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Freiburg investiert in Bildung

Auch in Freiburg muss gespart werden, aber - das ist erklärtes Ziel der Stadt - auf gar keinen Fall in der Bildung. Im Gegenteil: Dort hat die Stadt in den vergangenen Jahren sogar ordentlich Geld in die Hand genommen: Wenn's um Bildung geht, wollen die Freiburger klotzen und nicht kleckern.

Von Thomas Wagner |
    Die Freiburgerinnen und Freiburger geben sich gerne als "Bildungsbürgertrum". Seit 2008 dürfen sie im Rahmen des Projektes "Beteiligungshaushalt" darüber abstimmen, für welche Schwerpunkte die Stadt Geld ausgeben soll.

    "Mit dem Ergebnis, das in der Priorisierung Bildung tatsächlich an erster Stelle stand, und zwar Bildung einschließlich Betreuung, was wir auch als frühkindliche Bildung verstehen."

    So richtig überrascht hat das Ergebnis Walter Preker, den Sprecher der Stadt Freiburg, nicht.

    "Freiburg ist eine Stadt, die sehr stark durch die Universität geprägt ist. An der Universität sind etwa 15.000 Menschen beschäftigt, einschließlich des Klinikums. Wir haben etwa 30.000 Studierende in der Stadt, damit auch eine Bürgerschaft, die eine gewisse Sensibilität hat für die Notwendigkeit von Bildung und die auch bereit ist, zu investieren."

    Und dies nicht zu knapp: Obwohl die Abstimmungen über den Beteiligungshaushalt unverbindlich sind, gibt Freiburg 30 bis 40 Millionen Euro pro Jahr gibt die Stadt für Sanierung und Umbau der 60 Schulen in der Stadt aus. Sie werden vor allem mit Cafeterias und Mensen ausgestattet, was für die Ganztagsbetreuung wichtig ist. Darüber hinaus hat Freiburg schon vor vier Jahren ein eigenes "Bildungsbüro" in Zusammenarbeit mit dem Land Baden-Württemberg gegründet. Dessen Aufgabe besteht darin, die Stärken und Schwächen der Schulen zu erfassen, schulübergreifende Angebote vernetzend zu planen und andere Bildungseinrichtungen mit an Bord zu holen. Das regionale Bildungsbüro erarbeitete einen der ersten kommunalen Bildungsberichte bundesweit – eine wichtige Arbeit, um Schwachstellen im Bildungssystem der Stadt zu erkennen. Rolf Wiedenbauer, Leiter des Bildungsbüros:

    "Wir haben zum Beispiel als ein Entwicklungsfeld eine höhere Wiederholerquote in den Schulen, gemessen am Landesschnitt. Die Zahlen, die waren immer schon da, die haben niemand interessiert. Aber jetzt können wir halt schauen: Wie können wir gemeinsam, Kommune und Schulaufsicht, mit den Schulen zusammen überlegen, dieses Problem anzugehen."

    Das Bildungsbüro betreibt in diesem Fall Ursachenanalyse, unterbreitet Vorschläge zur Abhilfe und sucht dabei die notwendigen Partner. Dabei arbeitet das städtische Bildungsbüro auch mit der Universität und den drei weiteren in Freiburg ansässigen Hochschulen zusammen. Rolf Wiedenbauer nennt für diese Form der Kooperation ein weiteres Beispiel:

    "Studenten machen an den Gymnasien die 'Über-Mittags-Betreuung' und bekommen dafür wieder bestimmte Credit-Points und bekommen Erfahrung mit Kinder und Jugendlichen. Wir haben das Programm 'Mentor-Migration', wo Studierende der verschiedenen Hochschulen systematisch in Freiburger Grundschulen Kinder mit Migrationshintergrund im Bereich Sprachförderung, aber auch bei der Freizeitgestaltung unterstützen."

    Die Beispiele für kommunale Projekte, die das Bildungsbüro organisiert, sind vielfältig: Sogenannte 'Forschungsecken' an den Schulen sollen die Lust am naturwissenschaftlichen Experiment fördern; das Projekt "Alle lernen ein Instrument" an den Grundschulen zielt auf die musische Bildung; spezielle Ferienangebote mit Sprachförderung haben die Verbesserung der Deutsch- und Fremdensprachenkenntnisse im Fokus. Alles in allem bezahlt Freiburg für solche Projekte pro Jahr rund 1,6 Millionen Euro, bekommt davon aber einen Teil wieder von Stiftungen zurück .In Ergänzung zum Bildungsbüro hat die Stadt im vergangenen September zusätzlich das Projekt "Leif" ins Leben gerufen. Das steht für: "Lernen, Erleben in Freiburg." und bündelt lebenslange Lernangebote. Veronika Schoenstein leitet das neue "Leif-Büro":

    "Ich möchte mal auf ein ganz konkretes Beispiel eingehen: Kinder mit Migrationshintergrund im Kindergarten sollen einem Sprachförderangebot begegnen, dass abgestimmt in der Grundschule aufgegriffen wird und durch das weitere schulische Leben durch eine gute Abstimmung rund läuft, sodass der junge Mensch, wenn er die Schule verlässt, in eine Ausbildung hineinkommen kann und, auch Betriebe eine Form der Unterstützung bekommen in der Begleitung dieses Menschen, sodass diese Biografie bruchfreier geht."

    Damit wird auch klar: Investition in Bildung zahlt sich für eine Stadt wie Freiburg aus. Bürgerinnen und Bürger mit gutem Bildungshintergrund lassen sich eher ins Arbeitsleben integrieren und fallen den Sozialkassen nicht zur Last. Doch nicht nur deshalb sei jeder Euro in kommunale Bildungsangebote gut angelegt, glaubt Rolf Wiedenbauer, Leiter des regionalen Bildungsbüros Freiburg:

    "Wir sind in einer Wissensgesellschaft. Wir sehen es jetzt auch in der Krise. Wir sehen, dass die Wirtschaft zunehmend ein Defizit hat im Bereich der Fachkräfte und der Qualifizierung. Das heißt: Die Kommunen werden auch in Zukunft gut aufgestellt sein, die sich dem Thema Bildung widmen. Es wird auch ein Standortfaktor sein. Betriebe werden sich danach orientieren, wie gut aufgestellt ist die Bildung in der jeweiligen Stadt."

    Deshalb lautet in Freiburg auch weiterhin die Devise: Keine grundsätzlichen Einschnitte in die kommunalen Bildungsinvestitionen, trotz aller finanziellen Engpässe. Lediglich im Schulsanierungsprogramm könnten sich die Freiburger bei anhaltend klammen Finanzen eine zeitliche Streckung der Bauvorhaben vorstellen.