"In den nächsten 20 Jahren kann ich mir gut vorstellen, dass in Europa, weil die Kultur des Fußballs so mächtig ist, die Frauen reüssieren werden", sagte Professor Andrei Markovits, Soziologe aus Michigan, im Dlf. Das heißt, sie würden anerkannt, sie würden ernstgenommen, auch wenn sie nicht in derselben Dimension wären wie die Männer. "Fußball ist Teil der europäischen Sprache."
In Amerika sei das anders, dort seien "die Frauen richtige Pionierinnen". Ob die Männer dort davon profitieren könnten, bezweifelt der Soziologe. Er warf die Frage auf: "Können Frauen Sportkulturen, so wie ich das definiere - nämlich als Massenkonsum - wirklich dominieren?" Sportkultur sei für ihn etwas, worüber man ständig nachdenke und spreche. Doch zum positiven Einfluss des Frauensports auf den Männersport gebe es keine Empirie. "Man würde es hoffen, doch es ist unklar, ob es passiert. Letztendlich würde ich sagen, kann nur die Exzellenz der amerikanischen Männer im Fußball dazu führen, dass der Fußball das Äquivalent der 'big four' [Baseball, Basketball, American Football und Eishockey, die Red.] wird." Die Frauen könnten dazu beitragen, dass die WM ein Riesenevent ist - aber auf Vereinsebene, im Klubfußball, sei das nicht der Fall.
Sport bleibt männerdominiert
Der moderne Sport gehe auf das England des 18. und 19. Jahrhundert zurück - mit Cricket und Golf - "es waren männliche Konstrukte". Die Fußball-WM der Frauen hätte sich inzwischen zwar enorm entwickelt - bei der ersten hätte kaum jemand Notiz genommen von dem Sieg der Amerikanerinnen, heute sei es ein großes Event. Aber im Nachgang, der "Off-Season", spiele der Frauenfußball keine Rolle. Und diese "Off-Season"-Themen seien entscheidend dafür, ob etwas eine "dichte Struktur" sei, findet Markovits.
Dass sich in Europa immer mehr Frauenfußballvereine Männervereinen anschließen, sei ein Vorteil gegenüber amerikanischen Vereinen. "Ich könnte mir gut vorstellen, dass sie dann in 20 bis 40 Jahren, statt wie heute vor 500 dann regelmäßiger vor 20.000 Leuten in Old Trafford spielen."
Das strukturale Äquivalent für den europäischen Frauenfußball sei der amerikanische Frauenbasketball, zu dem der Soziologe aktuell forscht. Dort hätten sich die Frauen den Männerklubs bereits angenähert oder sogar miteinander fusioniert. Das Ergebnis - auch wenn das kein besonders feministischer Angang sei: "Die Ankoppelung an Männerstrukturen kommt den Frauen zugute."
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