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Fußball in den USA
Wie ein Club für mehr Diversität im US-Nationalteam kämpft

Die USA gehören bei der Fußball-WM der Frauen zu den Favoriten. Millionen Kinder haben in den USA aber gar keinen Zugang zum Profi-Fußball. Vor allem Latinos sind im Sport unterrepräsentiert. Der Downtown LA Soccer Club will das ändern.

Von Ronny Blaschke | 16.07.2023
ST. LOUIS, MO - APRIL 11: The U.S. Womens International team take the field during an International Friendly, Länderspiel, Nationalmannschaft game between the Republic of Ireland Womans national team, Nationalteam and the United States of America Womans National Team on April 11, 2023, at CITYPARK Stadium in St. Louis City, MO. Photo by Rick Ulreich/Icon Sportswire SOCCER: APR 11 Women s - USA vs Ireland Icon23041154
Das Team aus den USA gehört zu den Topfavoriten und ist auch Titelverteidiger bei der WM in Australien und Neuseeland 2023. (IMAGO / Icon Sportswire / IMAGO / Rick Ulreich / Icon Sportswire)
Der Downtown LA Soccer Club ist einmalig in Los Angeles, vielleicht sogar in den Vereinigten Staaten. Ein leistungsorientierter Fußballverein, in dem die Kosten für Mitglieder niedrig sein sollen. Ein Ort für Kinder und Jugendliche aus einkommensschwachen Familien. Mehr als 90 Prozent der Spieler und Spielerinnen sind Latinos.
Jimena Torres ist eine der ehrenamtlichen Trainerinnen im Downtown LA Soccer Club. Sie hat selbst auf beachtlichem Niveau Fußball gespielt. Doch ihre Eltern konnten es sich damals nicht leisten, sie in einen guten Verein zu schicken. Mitgliedsbeiträge, Reisekosten, Ausrüstung – da können tausende Dollar pro Jahr zusammenkommen Das System hat einen Namen: „Pay to Play.“ Zahlen, um zu spielen. Und um sich dann für eines der begehrten Uni-Stipendien zu empfehlen.

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Jimena Torres hatte Glück. Sie wurde in LA von einem angesehenen Klub rekrutiert. Ein Sponsor übernahm die Kosten und fuhr sie zum Training. Aber: "Ich war die einzige Hispanic-Spielerin im Team. Es hat mir nicht wirklich Spaß gemacht. Niemand hat mit mir gesprochen. Erst als ich Tore geschossen habe, hat sich das geändert. Leider ist man im Fußball in den USA auf Geld und Kontakte angewiesen. Mir fehlte im Verein die Repräsentation, ich bin dort nicht lange geblieben.“

Angst vor der Immigrations-Polizei

Fast die Hälfte der Bevölkerung sind Latinos in LA, doch im Leistungssport sind sie unterrepräsentiert. Das liegt auch daran, so Torres, dass viele sich nicht in einem Verein anmelden und dort ihre Daten hinterlassen wollen. Rund 800.000 Latinos leben ohne Aufenthaltspapiere in LA. "Es kam vor, dass die Immigration-Polizei in unserem Viertel überraschend an Türen klopfte. Das können für unsere Spielerinnen traumatische Erfahrungen sein. Einmal traf ich auf eine Nachbarin, die weinte: Man hatte ihre Eltern mitgenommen und ausgewiesen."
Jimena Torres ist eine der ehrenamtlichen Trainerinnen im Downtown LA Soccer Club.
Jimena Torres war die einzige Hispanic-Spielerin in ihrem Team und fühlte sich isoliert. Niemand sprach mit ihr. (Deutschlandradio / Ronny Blaschke)
Jimena Torres kam mit ihrer Familie aus Mexiko in die USA, da war sie fünf Jahre alt. Sie machte damals Erfahrungen, die einige ihrer Spielerinnen so ähnlich noch heute erleben. Ihr Vater betrachtete Fußball als Männersport und wollte nicht, dass sie professionell spielte. Später war Jimena Torres die erste in der Familie, die studierte. Sie arbeitet nun als Lehrerin und engagiert sich in der Gewerkschaft.

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Es sind Erfahrungen, die ihr auch als Fußballtrainerin helfen. "Eltern üben großen Druck auf ihre Kinder aus, damit sie erfolgreich werden. So sind sie selbst erzogen worden. Eltern konzentrieren sich auch beim Fußball häufig auf das Negative. Doch als Trainerin möchte ich mit meinen Spielerinnen empathisch umgehen. Ich weiß, dass sie von ihren Eltern schon genug gefordert werden.“

Zukunft der NWSL liegt in Jugendvereinen

In Jugendvereinen wie dem Downtown LA Soccer Club entscheidet sich wohl auch die Zukunft der Frauen-Profiliga NWSL. Denn hier erhalten die Führungsspielerinnen von morgen ihre erste Ausbildung. Nicht weit entfernt ging 2020 auch der Angel City FC an den Start. Zu den Eigentümerinnen gehören die Schauspielerin Natalie Portman und die Tennisikone Serena Williams. Angel City wollte die ganze Stadtgesellschaft von LA ansprechen, nicht nur besser gestellte Viertel wie Beverly Hills oder Hollywood.

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Zu einer prägenden Managerin im Klub wurde Nicole Moreno, Tochter eines mexikanischen Menschenrechtsanwalts. Sie wuchs im Osten von LA auf, wo die Latino-Gemeinde besonders groß ist. Sie sagt: „Wenn ich als junge Spielerin auf die Nationalteams der USA geschaut habe, auf Männer und Frauen, dann habe ich mir gedacht: Diese Teams sehen nicht so aus wie die Menschen aus meiner Stadt. Deswegen konnte ich mich mit den Teams nicht identifizieren. Aber dadurch ist auch meine Motivation gewachsen. Ich wollte als Trainerin mit Kindern arbeiten, die nicht den Luxus haben, überall hingefahren zu werden.“

Kooperation mit mexikanischem Fußballverband

Nicole Moreno hat Veranstaltungen und Freizeitspiele in Vierteln organisiert, in denen vor allem Latinos wohnen. Sie versucht, Barrieren abzubauen und auch Mädchen für den Fußball zu begeistern. Sogar eine Partnerschaft mit dem Mexikanischen Fußballverband hat Moreno mit auf den Weg gebracht: „Einmal im Jahr möchten wir gegen das mexikanische Nationalteam antreten. Das erste Spiel fand in LA statt. Das war eine großartige Party. Wir haben einige mexikanische Influencer eingeladen, Musiker, Tik-Tok-Stars. Damit sich unsere Botschaften weiterverbreiten. Dieses Spiel hat bei vielen die Leidenschaft noch vergrößert.“
Nicole Moreno, Managerin von Angel City
Angel City-Managerin Nicole Moreno versucht Barrieren abzubauen und auch Mädchen für den Fußball zu begeistern. (Deutschlandradio / Ronny Blaschke )
Ob das Interesse am Fußball weiterwächst, hängt auch von der anstehenden WM in Australien und Neuseeland ab. Die US-Fußballerinnen sind noch immer mehrheitlich weiß. Doch zwei ihrer wichtigsten Spielerinnen, Ashley Sanchez und Sofia Huerta, sind Latinas. Wenn es nach Nicole Moreno von Angel City geht, ist das erst der Anfang.