Archiv

Frauenrechte
Kampagne gegen Gesangsverbot im Iran

Im Iran dürfen Frauen nicht in der Öffentlichkeit singen. Es gibt dort seit der islamischen Revolution ein striktes Gesangsverbot für sie. Die Kampagne einer bekannten Aktivistin im Internet prangert das nun an.

Von Bamdad Esmaili |
    Eine Frau singt im heimischen Wohnzimmer, neben einer Kerze. Da sie nicht erkannt werden will, singt sie im Dunkeln. Oder etwas professioneller: Eine junge Dame, die sich selber mit der Gitarre begleitet.
    Diese Facebook-Kampagne wurde von Masih Alinejad gegründet. Die 38-Jährige ist momentan die bekannteste iranische Journalistin und Aktivistin. Den Musikerinnen im Iran ging es nie gut, sagt sie, aber momentan ist es für sie besonders schwer. Als dann die bekannte Frauenband "Mah Banu" verboten wurde, habe daraufhin eine Frau einfach ein Video aufgenommen und an sie geschickt.
    "Sie sagte: Ich kann nicht singen, aber ich singe, um der Regierung zu zeigen, dass sie vielleicht draußen verhindern können, dass Frauen singen aber in meinem Haus könnt ihr nichts bestimmen und mir meine Erinnerungen nehmen."
    Danach hat die Journalistin aufgerufen, dass Frauen im Iran weitere Videos schicken. So entstand die Idee dieser Kampagne. Masih Alinejad musste 2009 das Land verlassen, weil sie ein Korruptionsskandal aufgedeckt hat - jetzt wohnt sie in New York. Im vergangenen Jahr hat sie die Seite "Azadihaye yawashaki" gegründet - zu Deutsch "versteckte Freiheit". An dieser Seite schicken iranische Frauen ihre Bilder, die sie im Freien ohne Kopftuch aufgenommen haben. 750.000 Fans hat diese Seite bei Facebook.
    Keine Auftritte in der Heimat
    Das Gesangsverbot für Frauen im Iran betrifft nicht nur Pop-Sängerinnen, sondern Künstlerinnen im traditionellen Bereich wie Mahdieh Mohammadkhani. Die 28-Jährige ist durch ihre Musikvideos im Internet zum neuen Star der persischen Musikszene geworden. Um ein Zeichen gegen die Unterdrückung iranischer Künstlerinnen zu setzen, hat sie vor Kurzem das Frauen Ensemble "Shahnava" gegründet. Ihr größter Wunsch? In ihrer Heimat aufzutreten.
    "Ich glaube jede Frau wünscht sich das. Dass man frei und ungehemmt das, wofür das Herz schlägt, die größte Leidenschaft im Leben ist, auszuüben. Mir geht es genauso. Ich wünsche mir, dass ich eines Tages im Iran singen darf und jeder die klassische iranische Musik hören kann."
    Hossein Alizade, einer der bedeutendsten Musiker Irans, unterstützt schon immer Künstlerinnen seines Landes. Er bedauert das Gesangsverbot für Frauen.
    "Mit Sicherheit werden wir es später in der Geschichte unseres Landes geschrieben haben und bereuen, dass wir sehr gute Künstler hatten. Doch die konnten wegen politischen Situationen ihre Kunst nicht richtig der Gesellschaft bieten."
    Drohungen von Hardlinern
    Vielleicht bietet nun die Kampagne von Masih Alinejad eine Möglichkeit, diese Unterdrückung in die Welt zu tragen, hofft die Journalistin. In den vergangenen Tagen sind dutzende Videos bei ihr angekommen. Sie wird zwar auch von den Hardlinern massiv schikaniert und bedroht. Aber da lässt sie sich nicht einschüchtern. Ihr Ziel:
    "Ich möchte mit der Kampagne den Frauen im Iran eine Stimme geben, eine Stimme, die im Iran seit über 30 Jahren stumm geworden ist. Ich möchte ihnen die Möglichkeit geben, selber ihre zensierten Geschichten mit ihrem Gesang zu erzählen."
    Außerdem wolle sie der Welt ein anderes Bild von der iranischen Frau zeigen. Eine Frau, die nicht im schwarzen Tschador gehüllt ist, sondern eine moderne Frau, die studiert habe und singen möchte.