Amnesty International hat sich in einer Grundsatzentscheidung dazu entschlossen, für die Entkriminalisierung von Prostitution einzutreten. Beim Treffen des Internationalen Rates der Menschenrechtsorganisation in Dublin habe eine Mehrheit der rund 400 Delegierten aus 70 Ländern für diese Position gestimmt, teilte Amnesty mit. Die genaue Stimmenverteilung wurde aber nicht bekannt gegeben.
Amnesty: Entscheidung war nicht leichtfertig
Bei dem Beschluss geht es ausschließlich um einvernehmlichen Sex zwischen Erwachsenen. Sex mit Kindern, Frauenhandel und Zwangsprostitution werden von Amnesty bekämpft. Dem Beschluss ging eine dreijährige Diskussion voraus. Die internationale Führung von Amnesty ist nun befugt, eine entsprechende Politik zu dem Thema zu entwickeln.
Amnesty-Generalsekretär Salil Shetty sprach von einem "historischen Tag". "Prostituierte sind eine der am meisten vernachlässigten Gruppen in der Welt, die in den meisten Fällen ständig dem Risiko von Diskriminierung, Gewalt und Missbrauch ausgesetzt sind", sagte Shetty. Man könne nun eine Politik verfolgen, die den Schutz der Menschenrechte von Prostituierten fordere.
Kritiker bescheinigen Amnesty Glaubwürdigkeitsverlust
Die Entscheidung, für eine Entkriminalisierung der Prostitution einzutreten, sei nicht leichtfertig oder übereilt gefallen, betonte Shetty. Man habe vor dem Beschluss zahlreiche Betroffene angehört. Amnesty setzt sich nun auch für die Entkriminalisierung von Zuhältern und Bordellbetreibern ein. DLF-Nachrichten-Redakteur Harald Gesterkamp, der jahrelang bei Amnesty gearbeitet hat, geht davon aus, dass der Beschluss auch innerhalb der Organisation sehr umstritten ist. Zuletzt habe es eine Bewegung gegeben, die Frauenrechte zu stärken. Die jetzige Entscheidung könne sich kontraproduktiv auswirken, sagte er im DLF. Er gehe davon aus, dass die Entscheidung nicht einstimmig gefasst worden sei.
Kritiker werfen der in London ansässigen Menschenrechtsorganisation vor, mit der Grundsatzentscheidung an Glaubwürdigkeit zu verlieren. Vor der Abstimmung in Dublin hatte das Bündnis Koalition gegen Frauenhandel (CATW) in einem offenen Brief gewarnt, der Name von Amnesty International werde ernstlich beschmutzt, wenn die Organisation sich für eine Entkriminalisierung der Prostitution einsetze. Zu den Unterzeichnern gehörten Frauenrechtsgruppen, Ärzte sowie Prominente wie die Schauspielerinnen Meryl Streep, Kate Winslet und Emma Thompson. Auch die deutsche Zeitschrift "Emma" zählte dazu. Eine entsprechende Online-Petition des Bündnisses wurde von mehr als 8.500 Menschen unterzeichnet.
"Es gibt keine Logik in der Annahme, dass man zum Schutz der Ausgebeuteten die Ausbeuter entkriminalisieren muss", sagte CATW-Chefin Taina Bien Aime der Nachrichtenagentur AFP. Auf der anderen Seite wurde von Aktivisten auch eine Petition gestartet, welche Amnesty International in ihrem Vorgehen unterstützt.
(fwa/fun)