Mehr Frauen in die Topetagen von Banken und Versicherungen – die Forderung war nach der Finanzkrise laut geworden. Von den Lehman-Sisters, die es vielleicht besser gemacht hätten, sprach unter anderem IWF-Chefin Christine Lagarde. Getan habe sich wenig, beklagt Elke Holst, Forschungsdirektorin für das Thema beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung.
"Im Finanzsektor hat sich eine deutlich geringere Dynamik als in den anderen von uns untersuchten Unternehmensbereichen gezeigt. Der Finanzsektor war früher führend bei den Anteilen von Frauen in den Aufsichtsräten. Mittlerweile haben ihn die Top-200-Unternehmen nicht nur eingeholt, sondern sogar noch leicht überflügelt. - Und das, obwohl mehr Frauen als Männer im Finanzsektor tätig sind."
Hoffnung ruht auf Frauenquote
In den Vorständen liegt der Frauenanteil bei sieben Prozent – bei den 100 größten Banken und Sparkassen – und achteinhalb Prozent bei den Versicherungen. Das wiederum ist immer noch über dem Schnitt. Denn: Betrachtet man den Frauenanteil in den Vorständen der 200 umsatzstärksten Unternehmen, so lag der Ende 2014 bei fünf Prozent, das ist ein Prozentpunkt mehr als 2013. Bei den 100 größten Unternehmen ist er im Vergleich zum Vorjahr sogar gesunken, von fünf auf vier Prozent. Vom "Ritt auf der Schnecke" spricht Elke Holst. Hoffnungen setzt die Forschungsdirektorin für Gender-Studies auf die Frauenquote, die ab Anfang kommenden Jahres wirken soll und die einen Frauenanteil von 30 Prozent in den Aufsichtsräten verlangt. Ähnliche Regelungen in Island und Frankreich hätten zu einem sprunghaften Anstieg geführt. Holsts Prognose lautet deshalb:
"In Zukunft erwarten wir einen positiven Trend in den Aufsichtsräten, allein schon auch durch diese gesetzliche Regelung – die Großen sollen ja praktisch als Zugpferd dienen. Ob es einen Spillover-Effekt in den Vorständen gibt, da bin ich eher skeptisch. Denn da sind die Unternehmen gefordert, auch ihre Struktur zu ändern, und jeder möchte natürlich auch ungern Macht und Geld abgeben. Also da wird es sicherlich deutlich länger dauern."
Warnung vor Stereotypen
Der Einfluss von politischem Willen zeigt sich auch an anderer Stelle: Bei Unternehmen mit Bundesbeteiligung sieht der Trend deutlich besser aus als im Durchschnitt der Unternehmen. Wie sehr die profitieren von Frauen in Spitzenpositionen lässt sich übrigens – auch das hat das Institut untersucht – nicht klar belegen, zu vielfältig sind die Faktoren, die zum Beispiel Rentabilität oder Umsatz bestimmen. Anja Kirsch, zusammen mit Elke Holst Autorin des Managerinnen-Barometers, warnt auch vor Stereotypen - wie sie etwa nach der Finanzkrise zu hören gewesen seien. Dass Frauen – gerade die Frauen, die in den Topetagen der Banken landeten – genereller risikoscheuer oder mehr ethisch motiviert seien, lasse sich nicht belegen. Anja Kirsch argumentiert bei ihrem Plädoyer für mehr Frauen in Spitzenpositionen lieber mit den Vorteilen gemischter Gruppen.
"Da gibt es auch jede Menge Studien, die zeigen, dass ein divers zusammengesetztes Entscheidungsgremium bessere Entscheidungen trifft als eine sehr homogene Gruppe. Da werden viel mehr Ideen und Perspektiven ausgetauscht und letztendlich werden dann bessere Entscheidungen gefällt."