Linda Perry könnte am kommenden Sonntag Grammy-Geschichte schreiben. Die 53-Jährige ist in der Kategorie ‘Produzent des Jahres’ für den Musikpreis nominiert - selten werden Frauen in dieser Sparte nominiert, gewonnen hat eine Frau hier noch nie. Auch in vielen anderen Kategorien tauchen Frauen selten auf, wie eine neue Studie der Universität von Südkalifornien belegt. Die Recording Academy, die die Grammys vergibt, will das nun mit einer neuen Initiative ändern.
1993 landete Linda Perry mit ihrer Band 4 Non Blondes einen Riesenhit. Schon kurze Zeit später trennte sie sich von der Band, aber als Solokünstlerin konnte sie an den Erfolg nie anknüpfen. Perry gründete ein Plattenlabel und konzentrierte sich auf die Arbeit im Studio. Über die Jahre schrieb und produzierte sie Hits für Künstlerinnen wie Pink, Christina Aguilera, Gwen Stefanie und Britney Spears. Zuletzt arbeitete sie zusammen mit Countrystar Dolly Parton und schrieb Musik für den Dokumentarfilm "Served Like a Girl" über Frauen, die im US-Militär gedient haben.
Endlich der erste Produzenten-Grammy für eine Frau?
Unter anderem dafür wurde sie nun für einen Grammy nominiert, in der Kategorie "Produzent des Jahres". Zum letzten Mal wurde 2004 eine Frau in der Sparte nominiert, gewonnen haben bislang immer nur Männer. Perry glaubt, dass es viele Produzentinnnen gibt, die aber nur an ihrem eigenen Material arbeiten: "I think there’s a lot of female producers, they’re just producing their own stuff. There’s not a lot of women engineers, and that to me is far more important than being a producer."
Aber, fügt sie hinzu: Es gibt wenige Tontechnikerinnen - und das ist viel wichtiger. In dem Interview mit dem Sender KPCC sagt sie weiter:
"Jeder kann seinen Namen draufpappen und sagen, 'ich hab das produziert'. Und wir kennen viele von denen. Die wirkliche Macht hat aber der Tontechniker - er ist derjenige, der kreativ ist, coole Sounds findet und die akustische Welt kreiert, in der der Künstler sein Lied singt. Aber diese Position ist nicht wirklich sexy."
Forscher an der Universität von Südkalifornien haben die Billboard Jahresendcharts der zurückliegenden sieben Jahre untersucht. Von den betroffenen 700 Songs wurden nicht mal ein Viertel von Frauen gesungen, 21.7 Prozent. Gerade mal 12.3 Prozent der Lieder wurden von Frauen geschrieben, und nur 2 Prozent von Frauen produziert. Die "Los Angeles Times" zitiert eine Autorin der Studie, Katherine Pieper, mit folgenden Worten: Frauen in der Musikindustrie werden "isoliert, abgelehnt und objektiviert".
Anstrengungen alleine öffnen keine Türen
Die Recording Academy will nun gegensteuern. Sie stellte in der vergangenen Woche eine Initiative vor, die das Missverhältnis von männlichen und weiblichen Mitgliedern in dem Verband lindern soll. So sollen beispielsweise mindestens zwei Frauen im Auswahlprozess berücksichtigt werden, wenn es um die Besetzung von Tontechniker- oder Produzenten geht. Alle großen Plattenlabel unterstützen den Plan, Künstler wie John Legend, Common, Katy Perry und Lady Gaga ebenfalls. Sie hatte erst kürzlich bei der Vergabe der Golden Globes darauf hingewiesen, wie schwer es nach wie vor als Frau im Musikbusiness sei.
Erst im vergangenen Jahr hatte der Leiter der Recording Academy mit einer flapsigen Bemerkung für heftige Reaktionen gesorgt. "Frauen sollten sich mehr anstrengen", so Neil Portnow, um Erfolg zu haben. Doch die Studie "Inclusion in the Recording Studio" der Universität von Südkalifornien hat erneut gezeigt, dass Anstrengen allein nur selten Türen öffnet - ob als Songschreiberin, Sängerin oder Produzentin.