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Frauen in Afghanistans Politik
Hoffnungsträgerinnen für den Frieden

Mehr als 400 Frauen hatten sich bei den Wahlen in Afghanistan um einen Sitz im Parlament beworben. Sie kämpfen gegen Widerstände der konservativen Kräfte, stehen aber zugleich für die Hoffnung auf gesellschaftlichen Wandel und Frieden im zerstörten Land.

Von Bernd Musch-Borowska |
    Eine Frau wird in einem Wahllokal in der Herat-Provinz von einer Mitarbeiterin der Unabhängigen Wahlkommission IEC mit einem biometrischen Gesichtscanner für die Wahl registriert | Photo by HOSHANG HASHIMI / AFP
    Registrierung einer Afghanin in einem Wahllokal: "Frauen könnten den Frieden bringen" (AFP)
    Rund drei Monate nach den Parlamentswahlen in Afghanistan sind offenbar noch nicht alle Wahlzettel ausgezählt - das Wahlergebnis jedenfalls wurde noch nicht bekannt gegeben.
    Mehr als 2.500 Kandidaten hatten sich im Oktober vergangenen Jahres um die 249 Sitze im Unterhaus beworben, darunter 417 Frauen. Eine von ihnen hat jetzt erfahren, dass sie den Sprung ins Parlament geschafft hat.
    Mariam Solaimankhail, eine erst 34 Jahre alte Frau, die in den USA geboren wurde und vor sechs Jahren ihren gut bezahlten Job in Kalifornien aufgegeben hat, um beim Wiederaufbau des vom langjährigen Krieg zerstörten Afghanistan zu helfen.
    "Wir können eine Menge verändern"
    Vor allem für die Frauen in Afghanistan wolle sie sich einsetzen, sagte sie im Wahlkampf, als sie vom Team des ARD-Studios Delhi begleitet wurde. Sie wolle dabei als Vermittlerin zwischen den gegensätzlichen Positionen in der afghanischen Gesellschaft auftreten:
    "Ich will hier nicht alles auf einmal ändern. Aber ich möchte schon, dass Frauen hier ein anderes Gesicht bekommen. Ich möchte eine Brücke schlagen zwischen den total westlichen Frauen und den Frauen in der Burka. Da gibt es auf jeden Fall etwas dazwischen, und wenn wir die Frauen ausbilden, dann können wir eine Menge verändern in diesem Land."
    Leicht wird es nicht für die engagierte junge Frau. Die Widerstände gegen einen gesellschaftlichen Wandel sind groß in Afghanistan, nicht nur von Seiten der Taliban und anderer Extremisten. Solaimankhail gehört der ethnischen Minderheit der Kutschi an, einem Nomadenstamm, für den - ebenso wie für andere Volksgruppen - Plätze im Parlament reserviert sind. Aber auch die Kutschi-Männer sind sehr konservativ, genau wie viele andere Afghanen. Trotzdem habe sie viel Unterstützung bekommen, sagte Solaimankhail. Vor allem von den Stammesältesten und auf die komme es in den meisten Fällen immer noch an in Afghanistan:
    "Es ist einfach toll, zu sehen, dass die Stammesältesten der Kutschi hinter mir stehen. Sie sagen mir immer wieder, die Männer hätten es nicht geschafft den Frieden zu bringen, aber sie seien zuversichtlich, dass die Frauen das schaffen könnten. Frauen seien einfühlsam, könnten erkennen, was schief laufe. Also die Ältesten glauben an mich."
    Wahlkampf in Begleitschutz und gepanzertem Auto
    Schon im Wahlkampf konnte sich die junge mutige Frau nur mit einem gepanzerten SUV und bewaffnetem Begleitschutz durchs Land bewegen. Jetzt, als gewählte Abgeordnete, ist sie noch mehr gefährdet:
    "Ich würde lügen, wenn ich sagte, dass ich keine Angst habe. Aber ich habe noch mehr Angst um meine Wähler, um die Menschen, die zu mir kommen und mich um Hilfe bitten. Sie sehen mich als Hoffnung, und erwarten meine Hilfe. Wenn ihnen etwas zustieße, würde es mir das Herz brechen."
    Im Wahlkampf suchte sie den Kontakt zu den jungen Afghanen, die einen Wandel wollen, in dem seit Jahrzehnten von Krieg und Terror erschütterten Land. Auf der Dachterrasse eines Restaurants in Kabul kann man solche jungen Frauen und Männer antreffen. In westlicher Kleidung, während sonst im Land viele afghanische Frauen komplett verhüllt über die Straße laufen.
    "Das ist doch fantastisch hier. Solche Orte geben Hoffnung. Hier kommen junge Afghanen hin, die miteinander reden. Hier gibt es mexikanisches Essen, mal was anderes. Es ist eine Erholung, von der Angst die überall herrscht. Es sollte noch mehr solche Orte geben, überall im Land. Damit noch mehr Afghanen so etwas genießen können. Das ist mein Ziel."
    Mehr Frauen im Friedensrat
    Es gibt noch viel zu tun für die neue Abgeordnete Solaimankhail, obwohl sich für die afghanische Frauen, vor allem in der Hauptstadt, in den vergangenen Jahren schon einiges getan hat. Viele haben Alphabetisierungskurse in Anspruch genommen oder sich anderweitig weitergebildet.
    Im Kampf gegen die weit verbreitete Gewalt gegen Frauen wurden Schutzzentren errichtet und mehr Frauen für die Arbeit bei der Polizei rekrutiert.
    Auch im afghanischen Friedensprozess spielen Frauen heute eine größere Rolle. So wurde in den vergangenen Jahren die Mitgliederzahl des Hohen Friedensrates von 70 auf 63 reduziert, gleichzeitig die Anzahl weiblicher Mitglieder von neun auf zwölf erhöht.