"Que viva la lucha de las mujeres"
"Es lebe der Kampf der Frauen”. Mit einem Megafon bewaffnet sitzt ein Dutzend Aktivistinnen auf Stühlen mitten auf der Puerta del Sol – einem der bekanntesten Plätze Madrids. Vor ihnen: ein Friedenssymbol – Zusammengesetzt aus blutrot bemalten Frauenschuhen. Erinnerungen an die Opfer häuslicher Gewalt, die Spanien gerade erlebt.
"Mujer, si no luchas, nosotras te escucharmos" "Frau, wenn du nicht kämpfst, werden wir dir trotzdem zuhören"
Hinter ihnen stehen drei große Zelte mit Holzpaletten und Decken ausgestattet. Hier hausen die Aktivistinnen - einige von ihnen seit drei Wochen. Zu essen gibt es nichts, bis auf Hühnerbrühe und Getränke. Sie sind im Hungerstreik – aus Solidarität:
Keine staatliche Unterstützung
"Hemos venido a visualizar. Porque basta ya. No podemos seguier esperando."
Es reicht, sagt Martina Gomez. Man könne nicht weiter tatenlos rumsitzen. Die 48-Jährige ist von Beginn an dabei, extra aus dem Norden Spaniens angereist, der Region Galizien. Seitdem seien drei Frauen auf sie zugekommen. Alle vom Partner angegriffen.
Einer Frau hat sie erst vor wenigen Tagen geholfen. Sie wurde von ihrem Freund ins Gesicht geschlagen – direkt vor den Augen der Aktivistin. Zusammen haben sie Anzeige erstattet. Doch Anzeigen bringen letztendlich nichts, sagt Martina:
"Es gibt keine staatliche Hilfe. Sie werden hier nicht beschützt. In den meisten Fällen gibt es keine Näherungsverbote für die Männer. Und: Der Großteil der Gewalttaten geschieht, nachdem die Frau Anzeige erstattet hat."
44 Todesopfer häuslicher Gewalt im Jahr 2016
Im letzten Jahr zählte das spanische Gesundheitsministerium 44 Todesopfer häuslicher Gewalt. Glaubt man der Statistik, werden in Spanien von einer Million Frauen zweieinhalb von ihrem Partner getötet. In Deutschland sind es drei Mal so viele Opfer.
Das mag etwa am Gesetz zum Schutz bedrohter Frauen liegen, dass Spanien 2004 verabschiedet hat. Richter können so leichter Näherungsverbote aussprechen. Haftstrafen wurden verschärft. Die spanische Gesundheitsministerin Dolors Monserrat ist zufrieden mit der Statistik in Spanien:
"So viele Frauen, wie noch nie, haben seit Herbst die Notfallnummer 016 gewählt. 95 Prozent mehr Frauen haben Hilfe bekommen, um daheim auszuziehen. 80 Prozent mehr von ihnen haben nach den Gewalttaten eine Arbeit gefunden. Es besteht kein Zweifel daran, dass wir mehr Opfer von häuslicher Gewalt aus ihrer Einsamkeit befreit haben."
25-Punkte-Plan zum Schutz von Opfern
Trotzdem werden immer wieder Frauen von ihrem Partner in Spanien ermordet. Allein in den letzten zwei Monaten waren es 27. So die Aktivistinnen. Sie haben einen 25 Punkte Plan aufgestellt. Darin fordern sie unter anderem: Opfer von häuslicher Gewalt sollen dieselben Rechte haben, wie Opfer von Terroranschlägen, sagt Martina Gomez:
"Warum sollen Frauen, die durch ihre Partner angegriffen werden, weniger wert sein, als eine Person, die durch einen Terroristen getötet wird?"
Solange ihr Plan nicht umgesetzt wird, wollen sie ihren Hungerstreik fortsetzen. Auch am Weltfrauentag. Doch eigentlich ist ihnen dieses Datum egal: Frauen sollen doch jeden Tag kämpfen - nicht nur am 8. März.
"Que viva la lucha de las mujeres"