In der Weltrangliste der FIFA ist Katars Frauenteam nicht mehr gelistet. Denn die Spielerinnen haben seit 2014 kein offizielles Nationalmannschaftspiel unter dem Dach der FIFA ausgetragen. Nationalspielerin Hajar Saleh:
"Vor einiger Zeit haben wir damit aufgehört, aber normalerweise spielen wir schon auch gegen internationale Teams. Wir haben auch Trainingscamps außerhalb von Doha und wir spielen gewöhnlich auch Freundschaftsspiele mit unterschiedlichen Ländern, zum Beispiel FIFA-Spiele. Und ich denke, wir spielen auch bald wieder. Im Februar werden wir viele Freundschaftsspiele haben mit anderen Ländern."
Wenig Strukturen, Vorurteile und fehlende Unterstützung
Es gibt in Katar eine Frauenfußballliga mit sechs Teams und hin und wieder internationale Spiele – nur werden die nicht offiziell bei der FIFA gezählt. Der Frauenfußball ist in Katar dem Women's Sports Committee unterstellt und nicht unter dem Dach des Fußballverbandes. Monika Staab bedauert die Abwesenheit des Teams von der internationalen Bühne. Sie war 2013 und 2014 Trainerin der Frauennationalmannschaft in Katar. Sie fände es wichtig, dass der Frauenfußball strukturiert und seriös aufgebaut wird. Es müsse sich in Katar noch einiges tun, damit der Frauenfußball mehr unterstützt und anerkannt wird:
"Die Frauenrolle in der Gesellschaft ist in diesen Golfstaaten klar definiert, sicherlich gehört das Fußballspiel nicht dazu. Hinzukommen die traditionellen und kulturellen Barrieren. Ein Araber sagte mal zu mir, dass eine Frau ein Kristall sei und wenn sie Fußball spielt, wird sie zerbrechen. Ich antworte ihm, dass ich schon seit 50 Jahren spiele und noch nicht zerbrochen bin."
Für Staab war die Gründung des Frauennationalteams 2010 eine Art Alibi, um sich für die Austragung der Fußball-WM 2022 bewerben zu können. Eine Vorschrift der FIFA. Sieben Jahre nach der Team-Gründung war Pia Mann mit ihrem Verein "Discover Football" in Katar. Ein Verein der sich für Frauenfußball auf der ganzen Welt einsetzt. Auch ihr fehlte damals die ernsthafte Förderung des Frauenfußballs in Katar:
"Der Eindruck, den wir zu dem Zeitpunkt hatten, war, dass die Strukturen, die für Männer vorgesehen waren, für Frauen gar nicht zugänglich waren. Das sah so ein bisschen aus, als wenn es eher so eine sporadische Sache war."
Die Austragung der Weltmeisterschaft als Ziel
Und heute? Hajar Saleh beschreibt die Trainingsstätte des Nationalteams so: Ein Platz, ein Fitnessraum und medizinische Einrichtungen. Katar entwickle sich, sagt Mahfoud Amara, Sportwissenschaftler an der Qatar University. Frauen und Mädchen nehmen nach seiner Beschreibung an vielen Sportarten teil. Es gibt reservierte Zeitfenster für Frauen: in Schulen, am Strand, in Sporteinrichtungen. Bei dieser Entwicklung hat Katar vor allem ein Ziel vor Augen: Große Sportveranstaltungen auszutragen, so Amara:
"Sie können nicht den Ehrgeiz haben, internationale Sportveranstaltungen zu organisieren, wenn sie Frauen im Sport nicht berücksichtigen. Das ist wichtig. Denn das ist ein Teil der Strategie von Katar, sich weiter zu entwickeln, um im Wettbewerb um die Ausrichtung internationaler Sportereignisse mithalten zu können. Und natürlich müssen sie sich anpassen und beide, Sportarten für Männer und für Frauen, unterbringen."
Was die Sportförderung angeht, scheint das ganze Land auf 2022 zu blicken, auf die Fußball-WM. Es wird gebaut und organisiert. Es gibt Programme und Events. Auch Hajar Saleh fiebert der Weltmeisterschaft im eigenen Land entgegen:
"Es ist so ein riesiges Event im Nahen Osten. Und ja, wir trainieren und das ganze Jahr ist voller Aktivitäten und Freundschaftsspielen, um für die WM vorbereitet zu sein; mit bis jetzt Freundschaftsspielen, Trainingssessions und vielleicht kommt auch bald eine andere Liga."
Ein Gewinn für den Frauenfußball
Bei der FIFA-Klub-WM wird nun erstmals ein Schiedsrichterinnen-Trio dabei sein. Der stellvertretende Vorsitzende der FIFA-Schiedsrichterkommission Hany Taleb Al Raeesi ist Katari. Warum sich die FIFA für den Einsatz der drei Schiedsrichterinnen entschieden hat, ist aber nicht bekannt. Auf Anfrage des Deutschlandfunks gab es dazu keine Stellungnahme. Unabhängig von der Intention sieht Monika Staab die Entscheidung aber als Gewinn für den Frauenfußball:
"Ja, es ist ein weiterer Meilenstein, den Frauenfußball in diesen Regionen anzuerkennen und zu respektieren. Nur wenn in diesen Staaten es vor Augen geführt werden kann, dass Frau auch Fußball spielen darf und kann, dass es etwas ganz Normales ist, dass es gute Schiedsrichterinnen gibt, die sogar Männerspiele pfeifen dürfen und können, wird die Akzeptanz in der Gesellschaft nach und nach auch auf diesem Teil der Welt erfolgen."
Mit Aufklärung zur Normalität
Sportwissenschaftler Mahfoud Amara glaubt, dass es aber auch Aufklärung dazu geben müsse, damit die Akzeptanz wächst und deutlich wird, dass der Einsatz von Schiedsrichterinnen normal ist:
"Vielleicht brauchen wir währenddessen so etwas wie Programme in den Medien oder in den Zeitungen. Oder pädagogische Ansätze, um die Wichtigkeit dieser internationalen Standards zu erklären, damit es akzeptiert wird. Ich denke, es gibt immer mehr Menschen, die damit vertraut sind und es ist keine Ausnahme. Das wird mit der Zeit die Norm sein, weil es Schiedsrichterinnen gibt, die Vorbilder sind. Ich bin mir sicher, dass das andere Frauen auch inspirieren wird."
Die Frage nach der Nachhaltigkeit
Für Pia Mann von "Discover Football" zählt vor allem, wie nachhaltig der Einsatz der Schiedsrichterinnen bei der Klub-WM sein wird:
"Diese Entscheidung jetzt ist erstmal begrüßenswert. Nicht nur ein symbolischer Akt, sondern tatsächlich sehr praktisch werdend, wenn dort Frauen in den Männer-Fußballbetrieb eingebunden werden. Andererseits, die Klub-WM, würde ich jetzt sagen, ist auch nicht so besonders prominent. Die Frage ist, wäre das dann auch möglich, bei dem Hauptwettbewerb 2022. Also für mich hätte das tatsächlich nur dann wirklich einen emanzipatorischen Charakter, wenn daraus auch was folgen würde."
Auch wenn es bei dem einen Einsatz bleiben sollte, Geschichte schreibt das Schiedsrichterinnen-Trio bei der Klub-WM auf jeden Fall. Bisher hat es nur im Juniorenbereich FIFA-Einsätze von Schiedsrichterinnen gegeben. Die Schiedsrichterin Edina Alves und ihre beiden Assistentinnen sind also in jedem Sinne Pionierinnen. In Katar und im Weltfußball.