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Fraunhofer-Institut
Mobiler Roboter zur Untersuchung von Gepäckstücken

Herrenlose Koffer, Taschen oder Rucksäcke an Flughäfen oder Bahnhöfen lösen bei der Polizei einen Großeinsatz aus. Um festzustellen, ob es sich beim Gepäckstück um eine Kofferbombe handelt, muss das Objekt aus der Nähe untersucht werden. Fraunhofer-Forscher in Wachtberg bei Bonn wollen das Risiko reduzieren und entwickeln einen ferngesteuerten Roboter, den USBV-Inspektor. Er soll den Gepäckinhalt dreidimensional darstellen.

Von Bernd Schlupeck |
    Rosa Rollkoffer mit Stoffpinguin am 03.10.2013 vor dem Reichstagsgebäude
    Gefährliches oder harmloses Gepäckstück - das soll mithilfe eines Roboters mit weniger Gefahr geklärt werden können. ( picture alliance / Wolfram Steinberg)
    "Da wollen wir rein. Also wir haben Ihnen hier verschiedene Arten von Sensoren aufgebaut. Und hier sehen Sie schon einen Koffer, da könnte jetzt eine USBV, Unkonventionelle Spreng- und Brandvorrichtung nennt die Polizei das, drin sein."
    Nils Pohl betritt das Labor im Keller des Fraunhofer-Instituts für Hochfrequenzphysik und Radartechnik in Wachtberg bei Bonn und deutet auf einen blauen Koffer. Sein Forschungsobjekt sind seit 2014 herrenlose Gepäckstücke wie diese. Werden sie an öffentlichen Plätzen, Flughäfen oder Bahnhöfen entdeckt, rechnet die Polizei mit dem Schlimmsten: einer Kofferbombe. Um die Gefahr abzuschätzen, benötigen die Polizisten vor Ort so viele Informationen wie möglich. Die will ihnen der Wissenschaftler künftig mit dem USBV-Inspektor liefern - einem ferngelenkten Bombenentschärfungsroboter.
    Die Version, die Nils Pohl im Labor präsentiert, ähnelt allerdings eher einem motorisierten Kameraschlitten. Das Besondere ist ein zehn mal zehn Zentimeter großes Kästchen, das auf dem Schlitten montiert ist. Darin untergebracht, ist ein Radarsensor, den der Forscher entwickelt. Damit kann er in den verdächtigen Koffer hineinschauen und Objekte im Inneren millimetergenau auflösen.
    "Mit elektromagnetischen Wellen, mit Radar, durchdringen wir die Außenwand und können eine Abbildung des Inneren Objektes machen. Dafür müssen wir das Objekt aus mehreren Raumwinkeln beleuchten mit unseren elektromagnetischen Wellen, um zu sehen, was sich darin befindet."
    Mobiles System
    Für den Blick in den Koffer nutzt Nils Pohl elektromagnetische Wellen im Millimeterbereich, also zwischen zehn Millimeter und ein Millimeter. Die Wellen werden vom Sensor zum Koffer geschickt, dort reflektiert und wieder eingesammelt. Dabei bewegt sich der Sensor auf dem Kameraschlitten in zwei Dimensionen. Weil die Wellen je nach Material unterschiedlich tief eindringen, kommen sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten wieder beim Empfänger an. Aus dieser sogenannten Laufzeitveränderung, kann dann ein 3D-Bild berechnet werden. Bei Körperscannern am Flughafen funktioniert der Vorgang ähnlich. Allerdings ist das System der Fraunhofer-Forscher mobil. Wie ein Bild aussieht, erklärt Nils Pohl anhand einer Trockenbauwand. Etwas anderes darf er aus polizeitaktischen Gründen nicht zeigen.
    "Das ist unkritisch das dürfen wir zeigen. Hier haben wir eine Trockenbauwand, wo wir verschiedene Objekte in der Wand finden wollen. Und man kann sehr gut sehen, ob ein Rohr feststellbar ist oder eine andere Art von Rohr, die hier verschieden eingefärbt worden. Und man sieht eben die äußeren Umrandungen, die wir durchdringen, aber trotzdem durch Reflexion rekonstruiert werden können."
    Die Aufnahme erinnert an ein 3D-Ultraschallbild. Was für die Trockenbauwand funktioniert, soll künftig auch Informationen über eine Kofferbombe liefern - ohne sie anzufassen. So lässt sich feststellen, welche Art Sprengstoff im Koffer steckt und ob er flüssig oder fest ist. Drähte, Zünder oder Behälter können die Forscher ebenfalls erkennen. Für einen vollständigen Überblick der Situation kommen später noch Daten anderer Sensoren hinzu: Schwenkbare 3D-Sensoren etwa sollen den Fundort vermessen und eine hochauflösende digitale Kamera optisch Beweise sichern. Schlüsseltechnologie des Bombenentschärfungssystems bleibt aber die Radartechnik. Neu ist die Technik nicht, die Prinzipien dahinter wurden bereits in den 1960er-Jahren beschrieben. Aber Fortschritte in der Elektronik und Chiptechnik der letzten Jahre ermöglichen nun ein hochfrequentes System auf kleinstem Raum.
    "Also der eigentliche Radarchip, den wir in solchen System einsetzen, ist vielleicht gerade einmal zwei mal zwei Millimeter groß. Mit dem bloßen Auge schwer zu erkennen. Und da passiert der Großteil der eigentlichen Radartechnik."
    Umfangreiche Test für 2017 geplant
    Ein Demonstrator des Radarsensors wird im April auf einem internen Workshop den am Projekt beteiligten Industriepartnern und Polizeibehörden vorgestellt. Mitte nächstes Jahr sollen dann umfangreiche Praxistests mit allen Sensoren auf einer ferngesteuerten Roboterplattform erfolgen. Gegenüber bisherigen Systemen biete der USBV-Inspektor einige Vorteile, so Nils Pohl:
    "Der klassische Entschärfer muss sich als Person dem Objekt nähern. In vielen Fällen wird das derzeit einfach zerstört, ein gefährliche Objekt, mit einem Wasserstrahl. Hat nicht nur die Gefahr, dass dabei eine Explosion passieren kann, sondern, dass nachher auch alle Beweise vernichtet sind."