Lockermachen fürs Saisonfinale. Die 14 Volleyballerinnen des SC Potsdam spielen "Queen of Court": zwei gegen zwei, wer den Ballwechsel gewinnt, bleibt auf dem Feld und spielt gegen ein neues Pärchen.
Die Stimmung im Training ist heiter, aber auch konzentriert. Allen ist bewusst: Der Kampf um die deutsche Meisterschaft geht in die entscheidende Phase. Kapitänin Laura Emonts ist zuversichtlich.
"Ja, es war so ein bisschen 'up and down', wir haben super gut angefangen, dann kam ne ganz schwierige Phase im Dezember, wo wir, glaube ich, fünf Spiele hintereinander verloren haben, dann haben wir langsam wieder den Weg gefunden, ja, und wir sind jetzt wieder 'back on track', würde ich sagen."
"Familiär und professionell"
In den vergangenen zehn Spielen nur einmal verloren, und das zu einem Zeitpunkt, als es viele Coronafälle im Team gab, vor einer Woche den bis dahin ungeschlagenen Tabellenführer und Pokalsieger MTV Stuttgart auswärts mit 3:0 abgefertigt: Der Weg des SC Potsdam führt kontinuierlich nach oben.
Die 30-jährige Außenangreiferin Laura Emonts, seit drei Jahren wieder in Potsdam, spielte schon von 2009 bis 2012 für den Klub.
"Was ich schön finde, dass er immer noch so familiär ist wie damals, aber es ist alles viel professioneller geworden als damals. Allein schon die Halle und, ja, das Management, ist ja auch klar, ist ne lange Zeit, sind 13 Jahre, da hat jeder gelernt, und jetzt können wir oben um die Titel eben mitspielen.“
"Wir spielen 1. Liga, um irgendwann mal Deutscher Meister zu sein oder eben Titel im Pokal zu holen, das ist unser Ziel."
Mit dem Geld muss gehaushaltet werden
Sportdirektor Toni Rieger ist einer derjenigen, die verantwortlich sind für den Aufstieg des SCP. Seit elf Jahren sucht er nach der richtigen Mischung im Kader aus jungen talentierten und älteren erfahrenen Spielerinnen.
Ein schwieriges Unterfangen, denn der Klub hat nicht so viel Geld zur Verfügung wie beispielsweise die Konkurrenz aus Stuttgart. Potsdam setzt auf die Jugend.
"Wir spielen aktuell mit zwei Zuspielerinnen, die sind zwischen 20 und 23 Jahre alt, wir haben mit Anastasia Cekulaev eine Mittelblockerin, die ist 18 Jahre, die eine Supersaison für ihr Alter spielt, muss man ganz klar sagen, und wir hoffen, dass das sich in den Playoffs auszahlt."
Noch fehlt Erfahrung
Wenn es eng wird, kann die fehlende Erfahrung zum Problem werden. Wie im vergangenen Dezember bei der 1:3-Niederlage zuhause gegen Stuttgart. Da versagten den Spielerinnen in entscheidenden Situationen die Nerven.
Die Basis des Erfolgs bleibt dennoch die gute Nachwuchsarbeit. Bei den deutschen Meisterschaften der Juniorinnen und bei 'Jugend trainiert für Olympia' landen die Volleyballerinnen aus Potsdam regelmäßig vorne.
Seit 15 Jahren kooperiert der Klub mit der Eliteschule des Sports, die sich gleich neben der Volleyballarena befindet. Optimale Trainingsbedingungen – einige Spielerinnen schafften von dort den Sprung ins Bundesligateam.
Für die 13-jährige Annemarie Wiedmer ist der Weg noch weit: "Wir haben acht Mal die Woche ja Training, halt vormittags Training, nachmittags Training, da ist es ganz schön anstrengend, macht auch Spaß, man lernt viel dazu."
"Am Ende zählt das Geld"
Bei Heimspielen der Bundesligafrauen ist sie oft und gern Ballmädchen. Hier kann sie sich von ihren sportlichen Vorbildern etwas abgucken.
"Wie die sich auf dem Spielfeld verständigen, die ganzen Zeichen und dann wissen sie, wie die Zuspielerin den Ball spielt, wann sie da sein müssen, das finde ich halt cool, das sieht man jetzt beim Einspielen nicht so doll, sieht man halt mehr im Spiel."
Ein weiterer Baustein für den Aufstieg des SC Potsdam in die Top 4 der Bundesliga ist der Trainer: Guillermo Naranjo Hernandez, Spanier, seit bald vier Jahren in der brandenburgischen Landeshauptstadt, davor unter anderem mit Stuttgart deutscher Pokalsieger. Gerade im taktischen Bereich hat er das Team enorm weiterentwickelt.
Am Ende hängt es nicht allein von dir ab, sagt er im Interview mit dem Deutschlandfunk. "Am Ende zählt das Geld. Mit Geld kaufst du bessere Spielerinnen, mit denen du besser spielst. Ganz einfach. Gegen finanzkräftigere Gegner wie Stuttgart kannst du ein Spiel gewinnen, aber eine ganze Finalserie? Sehr kompliziert."
Geheimfavorit im Meisterschaftsfinale
Dennoch ist er überzeugt: Potsdam befindet sich auf einem guten Weg. Jahr für Jahr steige der Etat um zehn, fünfzehn Prozent, es ginge voran, sagt er, Schritt für Schritt.
Der Trainer könnte auch an sich selbst arbeiten. Denn am Spielfeldrand wird Guillermo Naranjo Hernandez mitunter zur Furie. Dann brüllt er die eigenen Spielerinnen, aber auch das Schiedsgericht lautstark an. Und die gegnerischen Teams profitieren von Strafpunkten.
Kapitänin Laura Emonts bleibt gelassen. Hin und wieder bräuchten sie einen solchen Push. "Also ich finde es auch nicht so toll, wenn man mich persönlich da so anschreit, aber das muss auch mal sein, und dafür ist ein Trainer dann auch da, und das ist in Ordnung, er kann unterscheiden auf dem Spielfeld und was privat passiert, und das finde ich halt superangenehm an ihm."
Der SC Potsdam geht als Geheimfavorit ins Meisterschaftsfinale. Spätestens nächste Saison soll es mit dem Titelgewinn klappen. Kern der Mannschaft plus Trainer bleiben zusammen, haben noch Vertrag bis 2023.