Die Unterschiede zwischen der Anerkennung von männlichen und weiblichen Leistungen im Sport beginnen schon im frühen Alter, wenn sich Mädchen dazu entschließen, eine Sportart auszuüben, die sie interessant finden.
"Die erste Frage ist tatsächlich immer so: 'Wirklich? Du siehst gar nicht aus, als würdest du Eishockey spielen.' Dann ist natürlich immer die Gegenfrage – wie sieht denn jemand aus, der Eishockey spielt? Wie stellen wir uns denn eigentlich ein Mädchen vor, das Eishockey spielt?", fragt Ronja Jenike, langjährige Nationalspielerin und inzwischen Leistungssportreferentin Frauen beim Deutschen Eishockey Bund und TV-Expertin bei Magenta.
Nur 750 Mädchen spielen Eishockey
Die Zahl der Mädchen ist gerade beim Eishockey besonders gering, bundesweit sind es rund 750 – von insgesamt rund 15.000 Junioren und Juniorinnen. Reine Mädchenteams gibt es in der Jugend deshalb nicht, interessierte Mädchen müssen bei den Jungs mitspielen.
Solange sie klein sind, ist das kaum Thema. Aber "dann kommt irgendwann der Punkt, wo dir dann bewusst wird, wo die ersten schon mal sagen, brauchst du eine eigene Kabine oder wie machen wir es nach dem Spiel mit dem Duschen. Das sind auch die Probleme, die Vereine ein bisschen vorschieben, das ist schwierig, wenn wir jetzt Mädchen im Verein haben."
Wie viele Mädchen deswegen erst gar nicht diesen Sport anfangen, obwohl sie dafür eine Begeisterung hätten, wie viel da auch an Potenzial verloren geht, lässt sich nicht beziffern. Die Folgen sind weitreichend: Es gibt keine weiblichen Vorbilder, keine Anerkennung, Verband und Liga - eine Männerwelt, so gut wie keine Sichtbarkeit in den Medien, keine Sponsoren, kein Geld.
Bundesliga-Trainer arbeiten ehrenamtlich
Selbst in der höchsten nationalen Spielklasse, in der Bundesliga, machen die Trainer ihren Job ehrenamtlich, erzählt Ronja Jenike: "Dieses Berufsfeld gibt es einfach gar nicht, sondern das sind alles welche, die ehrenamtlich oder für kleinen Obolus mit den Mädels vier bis fünf Mal die Woche aufs Eis gehen und auch ihre Auswärtsfahrten bestreiten."
Ronja Jenikes Mann ist auch Ex-Nationalspieler und so hat sie immer den Vergleich hautnah miterlebt - gleiches Trainingspensum, aber ganz unterschiedliche Bedingungen.
Fußball am meisten weiterentwickelt
Ein starker Kontrast zur professionalisierten Männerwelt. Auch die anderen Teamsportarten erleben diese Unterschiede. Am weitesten weiterentwickelt hat sich bislang der Fußball, bei dem Frauen inzwischen im Verband präsenter sind, mehr Sendezeit bekommen und viele Bundesliga-Clubs auch in Frauenteams investieren, wenngleich auf sehr unterschiedlichem Niveau.
Dennoch sieht Mark Schober, Vorstandsvorsitzender im Deutschen Handball-Bund, das als Vorbild für den Handball: "Ich würde mich schon freuen, wenn unsere Handball-Bundesligavereine der Männer auch die Frauen mit aufnehmen würden, wie es im Fußball in großen Teilen passiert, weil es ein wirklicher Katalysator ist. Dann ist automatisch mehr Geld im System, dann kann man Synergien nutzen und dann kommen wir auch schneller voran."
Dass alle fünf Teamsportarten bei der Aufwertung der weiblichen Präsenz vorankommen wollen, ist Konsens – jedenfalls nach außen hin. Wie ernstgemeint die Bestrebungen wirklich sind, zeigt sich in der Intensität und Engagement, Frauen tatsächlich zu unterstützen. Und das war bislang noch in vielen Bereichen gering.
Konkurrenz aus dem Ausland hat Deutschland überholt
Andere Länder sind da weiter, haben die deutschen Teams in den vergangenen Jahren, teils Jahrzehnten überholt. Weil die ausländische Konkurrenz sowohl bei der Ausbildung als auch bei der Vermarktung professioneller agiert. Und so viele kleinere Länder wie die Niederlande oder Skandinavier erfolgreich sind.
So steigt der Druck etwas zu verändern, will man nicht in die Bedeutungslosigkeit fallen. Der Druck kommt aber auch noch von anderer Seite: Auch Sponsoren drängen zunehmend darauf – dem Zeitgeist und Zielgruppen folgend – auch Frauen in den Fokus zu nehmen.
Ihnen durch finanzielles Investment zu mehr Sichtbarkeit zu verhelfen, kann sich für eine Marke langfristig auszahlen. So erklärt Ann-Katrin Huebel, Marketing-Direktorin von Google in Deutschland die Strategie ihres Konzerns hinter dem Investment in die Frauen-Fußball-Bundesliga und Nationalmannschaft. "Wenn man Frauensport weltweit sich anschaut, ist es das am schnellsten wachsende Sportsegment überhaupt – sei es Fußball, seien es andere Sportarten. Und das ist natürlich per se immer ein interessanter Platz für eine Marke um sich zu positionieren."
Erfolg für Sponsoren ein wichtiger Faktor
Um für Sponsoren interessant zu werden, ist Erfolg einer der wichtigsten Faktoren. Der Wert des Olympiasiegs der 3x3-Basketballerinnen könnte ein großer Auftrieb sein, um Frauenbasketball voranzutreiben. Svenja Brunckhorst aus dem Gold-Team ist mittlerweile bei Alba Berlin Managerin für Frauen- und Mädchenbasketball. Zwei Jahre nach dem Aufstieg wurde im Sommer der erste Meistertitel gefeiert.
Das Team hat inzwischen 16 Sponsoren und ist für junge Mädchen zum Anziehungspunkt geworden, was Verbandspräsident Ingo Weiss auch für die gesamte Bundesliga als Vorbild sieht: "Ich möchte gerne mit unserer Damen-Basketball-Bundesliga, so wie Alba Berlin es vormacht in einer Halle spielen, wo ich ordentliche LED-Werbung habe, wo ich Banden habe, wo ich Sitzplätze habe, wo 2.000 bis 3.000 Leute reingehen, und im nächsten Jahr gehe ich in die nächste Halle, wo vielleicht 5.000 bis 10.000 Leute reingehen, und irgendwann schaffe ich es auch so weit, dass ich mich mit der Herrenmannschaft streite um die Spielzeiten, wer wann wo spielt."
Noch ist der Weg zur eigenständigen finanziellen Tragbarkeit weit. Und die Frauen brauchen verlässliche Unterstützung. Die soll auch vom Staat kommen. Im geplanten Sportfördergesetz ist das aber bisher nicht verankert, kritisiert Basketball-Präsident Ingo Weiss: "Da steht nicht ein einziges Wort zum Mannschaftssport drin und ehrlich und offen gesagt ist das eine Schweinerei. Teamsport Deutschland macht eine schöne Stellungnahme mit viel Mühe und allem und dann kriegt man nach drei Wochen zu hören, von der Stellungnahme ist nichts übernommen worden."
Mehr Frauen in Führungspositionen als möglicher Schritt
Juliane Seifert, Staatssekretärin im zuständigen Bundesinnenministerium hält dem wiederum entgegen, dass zu den Förderkriterien gehöre, dass eine Sportart gleichermaßen für Männer und Frauen angeboten werde. Ein erster Schritt könnte sein, mehr Frauen in die Führungspositionen der Verbände zu bringen, wie es in Frankreich passiert. An einer Quote gibt es in Deutschland aber viel Kritik.
Was die Vertretung in Spitzengremien angeht, kann der Deutsche Basketballbund noch keine Frau im fünfköpfigen Präsidium aufwarten. Das findet Ingo Weiss zwar "Mist", eine verbindliche Quote kann er sich allerdings nicht vorstellen. "Das Schlimmste wäre, wenn man hören würde, der DBB hat im Präsidium jetzt seine Quotenfrau."
Staatssekretärin Juliane Seifert sieht das ganz anders: "Wenn alle sagen, einem ist das so wichtig, dass auch Frauen gleichberechtigt sind und so weiter, verstehe ich das Argument gegen eine 40-Prozent-Quote nicht."
Mit ihrem gemeinsamen Auf- und Eintreten für bessere Bedingungen im Frauen-Teamsport haben die fünf Verbände sich nicht nur ausgetauscht und besser vernetzt. Es ist auch deutlich geworden, dass die Wege und die Intensität, mit denen das Ziel erreicht werden soll, verschieden sind.