Birgid Becker: Über Frauen wird oft gesagt, sie interessierten sich nicht für Geld und erst recht nicht für ihre Altersvorsorge. Stimmt das? Darüber habe ich mit Annika Peters von der FrauenFinanzBeratung in Stuttgart gesprochen und sie zunächst gefragt, ob das Interesse gewachsen ist an Geldthemen, an den eigenen Finanzen?
Annika Peters: Also, das Interesse von Frauen an Geldthemen hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Sie interessieren sich stark für die Gestaltung ihrer Finanzplanung. Und das stellen wir vor allem in allen Altersgruppen und in allen Lebenssituationen fest. Wir merken auch, dass das Interesse an Finanzbildung deutlich zunimmt, zum Beispiel bei unseren Workshops haben wir deutlich mehr Teilnehmerzahlen in den letzten Terminen bemerkt als davor.
Becker: Nun kommen zu Ihnen die Frauen, die sich tatsächlich interessieren, was haben Sie denn für einen Eindruck: Wie vorgebildet, wie gut eingelesen sind die denn?
Peters: Das ist ganz unterschiedlich: Es gibt Frauen, die sich bereist ganz viel übers Internet eingelesen haben, über Blogs oder über Bücher und Zeitungen. Aber meist sind sie dann doch noch unsicher und möchten gern alles bis ins Detail verstehen Und eben auch, dass man ihnen zuhört und ihre Bedürfnisse versteht.
Becker: Ist das sonst nicht der Fall?
Peters: Es wird häufig, gerade in der Finanzbranche, die sehr männerdominiert ist, eben nicht auf die Bedürfnisse eingegangen. Sondern sehr klar bestimmte Produkte oder Angebote angepriesen, die vielleicht gar nicht zu der jeweiligen Lebenssituation passen. Man muss da meistens sehr gut zuhören. Finanzen sind auch ein sehr sensibles Thema. Das kann sehr unterschiedlich sein, und gerade bei Frauen gibt es doch Lebensphasen, die sich von denen der Männer unterscheiden. Sei es mal eine Familienauszeit oder mal eine berufliche Veränderung oder auch das Thema Pflege der Angehörigen.
Frauen sparen mehr
Becker: Daran liegt es ja auch vor allem bei Frauen, wenn man mal den großen Durchschnitt betrachtet, dass sie meist weniger Geld zur Verfügung haben als Männer. Was sind denn vor allem die Probleme, mit denen Frauen sich an Sie wenden?
Peters: Frauen haben, dadurch dass sie häufig auch Berufe wählen, die nicht so gut bezahlt sind und selbst in Berufen, die häufig eine Männerdomäne ist, auch weniger verdienen, weniger Einkommen zur Verfügung. Trotzdem stellen wir fest, dass Frauen sehr, sehr hohe Sparraten haben. Das heißt, sie schaffen trotz des niedrigen Gehaltes etwas zurückzulegen. Nur, es wird in die falschen Kanäle geschickt. Das heißt, sie legen es sehr sicherheitsorientiert an, viel Geld sammelt sich auf dem Tagesgeldkonto an und verliert gerade durch Inflation an Kaufkraft und damit auch an Wert. Für die Altersvorsorge wird häufig auch viel zu sicherheitsorientiert gedacht, das heißt man denkt, das Geld muss sicher sein und verkennt gerade bei langen Laufzeiten die Chancen vom Kapitalmarkt.
Becker: Das heißt, Sie ermuntern dann durchaus Frauen in Aktien zu investieren?
Peters: Ja auch und zwar in einem vertretbaren Maß, so dass die Frauen sich damit noch wohlfühlen, aber gleichzeitig damit noch gute Renditen erwirtschaften können. Das heißt, es muss keine reine Aktienanlage sein. Es kann auch mal ein ausgewogenes Management sein, so das man sowohl sich damit wohlfühlt, aber eben auch für die Altersvorsorge genügend zurücklegt.
Partner statt Altersvorsorge? Nicht zu empfehlen.
Becker: Es gibt eine Untersuchung eines Sozialforschungsinstituts namens Delta über die Lebenssituation von teilzeitbeschäftigten Frauen und danach sagen 82 Prozent der verheirateten Frauen, sie würden drauf vertrauen im Alter vom Partner finanziell abgesichert zu werden und sogar 52 Prozent der Frauen sagen das, die in einer nichtehelichen Gemeinschaft leben. Wie ist Ihre Erfahrung, das könnte sich als schwerer Fehler erweisen?
Peters: Es hat sich häufig als schwerer Fehler erwiesen, und gerade die Frauen brauchen dann finanziellen Rat. Es ist wichtig, dass wenn man diese Absprachen trifft, dass sich ein Partner mehr um Familie und Haushalt kümmert, das man ganz klare Absprachen hat und diese auch schriftlich festhält. Das kann ein Ehevertrag sein, dass kann aber auch ein Partnerschaftsvertrag sein. Und es sit eben wichtig, dass man da in eine Verhandlung geht auf Augenhöhe mit dem Partner und seine Bedürfnisse auch finanziell hervorbringt.
Becker: Und das ist im Alltag auch realistisch, was Sie da sagen? Diesem Rat folgen Frauen auch?
Peters: Ja, sie tun sich am Anfang ein bißchen schwer, dieses Thema in der Beziehung anzusprechen. Geld ist eben doch ein Thema in der Partnerschaft, das als unromantisch gilt. Aber es ist langfristig sehr wichtig, dass man das tut. Und wir geben den Frauen den Tipp und unterstützen sie auch dabei, da eben selbstbewusst mit dem Partner darüber zu verhandeln.
Schockstarre bei der Rente
Becker: Um auf die Altersvorsorge nochmal zu sprechen zu kommen: 25 Prozent dieser befragten Teilzeitfrauen in der erwähnten Studie von Delta, die sagen auch, sie würden sich nicht mit ihrer Rente beschäftigen, weil ihnen das zu deprimierend sei. Begegnen Sie solchen Frauen?
Peters: Ja, es gibt viele, die in einer Schockstarre verharren, sei es, dass das eine Thema nicht interessant ist oder dass es deprimierend ist, aber auch, dass man sich auf Partner oder den Gesetzgeber verlässt. Aber auch das erweist sich langfristig wirklich als sehr gefährlich.
Becker: Um so etwas wie eine goldene Regel aufzustellen: Wie viel Geld muss man denn monatlich tatsächlich zur Verfügung haben, um sagen zu können: Ja dieses Geld kann ich auch sinnvoll nutzen, um mir eine Altersversorgung aufzubauen?
Peters: Das wichtige ist, man muss auf alle Fälle beginnen – selbst mit kleinen Sparraten über sehr lange Laufzeiten, das heißt, wenn Sie schon mit Anfang Mitte 20 anfangen im Monat 50 Euro zur Seite zu legen, dann können Sie über die lange Laufzeit bis zum Rentenalter hin schon große Beträge zusammensparen, die dann auch eine ordentliche Altersvorsorge garantieren können. Wichtig ist, dass man eine Planung erstellt und das man individuell für sich ausrechnet, wie viel brauche ich denn zum Leben und wie viel Altersvorsorge muss ich denn bilden und was bedeutet das für meine Sparrate und dann kann ich nur raten, einfach mal beginnen. Selbst wenn man die Sparrate zu Beginn noch nicht schafft, mit kleineren Beträgen anfangen und jedes Jahr dann ein bisschen mehr dann oben drauf packen.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.