Endlich ist es also soweit, die Skispringerinnen dürfen bei diesen Titelkämpfen auch auf der Großschanze ihre Weltmeisterin ermitteln. Wieder ein Stück Normalität mehr im Winter. Die Frauen selbst betrachten den Wettkampf inzwischen aber eher als Selbstverständlichkeit. Entsprechend die Aussagen am Schattenberg in Oberstdorf, den einen passt die Anlage, so wie Luisa Görlich: "Es hat richtig, richtig Spaß gemacht, auf der Großschanze zu springen."
Andere wie Mixed-Team-Weltmeisterin Anna Ruprecht müssen sich erst noch umstellen: "Ich komme auf der kleinen Schanze besser zurecht als auf der großen. Da habe ich immer ein paar Probleme in meine Anfahrt zu finden."
Springen von der Großschanze fast schon Normalität
Und Juliane Seifert findet es einfach "super gut". Für die aktuelle Generation ist Springen von der Großschanze fast schon Normalität. Klingenthal, Sapporo, Oberstdorf, Oslo da segelten sie schon zu Tal von großen Bakken, und so vergisst man schnell, dass es ein ziemlicher Kampf war, ehe Frauen-Skispringen bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen ins Programm kam.
2009 in Liberec ging es erstmals um WM-Medaillen. Ulrike Gräßler, eine der Vorkämpferin für ihren Sport, gewann gleich Silber für den DSV und freut sich nun selbst im springerischen Ruhestand für ihre Ex-Kolleginnen: "Ich denke, das war längst überfällig. Im Weltcup haben sie ja schon gezeigt, wie gut Sie auch Großschanzen springen können. Und es freut mich, dass die Frauen jetzt auch noch eine vierte Chance haben, um eine Medaille zu gewinnen."
Schon 1862 die erste Skispringerin dabei
Dabei sind Frauen auf Schanzen von Anfang an dabei. In den Annalen der Sportart ist davon zu lesen, dass schon 1862 die Norwegerin Ingrid Vestby als Skispringerin in Erscheinung trat. Die erste bekannte Mitteleuropäerin auf der Schanze war Comtesse Paula Lamberg aus Kitzbühel. Von ihrem 22-Meter-Satz existiert sogar ein Foto. Und Norwegens damalige Kronprinz Olaf empfing die kühnen Fliegerinnen Kolstad und Braskerud zwischen den Weltkriegen nach ihrem Auftritt bei den Holmenkollen Skispielen in der Königsloge. Diese Ehre wird nur ganz wenigen gewährt.
Nach dem Zweiten Weltkrieg versank die Disziplin im Dornröschenschlaf, wurde erst in den Siebzigern wiederbelebt. Aber nur Experten wissen mit Namen wie Anita Woll, Tina Lehtola aus Finnland, die als erste Frau über 100 Meter sprang, Eva Ganster aus Österreich, die als erste Skifliegerin berühmt wurde, noch etwas anzufangen. Die erste, die die 200-Meter-Marke knackte, war 2013 Gansters Landsfrau Daniela Iraschko-Stolz. Sie ist immer noch dabei und sich, im Gegensatz zur Abteilung "Jugend forscht", der Größe des Augenblicks wohl sehr bewusst.
"Die Premiere ist wieder was Besonderes. Und ich glaube, wir freuen uns alle wirklich riesig auf den Wettkampf."
Die Wettbewerbe bei den Damen fallen reihenweise aus
Ex-Kollegin Ulrike Gräßler erwartet aber daheim vor dem Fernseher einen ganz normalen Wettbewerb mit Großschanzen-typischen Eigenheiten. "Ich glaube bei den Frauen wird die Großschanze noch mal ein bisschen mehr streuen. Nichtsdestotrotz denke ich, dass es trotzdem sehr spannend sein wird im Kampf um die Medaillenränge."
Klingt nach Normalität, und genau so sollte es auch sein. Die Schwierigkeiten liegen derweil anderswo. Das unterschiedliche Preisgeld ist dabei fast eine Petitesse. Aber während im Weltcup das Männer-Skispringen als Premiumprodukt gehegt und gepflegt wird, fallen die Wettbewerbe bei den Damen reihenweise aus, moniert deshalb auch Daniela Iraschko-Stolz,
"Für die Jungs gibt's halt Ersatztermine, so dass jedes Springen nachgeholt werden kann. Und wir stehen dann halt wieder mal einen Monat bis Russland fast hinten an."
Das sollte, das muss sich ändern, wenn tatsächlich Gleichberechtigung herrschen soll zwischen Männern und Frauen. Die WM-Premiere auf dem großen Bakken ist dagegen fast nur die Kirsche auf der Torte.