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Frauen im Eishockey
Kampf um Gleichberechtigung

Im Sport ist oft die Rede von Fairness, Toleranz und Gleichberechtigung. Frauen erfahren jedoch häufig noch strukturelle Benachteiligungen - sei es wegen Sponsorenknappheit oder mangelnder institutioneller Förderung. Doch es tut sich was - im Eishockey.

Von Christian Hammer |
Julia Zorn (rechts), Kapitänin der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft, bei der Qualifikation für die Olympischen Spiele von Sotschi 2014.
Frauen-Eishockey sollte besser gefördert werden, fordert Julia Zorn (rechts), Kapitänin der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft (dpa / picture alliance / Christian Charisius)
Frauen und Eishockey, das ist lange kein Gegensatz mehr. Ein Selbstläufer aber auch nicht. Denn obwohl gerne mehr Frauen Eishockey spielen würden - der Fokus der Vereine liegt oft nur auf den Männer-Teams. Und schon die haben mit der Übermacht des Fußballs in Deutschland zu kämpfen. Für Frauenteams bleibt da manchmal kein Platz.
"Wir haben leider nicht genügend Eiszeit für eine zusätzliche Mannschaft. Unsere Kapazitäten mit nur einer Eisfläche, auf der Profis, Nachwuchsmannschaften, Hobbyteams und Eiskunstläuferinnen trainieren und spielen, sind bereits jetzt restlos ausgeschöpft."
Soweit die Antwort des EHC Wolfsburg auf eine Deutschlandfunk-Anfrage, ob die Vereine in der deutschen Eishockeyliga der Männer auch Frauenteams stellen. Die Wolfsburger haben also kein Frauenteam - und können dies nach eigener Aussage nicht ändern. Trotz der Nachfrage und des Interesses am Eishockey von Frauen und Mädchen.
"Kaum wahrnehmbare Nische"
Rund die Hälfte der 14 Vereine hat auf die Dlf-Anfrage geantwortet. Frauen-Eishockey sei noch immer in einer "kaum wahrnehmbaren Nische, da es keine überparteiliche Konzeption oder Koalition gibt - Frauenvereine und -teams sind zu sehr im "Überlebenskampf", so die Kölner Haie, die selbst drei Frauenteams haben und fördern.
Ändern kann sich das nur, wenn sich die Einstellung gegenüber Frauen im Sport wandeln, meint die langjährige Eishockeynationalspielerin Sophie Kratzer: "Ich denke, das fängt bei einem ganz elementaren Gefühl an. Nämlich den Sport, den Frauen betreiben, ernst zu nehmen. Das bedeutet, Frauen da zu entlasten, wo es im Männersport schon ganz selbstverständlich ist."
Zum Beispiel sollten die Vereine den Spielerinnen dabei helfen, wenn die mit ihrem Arbeitgeber über Trainingszeiten und Reisen zum Spiel sprechen müssen. Denn im Frauen-Eishockey gibt es keine Profis - sprich Frauen können nicht von ihrem Sport leben und gehen einem Beruf nach. Außerdem müsse sich das Image von Frauen im Eishockey wandeln. Eishockey ist den Augen vieler ein Sport der harten Kerle, schnell, dynamisch, Männersache.
Fehlendes Problembewusstsein bei Funktionären
Sophie Kratzer schlägt vor: "Grundsätzlich das umzudrehen. Nur weil Frauen Eishockey spielen, heißt das nicht, dass das schwach ist, sondern eben, das als Stärke zu transportieren. Und junge Spielerinnen da aufzunehmen, dass sie mit einem Selbstverständnis aufwachsen können, dass Eishockey ein Sport ist, der für Frauen genauso normal zu praktizieren ist, wie für Männer."
Weil das eben nicht der Fall ist, fordert die aktuelle Kapitänin der Eishockey-Nationalmannschaft Julia Zorn, Frauen-Eishockey besser zu fördern. Damit ecke sich manchmal im Sinne des Sports an - bei Funktionären herrsche oft Unverständnis und kein Problembewusstsein. Laut der Angreiferin, die beim ESC Planegg nahe München spielt, heißt das, das richtige Maß zu finden.
"Ich glaube, dass wir Frauen generell einfach immer noch zu brav sind, zu wenig fordern und zu wenig das einfordern, was uns einfach auch zustehen würde. Aus Angst, dass man dann im Endeffekt vielleicht noch weniger bekommt als man ohnehin schon hat. Deswegen ist das oft eine ganz schmale Gratwanderung."
Von mehr Kooperation profitieren
Denn selbst, wenn die Frauen keine Profis sind - eigene Frauenteams kosten den Vereinen natürlich Geld. Die Kölner Haie geben für ihre drei Frauenteams zum Beispiel circa 50.000 Euro pro Saison aus. Sollte ein Team in die höchste Frauenspielklasse aufsteigen, müsste sich der Etat auf ungefähr 100.000 Euro erhöhen. Bis auf wenige Ausnahmen haben die Klubs die Frauen- und Mädchenteams vom Männerprofisport ausgegliedert oder als eigene Sparte organisiert.
Dabei wäre ein engerer Austausch hilfreich, meint Julia Zorn: "Man sieht einfach, dass dann auch die Sponsorensuche und die Eiszeitenstruktur deutlich leichter fällt, ohne dass dann den Vereinen ein Zacken aus der Krone bricht. Sondern dass es im Gegenteil gute Werbung ist für die Vereine."
Immerhin - einige Vereine planen, mehr Möglichkeiten für Frauenteams zu schaffen. Die Haie wollen ihre drei Frauenteams weiterentwickeln. Und RedBull München baut ein neues Eishockeyzentrum und will damit die Voraussetzungen für den Eishockeysport signifikant verbessern. Man sei zuversichtlich, dass davon auch das Mädchen-und Fraueneishockey profitieren werde.