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Vor der Frauen-WM
Warum der Frauenfußball auf der Erfolgswelle reitet

Vor der Frauen-WM in Australien und Neuseeland ist die Euphorie groß. Die deutschen Fußballerinnen gehören zu den Mitfavoritinnen. Der Frauenfußball sei noch nie so gepusht worden wie jetzt, sagt Ex-Nationaltorhüterin Silke Rottenberg im Dlf.

Silke Rottenberg im Gespräch mit Matthias Friebe |
Die deutsche Frauen-Fußball-Nationalmannschaft bejubelt ein Tor durch Janina Minge im Länderspiel gegen Vietnam.
In den Testspielen unmittelbar vor der WM wussten die Vizeeuropameisterinnen von 2022 nicht zu überzeugen. Auch in der WM-Gruppenphase seien die Gegner nicht zu unterschätzen, sagte Ex-Torhüterin Silke Rottenberg. (dpa / picture alliance / Wunderl)
Der Countdown läuft: Am 20. Juli beginnt die Frauen-WM in Australien und Neuseeland. Nach dem Vizeeuropameistertitel der DFB-Frauen 2022 in England und der darauffolgenden Begeisterung in der Frauen-Bundesliga, ist die Euphorie groß. "Man sieht wie viel Begeisterung der Frauenfußball mittlerweile auf der Welt erzeugt hat", sagte die ehemalige deutsche Fußball-Nationaltorhüterin Silke Rottenberg im Deutschlandfunk. Sie lobte die positive und vor allem globale Entwicklung des Frauenfußballs.

Eindeutige Professionalisierung im Frauenfußball

Im Vergleich zu ihrer aktiven Zeit sei die Entwicklung enorm. Sie habe viele ihrer Übungen noch selbst gemacht und den Trainingsplan eigenständig ausgearbeitet. "Es ist so professionell geworden, dass sich da so viel entwickelt hat", sagte die 51-Jährige.
Die Weltmeisterin von 2003 und 2007 beschrieb, dass sie beim FCR 2001 Duisburg gespielt habe, aber selbst in Rheinland-Pfalz wohnte, wo sie mit einem Torwarttrainer bei Waldhof Mannheim trainiert habe – und mit einem Freund an der Deutschen Sporthochschule in Köln. "Du warst ein Stück weit selber verantwortlich für deine eigene Karriere", sagte Rottenberg.
Silke Rottenberg spricht in das Mikrofon für ein Interview mit DFB-TV.
Silke Rottenberg freut sich über die rasante Entwicklung im Frauenfußball. Es sei positiv zu bewerten, dass auch die großen Männervereine in den Frauenfußball drängen. (dpa / picture alliance / Sebastian Gollnow)
Sie berichtete im Sportgespräch auch noch einmal ausführlich über den ersten Titelgewinn der deutschen Frauen-Nationalmannschaft 2003 in den USA, der sich in diesem Jahr zum 20. Mal jährt und über das Golden Goal von Nia Künzer im Finale gegen Schweden zum 2:1.

Nicht nur der Titel zählt: EM 2022 war "super organisiert"

Die positive Auswirkung der Frauen-EM 2022 in England für den Frauenfußball seien dadurch bedingt gewesen, dass das Turnier "super organisiert" gewesen sei und es in einem "besonderen Land" stattgefunden habe, ein Land das den Frauenfußball enorm nach vorne gepusht habe.
Zudem habe die deutsche Mannschaft begeistert, mit Leidenschaft überzeugt und einen tollen Teamgeist versprüht, sagte Rottenberg. Dies habe am Ende mehr bewegt, als wenn man den Titel geholt hätte.
Rottenberg warnte aber davor, die WM-Gruppengegner der deutschen Mannschaft um Marokko, Südkorea und Kolumbien auf die leichte Schulter zu nehmen. "Wer denkt, dass die Welt noch so weit auseinanderklafft, den muss ich enttäuschen", sagte Rottenberg, die als Torwarttrainerin auch diverse Jugendauswahlmannschaften des DFB betreut.
"Der Teamgeist ist ganz wichtig. Jede Spielerin hat ihre Rolle, jede hat ihren Platz und häufig ist die Bank ja am allerwichtigsten. Im Endeffekt muss man für jeden Moment bereit sein", betonte sie die Wichtigkeit eines guten und breiten Kaders – oft hätten in ihrer Karriere die Ersatzspielerinnen am Ende den Unterschied für einen Titelgewinn gemacht.

Erweiterung auf 32 Teams von Rottenberg befürwortet

Rottenberg befürwortete mit Blick auf die anstehende WM in Australien und Neuseeland auch die Erweiterung des Teilnehmerfeldes auf 32 Mannschaften. So hätten die Auftritte der beiden deutschen Testspielgegnerinnen Vietnam und Sambia im Vorfeld der WM sie beeindruckt. "Nach der WM können wir ja mal darüber sprechen, ob 32 Mannschaften zu viel waren oder genau richtig", sagte die ehemalige Sportsoldatin im Dlf.

Rottenberg erleichtert über beendete TV-Übertragungs-Hängepartie

In Bezug auf die Hängepartie rund um den Verkauf der WM-Übertragungsrechte und die Drohgebärden des Fußball-Weltverbandes FIFA, der Druck auf die Fernsehanstalten gemacht hatte, weil ihm die Gebote der Sender für die WM zu niedrig waren zeigte sich Rottenberg erleichtert.
"Ich freue mich, dass die FIFA den Frauenfußball so jetzt in den Fokus stellt und auch bei der FIFA der Frauenfußball als Marke jetzt angekommen ist", sagte sie. Der Frauenfußball sei noch nie so gepusht worden wie derzeit. Allerdings sei ihr auch ein Stein vom Herzen gefallen, dass die Übertragung der WM bei ARD und ZDF gesichert sei. "Ich bin auch sehr glücklich, dass ARD und ZDF die WM übertragen, die Sender die jeder in Deutschland bekommt", sagte Rottenberg.

Kommt die übernächste Frauen-WM nach Deutschland?

Für die übernächste Frauen-WM 2027, für die sich Deutschland zusammen mit Belgien und den Niederlanden bewirbt, hofft sie auf einen Zuschlag. "Das wird auch nochmal ein Riesenboom und ein Highlight werden und mit Sicherheit nicht schlechter als Australien und Neuseeland", sagte die Ex-Nationaltorhüterin.
Der Frauenfußball sei in ganz Europa eine Fokussportart geworden. Viele europäische Mannschaften seien in der Lage, Stadien zu füllen. "Die Welle ist von England rübergeschwappt", sagte die dreifache Europameisterin. Es sei auch ein großer Vorteil, dass große Namen, wie der FC Barcelona oder Arsenal London, mittlerweile Frauenteams haben. "Namen ziehen auch, dass macht den Frauenfußball noch populärer, es pusht ihn und da steckt natürlich eine Menge Geld dahinter", sagte Rottenberg.

Rottenberg lobt Frauen-Nachwuchs im deutschen Fußball

Die gelernte Zahnarzthelferin, die heute im Jugendbereich viele Talente unter ihren Fittichen hat, äußerte sich auch positiv über den Frauen-Nachwuchs im deutschen Fußball. Aber jede Spielerin müsse arbeiten.
"Zufliegen wird niemandem etwas", sagte Rottenberg. Auch auf der Torhüterposition gebe es genügend Talente in Deutschland. Um die Zukunft im deutschen Frauenfußball muss also in absehbarer Zeit niemandem Angst und Bange werden, geht es nach der erfahrenen Ex-Spielerin.