"Welche Ziele haben wir jetzt im zweiten Semester mit unserer Veranstaltung? Das wichtigste Ziel ist, das wir in der Lage sind, uns Inhalte selbständig zu erarbeiten. Im ersten Semester hatten wir mehrere Grundlagenveranstaltungen, da haben wir ihnen das detailliert erklärt, das schaffen wir jetzt nicht mehr."
Professor Jörn Freiheit erklärt zum Semesterbeginn den Aufbau und die Anforderungen für das Seminar "Programmierung 2". Im Auditorium sitzen rund 50 junge Frauen. Und keine Männer. Das sechssemestrige Bachelor Studium für Informatik und Wirtschaft ist ein reiner Frauenstudiengang, der Schwerpunkt liegt im Wissen um Software, betriebswirtschaftliche Grundkenntnisse kommen dazu. Die 25-jährige Laura Laugwitz hat sich für diesen speziellen Studiengang immatrikuliert. Zuvor hat sie bereits einen Bachelor in Anthropologie erworben, im Nebenjob hat sie als Softwaretesterin gearbeitet.
"Und hatte dementsprechend immer schon eine Neigung zum Technischen, hab mich aber nicht getraut, weil ich der Meinung war, dass ich zuwenig weiß. Und dementsprechend hat mich der Studiengang besonders angesprochen, einmal weil er explizit damit wirbt, dass man bei Null anfängt. Andererseits weil ich einige negative Erfahrungen gemacht habe, mit dem männlichen Ego, während meines Jobs. Und auch froh war, hier nicht dieses Rummgemackere zu haben. Und ja, diese Hoffnung hat sich tatsächlich auch bestätigt."
Fachliche Anforderungen unterscheiden sich nicht
Eine entspanntere Atmosphäre, mehr Rücksicht auf Mütter und eine bessere Zusammenarbeit, das gehört für Laura Laugwitz zu weiteren Qualitäten. Professor Jörn Freiheit betont, dass die fachlichen Anforderungen für Frauen nicht niedriger sind. In den beiden ersten Semestern bleiben die Frauen unter sich, dann folgen Projekte in Unternehmen, hier arbeiten auch Komillitonen mit.
Dieses offene Konzept schafft für die Frauen Vorteile im Job, glaubt Professor Freiheit. Aus seinen beruflichen Erfahrungen als IT-Berater kennt er noch die egozentrische und mitunter auch anti-soziale Haltung der sogenannten Nerds, Computerfreaks, die als Sonderlinge und Einzelgänger gelten:
"Und zwar denke ich, sind die Stärken der Frauen, denke ich, bestehen darin, ausgeglichen kommunizieren zu können. Ich denke, dass die Frauen mit ihren Fähigkeiten, in kommunikativer und sozialer Hinsicht eine sehr gute Ergänzung sind, in der IT Branche und dort nicht nur als typische Nerds auftreten. Und das ist ein Gewinn für die gesamte Branche."
An der Berliner Fachhochschule für Technik und Wirtschaft studieren immer mehr Frauen, durch den speziellen Studiengang stieg der weibliche Anteil um 7,5 Prozent auf rund ein Viertel. Dieser Wert liegt aber nur um rund ein Prozent über dem Durchschnitt an den deutschen Universitäten und Fachhochschulen. Die meisten angehenden Informatikerinnen lernen zusammen mit Männern, nur drei reine Frauenstudiengänge gibt es bundesweit. Dennoch erscheinen die Wirtschaftsinformatikerinnen der HTW bei Arbeitgebern recht begehrt. Der Softwareriese Hewlett Packard hat die angehenden Programmiererinnen eingeladen. Die Studentin Laura Laugwitz erzählt von bereits zwei Jobangeboten, und das nach dem ersten Semester. Zu den erfolgreichen Absolventinnen gehört Adina Süss. Die 29-Jährige arbeitet seit dem Oktober 2012 beim Software Riesen SAP in Berlin als Technology Associate Consultant und berät Kunden bundesweit bei Software Lösungen.
"Ich fand das Vorlesungsangebot sehr interessant weil der Informatikanteil größer ist als der Wirtschaftsanteil. Ich denke, am meisten hab ich profitiert von den Fachprojekten in der Wirtschaft. Damals im dritten Semester hab ich mich auch für ein SAP Projekt entschieden, und so hat halt meine Laufbahn bei der SAP begonnen, da bin ich auch glücklich drüber und würde mich auch nicht anders entscheiden.