Im Jahr 2017 befragte die Profivereinigung FIFPro weltweit 3.600 Spitzenspielerinnen. Ihr durchschnittliches Monatsgehalt: 540 Euro. Nur 18 Prozent von ihnen stuften sich als professionell ein.
Die Wolfsburger Torhüterin Almuth Schult spielt seit sieben Jahren für das deutsche Nationalteam. Ihr Kollege Manuel Neuer gehört seit 2009 zur Auswahl des DFB. Trotzdem lernten sich beide erst im vergangenen März kennen. Per Zufall in einem Hotel in Wolfsburg, im Rahmen eines Männerländerspiels. Almuth Schult sagt:
"Er wusste auch Bescheid, wer ich bin, wo ich spiele, dass wir Champions League gespielt haben und so weiter. Also es ist nicht so, dass es bei ihm nicht ankommt. Und er sagte selber, es ist schade, dass wir uns eigentlich gar nicht kennen. Wir sind beide seit Jahren in der Nationalmannschaft als Torhüter und wir haben uns vorher noch nie gesehen."
Almuth Schult schätzt das Umfeld des Nationalteams, die Betreuung und Reisebedingungen. Aber die Entwicklung bei den Prämien stagniere. Schult kann es nachvollziehen, dass es einen Unterschied zwischen Männern und Frauen gibt. Aber muss der so groß ausfallen? 2016 wollte der DFB jedem männlichen Nationalspieler 300.000 Euro zahlen, wenn die Mannschaft den Titel geholt hätte.
Frauenfußball ist kaum im Fernsehen präsent
Bei den Frauen wären ein Jahr später 37.500 Euro geflossen. Der Unterschied ist viermal so hoch wie die durchschnittliche Einkommenslücke in Deutschland zwischen Männern und Frauen. Die Journalistin Alina Schwermer berichtet für die taz über Frauenfußball. Sie sagt:
"Frauenfußball ist etwas, was nicht von selber kommt. Sondern wo du wahnsinnig viel reinstecken musst, damit es funktioniert. Dass ist in Deutschland nicht passiert auf ganz verschiedenen Ebenen. Man hat es halt so schleifen lassen. Und um regelmäßig zu einem Frauenverein zu gehen, brauche ich eine Bindung und brauche ich eine durchgehende Erzählung. Und diese Erzählung, glaube ich, wird in Deutschland nicht geschaffen. Das liegt zum einen daran, dass es fast überhaupt nicht im Fernsehen präsent ist. Es liegt auch daran, dass jetzt noch weniger Spielerinnen prominent sind als in der Zeit vor 2011."
2011 fand in Deutschland die Frauen-WM statt. Seitdem haben viele Nationen aufgeholt, zum Beispiel Spanien. Dort hat die erste Frauenliga ein Energieunternehmen als Hauptsponsor gewonnen. Und sie verkaufte ihre Fernsehrechte für drei Millionen Euro pro Saison.
Die Ligen in Spanien und England gehen strategischer vor
Das Spiel zwischen Atlético Madrid und dem FC Barcelona verfolgten im Stadion 60.000 Zuschauer, vor dem Fernseher 400.000. Etliche Mädchen meldeten sich in Vereinen an. Auch in England legte der Verband einen Wachstumsplan vor. Mit einem Ligasponsor und mit einer besseren Abstimmung zwischen Männern und Frauen, was Trainingsbedingungen oder Anstoßzeiten angeht. Alina Schwermer.
"Wenn du die Frauenabteilung hast und wenn du in der WSL spielst, also der Women Super League, dann müssen jetzt zum Beispiel deine Frauen Profis sein. Also die müssen von Frauenfußball leben können. Was schon mal ein relativ krasser Unterschied ist zu anderen Ländern. Warum sagt man nicht zum Beispiel: Wenn ich einen Männerverein in der Bundesliga haben will, dann bin ich verpflichtet, eine Frauenabteilung zu haben, warum nicht? Das kann man ja über Lizenzen regeln. Von oben her müsste der DFB viel stärker die Vereine in die Pflicht nehmen."
In den USA und Skandinavien erstritten Spielerinnen mehr Geld
Den Maßstab setzt aktuell Olympique Lyon aus dem WM-Gastgeberland Frankreich, mit sechs Champions-League-Siegen in zehn Jahren. In Deutschland dominieren der VfL Wolfsburg und der FC Bayern – mit einstelligen Millionenbudgets. Klubs wie Borussia Dortmund, Schalke 04 oder Hertha BSC halten sich aus dem professionellen Frauenfußball fern.
In den USA haben sich die Frauen nicht weiter vertrösten lassen. Dort klagten Nationalspielerinnen gegen ihren Verband wegen "finanzieller Diskriminierung". Auch in Australien oder Skandinavien gab es Kampagnen. Im Oktober 2017 hat in Norwegen der erste Fußballverband die Zahlungen für Nationalspieler und -Spielerinnen angeglichen. Der ehemalige Profi Tom Fodstad ist im norwegischen Verband für Sponsoren und Marketing zuständig. Er sagt:
"Wir haben mit den Nationalspielern gesprochen. Und sie waren sofort bereit, auf einen kleinen Teil ihrer Zahlungen zu verzichten. So konnten wir die Prämien angleichen. Doch die Basis für diesen Schritt wurde früher geschaffen. Der norwegische Verband hat schon vor Jahrzehnten um weibliche Mitglieder geworben. In unserem Präsidium sind seit langem mehrere Frauen vertreten. Wir sollten nicht nur auf die Prämien achten, zum Beispiel bei unseren Jugendteams. Ob Trainingslager oder Testturniere, wir schaffen für Frauen und Männer die gleichen Bedingungen."
Beim Deutschen Fußball-Bund heißt es, eine finanzielle Umverteilung zwischen Männern und Frauen sei verbandsrechtlich kompliziert. Außerdem suchte der Verband lange vergeblich nach einem Hauptsponsor für seine Fußballerinnen.
Uefa und Fifa stimmen sich zu selten ab
Nun bei der WM wird die Fifa 26 Millionen Euro an Prämien ausschütten, etwa doppelt so viel wie beim vergangenen Turnier, aber immer noch wesentlich weniger als bei den Männern: Da hatte im vergangenen Jahr allein Weltmeister Frankreich 32 Millionen Euro erhalten. Die Wolfsburger Torhüterin Almuth Schult über die Verbände Uefa und Fifa.
"Ich glaube, dass sie noch besser zusammenarbeiten können. Es ist eine sehr ungünstige Konstellation, dass ein EM-Qualifikationsspiel der Männer und ein WM-Spiel der Frauen auf einen Tag gelegt werden, auch von den gleichen Nationen. Das lenkt einfach von dem Event ab, der die Weltmeisterschaft für uns als Frauenfußball ist."
Almuth Schult und ihre Kolleginnen wollen sich beim DFB und in der Bundesliga für eine Lohnannäherung einsetzen. Noch ist der Weg weit, wie eine internationale Erhebung nahelegt. Nach dem "Global Sports Salaries Survey" verdienen Spielerinnen in der Bundesliga durchschnittlich 39.000 Euro pro Saison. Bei den Männern sind es 48.000 Euro – allerdings pro Spiel.