"Die männlich dominierten Strukturen in Aufsichtsräten sind in Bewegung geraten", sagt die Bundesfamilienministerin am Vormittag und meint damit:
"Die feste Quote wirkt."
Denn seit 2016 gilt für die Aufsichtsräte börsennotierter und paritätisch mitbestimmter Unternehmen ein verbindlicher Frauenanteil von 30 Prozent, der erreicht werden muss, wenn Posten in diesem Gremium neu besetzt werden.
"Wir haben in den Unternehmen, die der festen Quote unterfallen einen Anstieg des Frauenanteils von 22,9 auf 27,3 Prozent festgestellt, das ist ein Anstieg, der doppelt so schnell gegangen ist wie in den Jahren zuvor ohne eine feste Quote."
Allerdings zeigten die Auswertungen der Zahlen auch, sagt die SPD-Politikerin:
"Da wo keine feste Quote greift, da passiert auch nichts."
70 Prozent der Unternehmen wollen keine Frauenquote in Vorständen
Der Blick richtet sich hier auf die Unternehmensvorstände. Denn während für die Aufsichtsräten ein verpflichtender Frauenanteil gilt, können die Firmen bei der Besetzung ihrer Vorstände selbst entscheiden, welche Quote sie erfüllen wollen.
"Die Unternehmen hatten die Vorgabe, einen Zielwert anzugeben, um wieviel Prozent sich die Frauenquote erhöhen sollte in den Vorständen. Knapp 70 Prozent der Unternehmen haben die Zielgröße Null angegeben."
630 Männer und nur 47 Frauen
Am Stichtag 1. Juli hatten in den 160 börsennotierten Firmen insgesamt 47 Frauen einen Vorstandsposten. Vier mehr als vor sechs Monaten und sieben mehr als vor einem Jahr. Den 47 Frauen stehen 630 Männer gegenüber, sagt Wiebke Ankersen von der schwedisch-deutschen AllBright-Stiftung.
"Der typische Mann im Vorstand eines börsennotierten, deutschen Unternehmens heißt Thomas, ist 1964 geboren, zu 76 Prozent deutsch, zu 69 Prozent in Westdeutschland ausgebildet, zu 30 Prozent im Ausland. Es gibt fast niemand, der in Ostdeutschland ausgebildet ist. 71 Prozent sind Wirtschaftswissenschaftler oder Ingenieure."
Kaum Frauen in den Dax-Unternehmen
Der Blick auf die 30 Unternehmen, die im Dax, dem Deutschen Aktienindex, notiert sind, zeigt: Nur in fünf dieser Unternehmen gibt es mehr als eine Frau im Vorstand. Bei der Allianz, bei Daimler, der Deutschen Bank, Siemens und dem Rückversicherungskonzern MunichRe. Bei den im MDax notierten 50 mittelgroßen Unternehmen kann nur die Aareal Bank zwei Vorstandsfrauen vorweisen.
Bundesfamilienministerin Katharina Barley erklärte,
"Wenn sich in den Vorstandsebenen in absehbarer Zeit nichts ändert, werden wir auch da tätig werden müssen."
Wirtschaft kritisiert verpflichtende Frauenquote
Sie könne sich eine verpflichtende Frauenquote auch für Unternehmensvorstände vorstellen, sagte die SPD-Politikerin. Aus der Wirtschaft allerdings kommt Kritik. René Bohn, Leiter Arbeitsmarktpolitik und soziale Sicherung beim Verband der Familienunternehmen, sagt, beim Thema Aufsichtsrat stellten die betroffenen Unternehmen fest, es gebe eine Gruppe von erfahrenen Frauen, die immer wieder angefragt würden und dadurch schon eine gewisse Ämterhäufung hätten.
Eine feste Quote für Vorstände sieht er kritisch. Inzwischen würden 30 Prozent der Familienunternehmen von Frauen geführt. Viele Frauen legten aber auch Wert auf die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
"Da kann man dann darüber diskutieren, ob wir eher in die Richtung gehen sollten, dass wir eine Unternehmenskultur an den Tag legen, wo wir vielleicht auch 'Führen in Teilzeit' etablieren."
Das bringe vielleicht mehr Frauen in Vorstände als eine feste Quote.
Ob diese umgesetzt wird, hängt ohnehin von der Bundestagswahl am 24. September ab – und davon, welche Partei danach für entsprechende Ressort zuständig ist.