Es ist wieder Zeit für einsame Helden in der Literatur. Männer, die sich abkehren von einer immer komplexeren, überfordernden Welt. Die sich in sich selbst vergrübelt zurückziehen; ins Gebirge, auf eine Insel. Außenseiterische Bergbewohner liegen im Trend, Familienväter, die ihr Einfamilienhaus gegen rastlose Wanderschaft eintauschen, und solche, von denen in den Büchern des schwedischen Schriftstellers Fredrik Sjöberg die Rede ist: besessene Sammler, Naturforscher, vor allem Einzelgänger mit einem Faible für Abseitiges, für scheinbar unnützes Wissen und tote Insekten. Diese Helden suchen Sinnhaftigkeit nicht in der Betrachtung des großen Ganzen, sondern in der Analyse des kleinsten Teilchens, des ganz Spezifischen.
Sie scheinen Beruhigung auszustrahlen, als könnten sie dafür einstehen, dass es sie noch gibt, die überschaubare, verlässliche Welt, wo nicht alles permanent infrage steht. Sie treffen auf ein Bedürfnis, das sich im schon länger andauernden restaurativen Trend in der Literatur ebenso ausdrückt wie im konservativen gesellschaftlichen Ruck.
In der Edition Akzente bei Hanser erschienen Band "Wozu macht man das alles?" hat der schwedische Autor Fredrik Sjöberg 14 Essays vorgelegt, in denen sich die Welt schwedischer Sammler, Naturforscher, Biologen und Schriftsteller vergangener Jahrhunderte und das Leben und Sammeln des Autors gegenseitig erhellen. Man sieht einem eigensinnigen, einzelgängerischen Schriftsteller dabei zu, wie er seine Gedankengänge mit Fundstücken befeuert, die teils der gegenständlichen Welt, teils historischen Aufzeichnungen entnommen sind.
Große Namen als Vorbilder
Beim Verfertigen seiner Gedanken helfen ihm sowohl überlieferte Geschichten, die sich um Naturforscher wie Carl Linneaus oder Charles Darwin und ihre inzwischen vergessenen Mitstreiter ranken, als auch die literarischen und biografischen Notizen eines Bruce Chatwin oder des Botanikers und einstigen schwedischen Literaturpapstes Bengt Lidforss, einem Freund August Strindbergs.
"Lidforss entschied sich für die Botanik. Wie die meisten Biologen hatte er schon als kleiner Knirps ein Linné’sches Jäger-und Sammlerstadium durchlaufen, interessierte sich später jedoch für Batologie, womit das intellektuell ausgesprochen anspruchsvolle Studium der Gattung Rubus, Brombeeren, gemeint ist. Linné musste zurückstehen; Charles Darwin übernahm als Leitstern, bald gefolgt von einer ganzen Reihe von Entwicklungsphilosophen, allen voran Herbert Spencer."
Neben seiner Forschung, die auch die Pflanzenphysiologie in variierenden Richtungen umfasste, entstand seit dem letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts ein literarisches Werk in Gestalt von Essays und Pamphleten, das am Ende annähernd 800 Texte umfassen sollte, von denen im Laufe der Zeit einige in Buchform erschienen. Und in einem seiner ersten Essays "Über die Liebe, den Tod und das ewige Leben, ergänzt um ein paar Worte über die Vollkommenheit" von 1891 findet man bereits den Stil, für den er bekannt werden sollte.
Das Aufspüren von unnützem Wissen als Glück
Lidforss ist einer der Überväter, in denen Sjöberg sich spiegelt. Sjöberg selbst ist Essayist, und leidenschaftlicher Sammler, der sich in einer Familientradition verortet: Vater und Großvater sammelten Briefmarken. Das Aufspüren von Wissen, das anderen unnütz erscheint, ist sein Glück. Er schafft mit diesen Kuriositäten einen eigenen Kosmos. Da geht es um das Fangen von Käfern auf zugefrorenen Seen, um eine seltsame Seeräubergeschichte in Schwedens politischer Vergangenheit, um die bedeutende, inzwischen vergessene Kunstsammlung eines Postbeamten, um erkenntnisförderndes Flanieren, um die Rolle der Mittsommernacht in Schwedens Literatur, um das Verhältnis des Sammlers zum Fetisch, und grundsätzlich um die Beziehung zwischen Mensch und Natur.
"Wissenschaft, meine Freunde, Wissenschaft. Die Hände auf dem Rücken verschränkt, flanieren wir durchs Leben, und die meisten von uns entdecken nichts sonderlich Revolutionäres, außer möglicherweise das Glück, im Sonnenschein zu gehen und mit kleinen Röhrchen in den Taschen und ohne einen einzigen Gedanken, nicht einmal den allerkleinsten, an die Mühen des nächsten Tages den Blick auf den Erdboden und den Himmel und wieder auf den Erdboden zu richten."
Die Entdeckerfreude des Naturforschers treibt diese von Paul Berf adäquat ins Deutsche übersetzten Essays an. Sjöberg bleibt dabei einem poetologischen Programm treu, das er bereits in seinem ersten Buch "Die Fliegenfalle" entwickelt hatte. Die Fliegenfalle war sein schriftstellerisches Debüt, nachdem er Biologie in Lund studiert und nach längeren Reisen als Requisitör am Stockholmer Theater Dramaten gearbeitet hatte. Ein unwesentliches Detail wird zum Anlass mäandernden Denkens, das, wenn es gelingt, in überraschende Einsichten mündet und verstreutes Wissen so verdichtet, dass man sich wundert, warum sich bisher nie jemand dafür interessierte.
Mehr als 200 Spezies entdeckt
Die "Fliegenfalle" nimmt das Sammeln von Schwebfliegen zum Ausgangspunkt, was Sjöberg selbst jahrelang betrieb, er entdeckte 202 verschiedene Spezies. Das erinnert an die Leidenschaft Vladimir Nabokovs, der begeistert Schmetterlinge fing. Während Nabokov aber zuvorderst das Sprachliche interessierte, interessiert Sjöberg eher das Faktische. Er ist ein Bewahrer, kein Spieler. Seine Sprache ist sachlich, dokumentarisch. Manchmal entsteht der Eindruck, die Sprache hätte sich mit ihrem leicht antiquierten Tonfall den Untersuchungsgegenständen anverwandelt. Nur selten brechen Leichtigkeit und Selbstironie den Forscherduktus auf. Die leise Komik, die zuweilen seine Texte durchzieht, entsteht durch die skurrilen Gegenstände der Betrachtung, nicht durch sprachlichen Übermut.
"Ehrlich gesagt, lese ich die ‚Sammlernachrichten‘ meistens nicht besonders gründlich. Amateurhafte Artikel über Steinschloßpistolen und Hellebarden… finde ich nicht verlockend. Und Artikel über Uniformknöpfe und Korkenzieher sind selbst mir gelegentlich etwas zu speziell. Doch nun saß ich im Bus, müde und in schlechter Verfassung, und das Schicksal wollte es, dass mein Blick auf einen Artikel fiel mit der undefinierbar verführerischen Überschrift: ‚Steck deine Nase nicht in alles hinein – es gibt bessere Methoden!‘… Der Historiker Tomas Söderblom in Lund, ein bedeutender Sammler von Telefonen sowie Autor von Büchern über die Geschichte der Prostitution und Motorräder, hatte hier einen ganz besonderen Gegenstand aus seiner Sammlung herausgezogen und nutzte ihn als Ausgangspunkt für eine anspruchslose, aber dennoch unvergessliche Exkursion in das unwegsame Terrain der tragikomischen Körperfixierung. Der fragliche Gegenstand war ein Zellopunkt Nasenformer Modell 21 aus dem späten 19. Jahrhundert: ein Apparat mit der gleichen Funktion wie eine Zahnklammer, statt für Zähne jedoch dafür konstruiert, verunstaltende Nasen zu korrigieren. "
Die literarisch hochkarätigsten 15 Quadratkilometer Inselboden Schwedens
Die eigentliche erste Erfahrung als Schriftsteller machte Fredrik Sjöberg mit einem kleinen Band, den er über die Insektensammlung des Nobelpreisträgers Tomas Tranströmer schrieb anlässlich des 70. Geburtstags des Dichters. Nicht nur wohnte Sjöberg schon damals auf Runmarö, der Insel, auf der auch Tranströmer sein Sommerhaus hatte. Dort begann er auch mit dem Schwebfliegensammeln. Runmarö im Stockholmer Schärengarten ist nicht irgendeine Insel. Es dürften die literarisch hochkarätigsten 15 Quadratkilometer Inselboden Schwedens sein.
Auf der Ostseite verbrachte August Strindberg viele Sommer. Hjalmar Söderberg, Zeitgenosse Strindbergs, mietete sich mit seiner ersten Frau hier ein, bevor er Runmarö in seinem Roman "Das ernsthafte Spiel" verewigte. Für Sjöberg wurde die Insel zu einem Biotop, das ihn eine neue Sprache lehrte, denn Natur lesen, sagte er einmal, hat etwas damit zu tun, eine Sprache zu lernen. Ebenso wie das Sammeln etwas mit Denken zu tun hat.
Ein Essay stellt das Genre selbst in den Mittelpunkt, das seit Montaigne zu den herausfordernsten Textsorten gehört. In seiner hybriden Form macht es Anleihen bei philosophischen, biografischen, literarischen und historisch-wissenschaftlichen Schreibweisen. "Über die Kunst des Essays" ist ein geschickter Text, der das Verfertigens eines Essays beispielhaft vorführt und es zugleich unterhaltsam analysiert.
"Einen Essay zu schreiben, liegt durchaus im Bereich des Möglichen, aber zu erklären, was genau ein Essay ist, hat sich in den letzten fünfhundert Jahren als schwierig erwiesen. … Der Begriff Essay ist so schemenhaft, dass sich die Gattung zu einer Art Unterschlupf im Wald für all jene Autoren entwickelt hat, die nicht wirklich wissen, was sie da eigentlich treiben oder warum, aber solche Beobachtungen dürfen uns bei unserer Untersuchung nicht im Weg stehen. Im Übrigen wollten wir ja über Geld sprechen. Das Gold ist natürlich nur ein strategischer Vorwand, mit dessen Hilfe wir umgehend zwei Grundvoraussetzungen für die Kunst des Essays ins Auge fassen können. Erstens: Der Leser hat reichlich Zeit. Zweitens: Man kann sich nicht darauf verlassen, dass er oder sie sich für das Thema des Textes interessiert. …Es tut mir leid, aber außer Geld, Sex und den Unzulänglichkeiten von persönlichen Bekannten gibt es nur wenige Themen, bei denen man mit bedingungsloser Aufmerksamkeit rechnen kann. … Also ist es von Vorteil, sich den Auftrag so vorzustellen, als handele es sich um eine angestrengte Tischkonservation bei einem feineren Dinner. Sie wissen schon. Man sitzt da und stochert in seinem Krabbencocktail und es quält einen der Verdacht, dass die Dame zur Rechten sich ein wenig langweilt. … Angriff ist die beste Verteidigung. Man verschlingt seine Krabben, trinkt einen Schluck Wein, neigt sich leicht zu seiner Tischnachbarin hin und fragt: Haben Sie eigentlich schon einmal von der Madagaskar-Affäre gehört?"
Auch Lenin ein Thema
Leser werde nicht nur Zeugen der Verfertigung eines Essays, sondern erfahren auch von einem skurrilen politischen Skandal aus dem 18. Jahrhundert, in den auch Karl XII. verwickelt war. Um die leere schwedische Staatskasse aufzufüllen, wollte Schweden Seeräubern aus dem Indischen Ozean Asyl bieten unter der Bedingung, dass sie ihren Reichtum mit nach Schweden brachten. Das Vorhaben verlor sich jedoch in endlosen Verwicklungen, die Sjöberg kleinteilig nachverfolgt hat.
Ein andere historische Episode, auf die Sjöbergs Blick fällt, hat mit Lenin und Schrebergärten zu tun. Als Lenin 1903 in Stockholm Station machte, wurde er von Anna Lindhagen vom Bahnhof abgeholt. Lindhagen war eine schillernde Figur in der jungen schwedischen Naturschutzbewegung und eine Verfechterin von Schrebergärten. Das Treffen mit der linken Umweltschützerin hätte, so Sjöberg, die Oktoberrevolution in eine andere Richtung lenken können. Wären nicht Hammer und Sichel ihre Symbole gewesen, sondern Schmetterlingsnetz und Korkenzieher aus der Natur-und Gartenlandschaft, wäre es vermutlich unblutiger abgegangen.
"Schauen Sie sich an, sagte Anna, was die Proletarier brauchen. Für jeden ein Fleckchen Erde, ein kleines nur, und einen Spaten. Der Mann in dem braunen Anzug blieb reserviert, skeptisch. Nähere Details zu dieser Begebenheit sind leider nicht überliefert. Doch auch das Wahrscheinliche hat es bekanntermaßen verdient, überliefert zu werden. Manchmal sagt es sogar mehr aus als die Wahrheit. Und völlig auszuschließen ist diese Begegnung mitten zwischen Scilla und Krokus im Sonnenschein auf Södermalm keineswegs."
Abschweifungen sind dem Essayisten erlaubt
Auch der Name einer Fledermaushöhle kann Sjöbergs Denken in Bewegung setzen. Während seines Aufenthaltes in der Villa Concordia in Bamberg, wo Sjöberg zwischen 2009 und 2010 Stipendiat war, stieß er auf die Bing-Höhle. Der Name setzte ein assoziatives Feuer in Gang, angefangen bei Hildegard von Bingen über den Nürnberger Spielzeugfabrikanten Ignaz Bing bis hin zum Bingvergaser eines Mofas, das Sjöberg als Teenager besaß. Er spürte allem nach, was ihm Recherche und Zufall in die Hände spielten.
Abschweifungen sind dem Essayisten erlaubt. So entdeckte er auf einsamen Spaziergängen durch die fränkische Schweiz die Natur der Romantiker oder vielmehr, dass diese Natur nicht der reinen Fantasie romantischer Dichter entsprungen war, sondern in den Schluchten und Felsvorsprüngen Frankens ein Äquivalent hat. Die Recherche führte ihn auch zu den Stolpersteinen auf Bambergs Bürgersteigen und damit zum Nationalsozialismus. Im Erstaunen Sjöbergs über die grausame Vernichtung der jüdischen Fabrikantenfamilie Bing klingt die manchmal weltentrückt wirkende, schwedische Geschichtsvergessenheit an. Ganz anders Sjöbergs Blick auf deutsche Touristen, die ihm in Südschwedens Wäldern begegnen.
"Ich sah sie schon von weitem ein junges Paar mit zwei kleinen Kindern. Der Anblick war in gewisser Weise rührend, ein wenig pathetisch, denn sie sahen wirklich verloren aus in dem, was von einem mehrere hundert Jahre alten Kiefernwald übrig geblieben war. Es hatte gebrannt. Ein größerer Teil des Naturschutzgebietes war nach einem Waldbrand gespenstisch verkohlt. … Sie kamen aus Düsseldorf. Gebildete, naturliebende Touristen, die zustimmend nickten und auch ein todernstes Verständnis zum Ausdruck brachten, als ich ihnen erklärte, dass man den Brand absichtlich gelegt hatte. So standen wir eine Weile zusammen …, bis ich mich, als wäre ich der örtliche Gastgeber, genötigt sah, ihnen mitzuteilen, dass ganz offensichtlich etwas schiefgelaufen war. Die Landzunge sah verheerend aus. Die netten Deutschen stimmten mir daraufhin noch beflissener zu."
Von der Ökologie hin zur Ästhetik
Hier spricht der Naturschützer Sjöberg, der mehrere Bücher zum Umweltschutz verfasste. Der Essay "Die Ideengeschichte der Stecknadelflechten" dreht sich um unser heutiges Verständnis vom Naturschutz. Sjöberg möchte der Vermutung nachgehen, dass der Liebreiz einer Landschaft zukünftig ein wichtiges Argument der Naturpolitik werden könnte und unternimmt dazu eine Reise ins småländische Västervik, die Gegend seiner Kindheit.
"Ich kam an einem windstillen Abend in der Dämmerung dort an. Die Temperatur lag immer noch bei zweiundzwanzig Gad, die Stimmung war magisch. Und dann gehörte die Straße mir, denn im Fernsehen lief Fußball; in einsamer Majestät konnte ich über Ålem, Blomstermåla und Hornsö bis nach Sinnerbo hinauffahren, mit einer Geschwindigkeit von dreißig Stundenkilometern… Die Straße war leer und verlassen und ich fuhr mit heruntergelassenen Seitenfenstern wegen des Ziegenmelkers, des Wiesenknarrers, der Düfte…"
Sjöberg plädiert dafür, nicht ausschließlich Fakten als Argumente für den Naturschutz ins Feld zu führen. Der Blickwinkel müsse von der Ökologie hin zur Ästhetik verschoben werden. Auch wenn das eigensinnig erscheinen mag, steht er damit doch in einer historischen Tradition. Bevor 1909 in Schweden das erste Naturschutzgesetz verabschiedet wurde, war es nicht unüblich, Schönheit als schlagende Begründung ins Feld zu führen, wie ein Aufsatz von Bengt Lidforss von 1904 verdeutlicht. Dieser historisch geschulte Blick ermöglicht es Sjöberg auch, sich frei zu machen von den Schlagworten aktueller Debatten.
"Ehrlicher und deshalb auch politisch überzeugender wäre es, häufiger zuzugeben, dass die Antriebskraft sich aus der Liebe zu und der Sehnsucht nach dem speist, was zu Lidforss‘ Zeiten Naturschönheit genannt wurde. Diese Schönheit lässt sich nicht mit einem Gaschromatographen messen, das ist wahr, und sie lässt sich auch schwerlich in die Diagramme und Tabellen der Roten Listen über aussterbende Arten zwängen, aber das schreckt zumindest mich nicht ab, sie ernst zu nehmen, ebenso wenig wie die Tatsache, dass ästhetische Vorlieben dieser Art bis zu einem gewissen Grad von der Herkunft des Betrachters abhängen - was nicht gleichbedeutend mit engstirnigem Nationalismus sein muss."
Am Ende ein Optimist
Bei seiner Erforschung der Spuren von Raubbau und Renaturalisierung folgt Sjöberg einer Reiseroute des Schriftstellers Vilhelm Morberg. Wie sonst lehnt er sich auch hier wieder an einen großen Mann aus der Vergangenheit an. Morberg durchquerte in den 1970er-Jahren mit dem Fahrrad die Provinz Kalmar und verfasste dazu einen düsteren Text. Einen zornigen Pessimisten, nennt Sjöberg ihn, den die Umweltbewegung der 70er-Jahren gut gebrauchen konnte. Er selbst sieht sich als Optimisten. Wenn man die Welt retten wolle, sagte er in einem Interview mit dem "Guardian", sei es das Beste, in den Menschen Vergnügen an der Natur zu wecken, statt immer ihren Untergang zu prophezeien.
"Es ist nicht meine Absicht, die gegenwärtige Naturpolitik zu idealisieren. Alles kann immer noch besser werden. Ich habe nicht vor, einen vorbehaltlosen Lobgesang darüber anzustimmen, …wie es in meiner småländischen Landschaft im Sommer 2008 aussieht, muss aber dennoch den Unterschied betonen – die trotz allem positive Entwicklung seit meiner Kindheit – und sei es auch nur, um die Erleichterung und Gedankenfreiheit hervorzuheben, die dieser Trend einem beschert. Naturweisen, Heuwiesen, Waldweiden, dickstämmige Laubbäume… sind heute allesamt Gegenstand massiver finanzieller Unterstützung, die an die Landwirte fließt. Die Landschaft, die früher einfach so entstand, häufig als Nebenwirkung des menschlichen Strebens, Hunger zu vermeiden, ist selbst zu einem Produktionsziel geworden. Biologische Vielfalt, Erholung und nicht zuletzt – Schönheit."
Spätestens da ist aus dem sympathischen Eigenbrötler ein weltzugewandter Nachdenker geworden, wie er da auf einer Klippe sitzt und übers Land schaut, 34 Mobilfunkmasten zählt, und lange darüber nachdenkt, was er davon hält. Am Ende des kuriosen Essaybandes "Wozu macht man das alles" steht das Bekenntnis, das Sammlerstadium demnächst verlassen zu wollen, um von nun an die Geschichte als Ganzes zu begreifen.
Fredrik Sjöberg: "Wozu macht man das alles?". Geschichten und Essays, Edition Akzente, Hanser Verlag, 224 Seiten, 19,90 Euro.