als Berufstätige ziemlich aufgeschmissen."
    Insgesamt 59 Kinder besuchen die drei Klassen der Ecole maternelle. Céline Salmon Langry, die die Kinder am Schultor empfängt, unterrichtet in der 'Petite Section' die Kleinsten. Maternelle-Lehrer verfügen über eine Ausbildung als Grundschullehrer, in jeder 'Petite Section' ist auch eine Hilfskraft tätig, erklärt Céline Salmon Langry.

    "Morgens dürfen die Kinder eine Zeit lang spielen, dann machen wir den Appell, zur Anwesenheitskontrolle: Jeder klebt sein Namensschild an die Tafel. Als Nächstes gehen wir ein Bilderbuch durch, als Sprachübung."
    Maternelle soll Kinder gesellschaftsfähig machen
    Die Lehrerin eilt in die Klasse. Ein großer heller Raum mit niedrigen runden Tischen und Kinderstühlen, Kisten voller Spielzeug, bunten Bildern an den Wänden. Hier hat Céline Salmon Langry als Kind selbst voller Begeisterung gesessen.

    "In Frankreich ist in der Maternelle ein festes Lernprogramm vorgegeben. Es geht darum, die Kinder gesellschaftsfähig zu machen. Sowie spielerisch die Sprache zu entwickeln, Selbstvertrauen aufzubauen. Je mehr Spaß am Lernen sie haben, desto besser sind ihre Startchancen."
    Schulpflicht besonders wichtig für Kinder aus sozialen Brennpunkten
    Ab Schuljahresbeginn 2019 wird in Frankreich die Schulpflicht auf Kinder ab drei Jahren ausgedehnt. In Amillis sind jetzt schon fast alle Dreijährigen in der Maternelle. Anders als in manchem sozialen Brennpunktviertel mit hohem Migrantenanteil, sinniert Céline Salmon Langry: "Da behält manche Familie ihre Kinder lieber daheim, weil sie einer anderen Kultur entstammt. Vor allem wenn die Eltern arbeitslos sind, schicken sie die Kleinen bislang nicht in die Schule."
    Auf dem Maternelle-Stundenplan steht unter anderem Turnen, als feinmotorisches Training, Mathe, um sich gedanklich zu strukturieren und Ausflüge wie zu einem pädagogischen Bauernhof, um die Welt zu entdecken. Noten gibt es keine. Die Fähigkeiten, die sich ein Kind aneignet, ob es alleine zur Toilette gehen oder still zuhören kann, werden mit Klebebildchen in seinem Schulheft festgehalten.
    Maternelle sorgt für Chancengleichheit
    Der Unterricht hat begonnen, die Lehrerin liest den Kindern die Geschichte vom kleinen roten Huhn vor und stellt dabei Rechenaufgaben. Wer beim Lernen hinterher hinkt, erhält zweimal pro Woche vor Schulbeginn individuelle Nachhilfe. "Es gehört zu den Aufgaben der Maternelle, für Chancengleichheit von Kindesbeinen an zu sorgen. Wir versuchen, auszugleichen, wenn ein Kind außerhalb der Schule nicht genügend Förderung erhält."

    Wie sich die versprochene Maternelle-Reform in Amillis auswirken könnte, vermag Céline Salmon Langry noch nicht einzuschätzen: "Noch ist das Reformprojekt nicht klar abgesteckt. Ich warte neue Direktiven ab."