Busterminal am Frankfurter Hauptbahnhof. Pünktlich um 11.30 Uhr startet ein Reisebus mit der Aufschrift "DeinBus.de". Sein Ziel ist München, Zwischenstation Stuttgart Flughafen. Dort besteht Bus-Anschluss nach Tübingen. An Bord 13 Fahrgäste, darunter ein Ehepaar mit Kleinkind:
"Ich habe bis vor Kurzem eigentlich immer die Bahn benutzt. Aber ich muss sagen: Da ich sehr häufig von München nach Frankfurt fahre, ist mir die Bahn einfach zu teuer geworden."
"Ja, eigentlich schon aus Kostengründen. Weil's halt doch deutlich günstiger ist, als die Bahn ist."
"Ich kann sagen, das Angebot war für mich sehr gut, weil's direkt nach Frankfurt ging und ich studier' in Tübingen. Und im Vergleich zur Deutschen Bahn gibt's nicht viel mehr Verspätung und preis-leistungsmäßig stimmt das schon. Ich hab' rechtzeitig gebucht und hab' nur neun Euro bezahlt. Da kann die Bahn leider nicht mithalten."
Es läuft gut an diesem Werktag. Der Bus kommt sogar einige Minuten früher als geplant am Stuttgarter Flughafen an. Manche Fahrgäste nutzen den Aufenthalt für eine Zigarettenpause, andere steigen um in den Anschlussbus nach Tübingen.
Die Firma "DeinBus" betreibt inzwischen ein Netz aus mehreren Fernbuslinien in Süddeutschland. Wichtige Stationen sind außer Großstädten wie Frankfurt, München und Stuttgart auch manche Zentren in der Provinz und vor allem Universitätsstädte.
Wer früh online bucht, zahlt für die Fahrt von Frankfurt nach München im günstigsten Fall neun Euro. Wer spät dran ist, muss höchstens 40 Euro investieren. Mit einer Bahncard50, die den Preis für eine Bahnfahrt im ICE halbiert, kostet Frankfurt-München 49 Euro.
Der ICE ist jedoch schneller und schafft die Strecke in drei Stunden und 35 Minuten, während "Dein Bus" fünf Stunden und 25 Minuten einplant.
Die Gründer des Unternehmens "Dein Bus" sind drei junge Leute. Sie haben ihre Geschäftsidee gegen den Widerstand der Deutschen Bahn durchgesetzt. Denn der Staatskonzern berief sich auf ein Gesetz aus den 1930er-Jahren. Es verhinderte nationale Fernbuslinien, um den Personenfernverkehr auf der Schiene zu schützen. Ausnahme: die Fernbusse der Deutschen Bahn. Zum 1. Januar fiel dieses Gesetz, das Wettbewerb verhinderte. Ein neuer Markt ist entstanden.
Die jungen Pioniere von "DeinBus" schicken keine eigenen Busse auf Reisen, erklärt Christian Janisch, einer der Gründer des Unternehmens:
"Es gibt ja ein paar sehr, sehr schlaue Grundsätze und einer heißt - den wir uns immer sagen: Nutze die Energie bestehender Systeme. Und diese Systeme sind eben mittelständische Busunternehmen, die Lust haben auf den Fernbusmarkt. Und mit denen kooperieren wir. Das Ganze sieht so aus, dass wir die Busse nicht chartern, sondern mit diesen Busunternehmen kooperieren. Das heißt: Die Busunternehmen sind selbst am Verlust und Gewinn jeder Linie beteiligt und dadurch natürlich auch ganz stark motiviert, 'ne tolle Leistung zu bringen und ein schönes Gefühl für alle Fahrgäste. Was besser ist, als hätten wir reine Subunternehmerverträge. Da wären die Busunternehmen natürlich nur daran interessiert, den vertraglich vereinbarten Standard zu bringen. Und das liegt nicht in beider Interesse."
Nach demselben Prinzip arbeitet auch ein anderes sogenanntes Start-up-Unternehmen namens "MeinFernbus" mit Sitz in Berlin. Zwischen Stuttgart und Freiburg pendeln in seinem Auftrag mehrmals am Tag Fahrzeuge des Tübinger Busunternehmens Kocher-Lutz. Es betrieb schon vor der Liberalisierung des nationalen Fernbusverkehrs eine Linie zwischen Tübingen und München. Das neue Tätigkeitsfeld beurteilt Geschäftsführer Stephan Kocher verhalten optimistisch:
"Wir gehen davon aus, dass es in ein paar Jahren in der Gesamtsumme richtig boomt. Aber im Moment sind wir noch am Anfang, aber die Tendenzen sind definitiv nach oben zeigend."
Bei Weitem nicht alle mittelständischen Busunternehmen sehen das so positiv. Denn viele Firmen, die derzeit auf den Markt drängen, versuchen sich mit Schnäppchenpreisen zu profilieren. Selbst alteingesessene Firmen wie das Busunternehmen Gross aus Heilbronn halten sich zurück. Bereits in der Vergangenheit musste es eine Fernbusverbindung, in die es große Hoffnungen gesetzt hatte, aufgeben.
Aus wirtschaftlichen Gründen, sagt Geschäftsführer Andreas Kühner. Er gehört auch dem Vorstand des Verbands baden-württembergischer Omnibusunternehmer an:
"Also es ist gerade in der Branche so 'ne Goldgräberstimmung. Bedarf ist auf jeden Fall da, gerade zwischen Zentren, ich sag' mal jetzt Tübingen-München, Freiburg-München, wo schon etablierte Linien sind, wo Studenten leben, junge Menschen, die einfach einen Bedarf haben an 'ner günstigen Mobilität. Die vielleicht auch zeitlich ein bisschen mehr Freiräume haben. Das Risiko für den Unternehmer ist sehr hoch. Er braucht schon meines Wissens eine Grundauslastung, so um die 30 Personen, die man hier langfristig im Omnibus braucht."
30 Reisende pro Fahrt. Das ist überhaupt kein Problem auf verkehrsstarken Achsen wie Berlin-Hamburg oder Köln-Frankfurt. Und dort können ICE und Fernbus gut nebeneinander existieren. Dennoch reagiert Ulrich Homburg als DB-Vorstand für den Personenverkehr etwas gereizt auf die neue Konkurrenz durch nationale Fernbuslinien:
"Also wer's attraktiv findet, viele Stunden in einem - ich sag' mal - sicherlich sehr beschränkt komfortablen Bus zu sitzen und das für wenig Geld, der soll das tun. Darauf werden wir uns nicht einlassen. Also wir werden keinerlei Preiskampf mit Fernbussen führen oder ähnlichem. Wir sind der Überzeugung, dass unser Angebot auf der Schiene so attraktiv ist, dass wir hier - ich sag' mal- uns ohne irgendeine Reaktion auf den Fernbus behaupten können."
Dabei verschweigt Bahnmanager Homburg, dass Züge oft überfüllt sind und die Reisenden stehen müssen. Ganz im Gegensatz zu den Fernbussen, für die nur so viele Fahrkarten verkauft werden dürfen, wie es Sitzplätze gibt.
Außerdem gehört die Deutsche Bahn seit Langem zu den führenden Fernbusunternehmen im Lande. Fernbusse, die unter der Regie der DB AG unterwegs sind, erschließen heute weite Teile des Bundesgebietes zwischen Flensburg im Norden und Berchtesgaden im Süden. Nicht selten bedienen sie sogar dieselbe Strecke wie ICE-Züge. Zum Beispiel zwischen Hamburg und Berlin.
Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob der Bus nicht doch eine Alternative sein könnte für mäßig ausgelastete Fernzüge auf manchen schlecht ausgebauten Strecken. Ein Präzedenzfall ist die erfolgreiche Fernbuslinie München-Prag der Deutschen Bahn, ein anderes Beispiel sind Expressbusse von und zu bayerischen Heilbädern und Ferienorten, die aus Sicht der DB AG in einem toten Winkel liegen.
Jedenfalls ist nicht auszuschließen, dass eines Tages Fernzüge auf Strecken wie Stuttgart-Zürich oder Nürnberg-Dresden, die schon heute schwächeln, durch Fernbusse ersetzt werden. Denn ihre wirtschaftliche und ökologische Bilanz fällt besser aus als die für Züge, die halb leer durch die Landschaft bummeln.
Mit der Münchner S-Bahn zum neuen Busterminal, mitten in der Stadt, nur eine Station vom Hauptbahnhof entfernt.
Unter dem gewölbten Dach eines neuen Einkaufszentrums befinden sich die Bussteige. Dort steht auch ein Bus, der im Auftrag der Firma "MeinBus" von München über Konstanz nach Zürich fährt. Der akkurat gekleidete Fahrer ist ein Portugiese, der in der Schweiz lebt. Er begrüßt seine Fahrgäste. Einige jüngere Leute, aber die meisten Reisenden dürften 40 und älter sein. Der Fahrer ist ausgesprochen freundlich und zuvorkommend.
"Ich haben heute 36 Personen - bis jetzt. Laufen sehr guat."
"Was ist das schön, dass es diese Verbindung gibt. Das war so kompliziert, immer nach München zu kommen von Konstanz aus. Und jetzt haben wir das mit dem Bus viel schöner."
Denn mit der Bahn von Konstanz nach München zu reisen, ist eine Zumutung. Man muss mehrmals umsteigen. Offenbar hat die Deutsche Bahn inzwischen kein Interesse mehr daran, die Verbindung zu verbessern. Schon wieder wurde die bereits zugesagte Elektrifizierung einer wichtigen Strecke durch das Allgäu verschoben. Und die neuen Fernbuslinien verzeichnen eine enorme Nachfrage.
Bundesweit gehen nun möglicherweise rund einhundert Unternehmen an den Start, darunter auch viele kleinere und mittelständische Betriebe. Den Ton geben jedoch wenige große, international aufgestellte Player an. Die Deutsche Touring, die selbst einmal eine Bahntochter war, hat für dieses Jahr rund 35 neue innerdeutsche Fernbuslinien angekündigt. Am Start stehen ein britischer Verkehrskonzern und ein französischer.
Eine besonders große Herausforderung wird die Deutsche Post auf die Räder bringen. Zusammen mit dem Autoclub ADAC soll ein bundesweites Fernbusnetz aus dem Boden gestampft werden.
"Wir werden natürlich auch mit einzelnen Pilotstrecken anfangen, um das Modell langsam hochfahren zu lassen. Aber wir werden im Wesentlichen im Ausbau über 60 Städte in Deutschland anfahren. Und das ist eine Vernetzung, die sozusagen alle größeren Städte um die 150 bis 200 Tausend Einwohner miteinander verbindet."
Sagt Marc Fleischhauer, der zuständige Manager beim ADAC. Pikanterie am Rande: Fleischhauer kam von der DB AG und war dort an der Entwicklung der Bahncard beteiligt.
Die Geschäftsstellen des Automobilclubs und die vielen Postfilialen sollen als Verkaufsagenturen für das neue Busangebot dienen, das natürlich auch online vermarktet wird.
Mitte 2014 soll das Netz der ADAC-Post-Busse stehen. Und seine Initiatoren denken sowohl an Busse, die im Auftrag fahren, als auch an eine eigene Busflotte.
"Zunächst einmal gehen wir natürlich auf die etablierten Busunternehmen zu, die auch in vielen Regionen unterwegs sind, die ja heute alle einen Wunsch haben: natürlich eine Vermarktungskompetenz, die deutschlandweit wirkt. Und dafür stehen wir am langen Ende ja auch. Wir sind aktuell in Gesprächen mit vielen Busunternehmern und auch mit Busherstellern und den Kommunen, die für die Haltepunkte zuständig sind."
Aber wie kann der Aufbau des Busnetzes finanziert werden?
"Dieses Modell, was wir dort gerade vorbereiten, soll aus den Fahrgelderlösen leben. Weder das Briefporto muss dafür erhöht werden noch die ADAC-Mitgliedsbeiträge. Wir modellieren das ganze Konzept so, dass es sich sozusagen eigenfinanziert trägt."
Die Überlegungen des ADAC-Managers Marc Fleischhauer gehen sogar über den Personenverkehr hinaus. Ihre Verwirklichung wäre eine Kampfansage an die DB AG, die dafür wirbt, Kuriergut im ICE und in anderen Fernzügen zu transportieren.
"Unser Kalkül ist nicht, Güter zu transportieren, sondern wir wollen für den Personenfernverkehr eine neue Mobilitätsalternative schaffen. Ich will aber nicht ausschließen, dass man vielleicht am langen Ende auch mal darüber nachdenkt, gewisse Express-Kurierthemen mit aufzunehmen. Ich meine, was gib es Besseres als eine betreute Busfahrt mit einem Busfahrer. Und wenn der von A nach Z in sechs Stunden fährt, warum soll der nicht auch mal einen Kurierdienst mitnehmen. Ich meine, damit erspart man sich ja andere Bewegungen."
Grundsätzlich stellt sich die Frage: Ist es wettbewerbspolitisch sinnvoll, dass nun der staatsnahe Konzern Post dem Staatskonzern Bahn Konkurrenz macht - zu Lasten mittelständischer Busunternehmer wie Stephan Kocher.
"Wir hoffen einfach, dass die Politik weiter wachsam ist und das kontrolliert, was eigentlich der Sinn und Zweck des Gesetzes war: nämlich den Mittelstand zu fördern. Dass diese auch den Fernlinienverkehr betreiben und nicht wenige Große, die über Umwege mit Steuermitteln hier den Markt im Fernlinienverkehr aufmischen."
Trotz allem feiert die Branche, dass der nationale Busfernverkehr nun endlich von Zugangsbeschränkungen befreit worden ist. Also künftig mehr Wettbewerb unter gleichen Bedingungen?
Ulrich Homburg, Vorstand für den Personenverkehr bei der DB AG, hält die Bahn zwar für attraktiver als den Bus, beklagt jedoch zugleich, dass sich mit dieser Liberalisierung die Benachteiligung des Schienenverkehrs fortsetze.
"Das ist ein klares Konkurrenzprodukt, was auch noch steuerlich gefördert ist dadurch, dass es mautbefreit ist. Und wir müssen Trassenbenutzungsgebühren bezahlen. Das ist eine politische Entscheidung, hier wieder eine Wettbewerbsverzerrung herbeizuführen."
Dagegen Bastian Roet vom Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer:
"Die Diskussion um Trassenpreise im Verhältnis zu einer Busmaut, die ist alt. Aber wenn man sich anschaut, was zahlen denn die einzelnen Verkehrsträger wirklich in den Topf rein, von dem die Infrastruktur finanziert wird, dann gibt's Gutachten zum Beispiel vom DIW, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, dass der Bus auf der Autobahn schon 300 Prozent seiner Wegekosten deckt. Das heißt über KFZ-Steuer, über Mineralölsteuer, über Ökosteuern, über viele weitere Abgaben zahlt er das Dreifache von dem, was er in Infrastruktur verbraucht. Die Bahn keine hundert Prozent. Man kann sogar soweit gehen zu sagen: Die Straße, auf der der Bus fährt, subventioniert die Schiene."
Nicht grundsätzlich gegen eine Maut für Busse ist Marc Fleischhauer vom ADAC:
"Wie sich das in vielen, vielen Jahren darstellt, das wird man sehen. Sofern das fair verläuft und alle gleich betrifft, haben wir da nichts dagegen einzuwenden."
Manchen Politikern dürfte allerdings nicht rundum wohl gewesen sein in ihrer Haut, als sie die Liberalisierung des Fernbusverkehrs beschlossen. Zumindest den mit Steuergeldern hoch subventionierten öffentlichen Regionalverkehr wollten sie weiterhin schützten.
Deshalb dürfen Fernbusse nur Fahrgäste mitnehmen, wenn Start und Ziel ihrer Reise mindestens 50 Kilometer voneinander entfernt liegen. Auch wurde eine Regelung im Interesse gehbehinderter Passagiere verabschiedet. Bastian Roet vom Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer nimmt das gelassen. Es gibt Übergangsfristen:
"Ab 2016 müssen neu zugelassene Busse zwei Plätze für Rollstuhlfahrer haben und einen entsprechenden Lift als Einstiegshilfe. Ab 2019 dann, Ende 2019, müssen alle Busse, die im Fernverkehr eingesetzt werden, entsprechende Vorrichtungen haben. Und da kommen wir gesetzlich natürlich nicht raus. Es ist ja auch aber so, dass das für die Zielgruppen - ältere Menschen - einfach auch eine sehr positive Sache ist, wo sich die Unternehmen auch drauf einstellen. Aber die gesetzlichen Übergangsfristen, bis das komplett umgesetzt wird, die sind recht knapp gehalten, wenn man sich überlegt, dass ein Fernreisebus durchaus acht Jahre eingesetzt wird."
Aber zeichnet sich nun tatsächlich ein eng vernetztes System von Buslinien ab, wie die Befürworter der neuen Busfreiheit verkünden? Oder werden sich nur große Verkehrskonzerne gegenseitig Konkurrenz machen und die Kleinen der Branche aus dem Markt drängen?
Solche Fragen stellt sich auch Andreas Kühner vom Busunternehmen Gross in Heilbronn. Er sammelte einige Jahre lang Erfahrungen bei einem Verkehrsbetrieb in den Vereinigten Staaten. Dort faszinierte ihn das landesweite Netz der Greyhound-Busse, die auch Metropolen wie Chicago, Boston oder New York miteinander verbinden.
Greyhound-Busse mögen Touristen begeistern, für viele Amerikaner sind sie mit einem negativen Image verbunden, das auch in Deutschland dem Bus anhaftete. Andreas Kühner erinnert sich an einen bösen Spruch aus Amerika, den man so übersetzten kann: Nur Verlierer benutzen den Bus. Leute also, die wegen ihres Alters, aus gesundheitlichen oder finanziellen Gründen nicht selber Auto fahren können - oder wollen.
"Der Greyhound-Bus, der Omnibus, war eigentlich das Fortbewegungsmittel für Menschen, die wirklich dann auch in Kauf nahmen, eine 48, 72 Stunden lange Busreise zu machen, zig mal umzusteigen. Würde sicher in Deutschland jetzt von der Fläche her nicht ganz so das Vorbild sein. Aber ich könnte mir vorstellen, dass es sich so in diese Richtung entwickelt."
Die Branche scheint jedenfalls gerüstet. Und sie verspricht, auf Qualität zu setzen. Bastian Roet vom Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer:
"Qualität heißt, dass das Unternehmen Fahrzeuge einsetzt, die nicht überaltert sind, dass die regelmäßig gewartet werden, dass der Fahrer rechtzeitig zum Beispiel vor einer längeren Tour anreist, zum Beispiel dann noch eine Nacht hat zur Erholung. Qualität heißt, zum Beispiel die Fahrtzeiten so zu kalkulieren, dass große Strecken in der Nacht gefahren werden müssen."
Zumal Langstreckenbusse heute Schlafsessel haben. Busreisen ist bequemer und sicherer geworden, nicht zuletzt dank neuer Fahrzeugtechnik. Sie entlastet den Fahrer, sagt Andreas Heuke vom schwedischen Bushersteller Volvo.
"Die Getriebe haben wir heute schon automatisiert, das Schalten haben wir ihm abgenommen. Auch das wirtschaftliche Fahren wird ihm mehr und mehr abgenommen werden über GPS-Systeme, die lernen und die dann bereits wissen, wann die nächste Steigung kommt, wann das automatisierte Getriebe zurückschalten soll, wann es wieder hochschalten soll vor dem nächsten Gefälle. Aber letzten Endes wird der Fahrer im Bus immer der Schlüssel zum Erfolg bleiben. Denn wenn Sie jemanden aus Ihrem Bekanntenkreis fragen, wie die Busreise war und der Fahrer war besonders freundlich, wird als erstes der Fahrer gelobt."
Aber auch das ist Realität: Bereits heute klagt die Branche über einen Mangel an Fahrern, sowohl an beruflich qualifizierten Vollzeitkräften als auch an Aushilfen. Bis 2015 werde ein Drittel der Busfahrer in Deutschland in Rente gehen. Nur etwa ein Viertel von ihnen sei unter 35. Besserung ist nicht in Sicht.
Im Betriebsalltag lauern zahlreiche Unwägbarkeiten, meint der Busunternehmer Stephan Kocher.
"Zum Beispiel, dass bislang ein Reisebus im normalen Reisegewerbe circa 100.000 Kilometer fährt. Jetzt ein Fernlinienbus, der fährt im Jahr circa 300.000 Kilometer. Und da ist abzuwarten, wie die Investitionskosten sich entwickeln, was wir dann mit den Bussen machen. Das sind alles noch offene Fragen, mit denen wir auch jetzt ganz neu umgehen müssen in den nächsten Jahren."
Vielleicht beschert die Wiederbelebung des nationalen Fernbusverkehrs sogar der Busindustrie einen Aufschwung. Davon könnten deutsche Firmen wie Daimler und MAN profitieren.
Leise und mit wohlig gedämpftem Rauschen rollt der Bus über die Autobahn. Im Auftrag der jungen Pioniere von "DeinBus" verbindet er Frankfurt, Stuttgart und München. Die Fahrgäste wirken zufrieden, entspannt:
"Das ist halt der einzige Vorteil, den die Bahn schon noch hat, wenn man doch schneller ankommt. Aber momentan ist halt echt der massive Unterschied von den Geldern doch noch entscheidend für mich."
"Jeder, der die Busfahrt bucht, hat auch einen garantierten Sitzplatz. Das haben Sie bei der Bahn nicht. Da müssen Sie für die Reservierung nochmals extra Geld bezahlen. Also von daher würde ich nicht sagen, dass man Abstriche beim Komfort machen muss."
"Ich habe bis vor Kurzem eigentlich immer die Bahn benutzt. Aber ich muss sagen: Da ich sehr häufig von München nach Frankfurt fahre, ist mir die Bahn einfach zu teuer geworden."
"Ja, eigentlich schon aus Kostengründen. Weil's halt doch deutlich günstiger ist, als die Bahn ist."
"Ich kann sagen, das Angebot war für mich sehr gut, weil's direkt nach Frankfurt ging und ich studier' in Tübingen. Und im Vergleich zur Deutschen Bahn gibt's nicht viel mehr Verspätung und preis-leistungsmäßig stimmt das schon. Ich hab' rechtzeitig gebucht und hab' nur neun Euro bezahlt. Da kann die Bahn leider nicht mithalten."
Es läuft gut an diesem Werktag. Der Bus kommt sogar einige Minuten früher als geplant am Stuttgarter Flughafen an. Manche Fahrgäste nutzen den Aufenthalt für eine Zigarettenpause, andere steigen um in den Anschlussbus nach Tübingen.
Die Firma "DeinBus" betreibt inzwischen ein Netz aus mehreren Fernbuslinien in Süddeutschland. Wichtige Stationen sind außer Großstädten wie Frankfurt, München und Stuttgart auch manche Zentren in der Provinz und vor allem Universitätsstädte.
Wer früh online bucht, zahlt für die Fahrt von Frankfurt nach München im günstigsten Fall neun Euro. Wer spät dran ist, muss höchstens 40 Euro investieren. Mit einer Bahncard50, die den Preis für eine Bahnfahrt im ICE halbiert, kostet Frankfurt-München 49 Euro.
Der ICE ist jedoch schneller und schafft die Strecke in drei Stunden und 35 Minuten, während "Dein Bus" fünf Stunden und 25 Minuten einplant.
Die Gründer des Unternehmens "Dein Bus" sind drei junge Leute. Sie haben ihre Geschäftsidee gegen den Widerstand der Deutschen Bahn durchgesetzt. Denn der Staatskonzern berief sich auf ein Gesetz aus den 1930er-Jahren. Es verhinderte nationale Fernbuslinien, um den Personenfernverkehr auf der Schiene zu schützen. Ausnahme: die Fernbusse der Deutschen Bahn. Zum 1. Januar fiel dieses Gesetz, das Wettbewerb verhinderte. Ein neuer Markt ist entstanden.
Die jungen Pioniere von "DeinBus" schicken keine eigenen Busse auf Reisen, erklärt Christian Janisch, einer der Gründer des Unternehmens:
"Es gibt ja ein paar sehr, sehr schlaue Grundsätze und einer heißt - den wir uns immer sagen: Nutze die Energie bestehender Systeme. Und diese Systeme sind eben mittelständische Busunternehmen, die Lust haben auf den Fernbusmarkt. Und mit denen kooperieren wir. Das Ganze sieht so aus, dass wir die Busse nicht chartern, sondern mit diesen Busunternehmen kooperieren. Das heißt: Die Busunternehmen sind selbst am Verlust und Gewinn jeder Linie beteiligt und dadurch natürlich auch ganz stark motiviert, 'ne tolle Leistung zu bringen und ein schönes Gefühl für alle Fahrgäste. Was besser ist, als hätten wir reine Subunternehmerverträge. Da wären die Busunternehmen natürlich nur daran interessiert, den vertraglich vereinbarten Standard zu bringen. Und das liegt nicht in beider Interesse."
Nach demselben Prinzip arbeitet auch ein anderes sogenanntes Start-up-Unternehmen namens "MeinFernbus" mit Sitz in Berlin. Zwischen Stuttgart und Freiburg pendeln in seinem Auftrag mehrmals am Tag Fahrzeuge des Tübinger Busunternehmens Kocher-Lutz. Es betrieb schon vor der Liberalisierung des nationalen Fernbusverkehrs eine Linie zwischen Tübingen und München. Das neue Tätigkeitsfeld beurteilt Geschäftsführer Stephan Kocher verhalten optimistisch:
"Wir gehen davon aus, dass es in ein paar Jahren in der Gesamtsumme richtig boomt. Aber im Moment sind wir noch am Anfang, aber die Tendenzen sind definitiv nach oben zeigend."
Bei Weitem nicht alle mittelständischen Busunternehmen sehen das so positiv. Denn viele Firmen, die derzeit auf den Markt drängen, versuchen sich mit Schnäppchenpreisen zu profilieren. Selbst alteingesessene Firmen wie das Busunternehmen Gross aus Heilbronn halten sich zurück. Bereits in der Vergangenheit musste es eine Fernbusverbindung, in die es große Hoffnungen gesetzt hatte, aufgeben.
Aus wirtschaftlichen Gründen, sagt Geschäftsführer Andreas Kühner. Er gehört auch dem Vorstand des Verbands baden-württembergischer Omnibusunternehmer an:
"Also es ist gerade in der Branche so 'ne Goldgräberstimmung. Bedarf ist auf jeden Fall da, gerade zwischen Zentren, ich sag' mal jetzt Tübingen-München, Freiburg-München, wo schon etablierte Linien sind, wo Studenten leben, junge Menschen, die einfach einen Bedarf haben an 'ner günstigen Mobilität. Die vielleicht auch zeitlich ein bisschen mehr Freiräume haben. Das Risiko für den Unternehmer ist sehr hoch. Er braucht schon meines Wissens eine Grundauslastung, so um die 30 Personen, die man hier langfristig im Omnibus braucht."
30 Reisende pro Fahrt. Das ist überhaupt kein Problem auf verkehrsstarken Achsen wie Berlin-Hamburg oder Köln-Frankfurt. Und dort können ICE und Fernbus gut nebeneinander existieren. Dennoch reagiert Ulrich Homburg als DB-Vorstand für den Personenverkehr etwas gereizt auf die neue Konkurrenz durch nationale Fernbuslinien:
"Also wer's attraktiv findet, viele Stunden in einem - ich sag' mal - sicherlich sehr beschränkt komfortablen Bus zu sitzen und das für wenig Geld, der soll das tun. Darauf werden wir uns nicht einlassen. Also wir werden keinerlei Preiskampf mit Fernbussen führen oder ähnlichem. Wir sind der Überzeugung, dass unser Angebot auf der Schiene so attraktiv ist, dass wir hier - ich sag' mal- uns ohne irgendeine Reaktion auf den Fernbus behaupten können."
Dabei verschweigt Bahnmanager Homburg, dass Züge oft überfüllt sind und die Reisenden stehen müssen. Ganz im Gegensatz zu den Fernbussen, für die nur so viele Fahrkarten verkauft werden dürfen, wie es Sitzplätze gibt.
Außerdem gehört die Deutsche Bahn seit Langem zu den führenden Fernbusunternehmen im Lande. Fernbusse, die unter der Regie der DB AG unterwegs sind, erschließen heute weite Teile des Bundesgebietes zwischen Flensburg im Norden und Berchtesgaden im Süden. Nicht selten bedienen sie sogar dieselbe Strecke wie ICE-Züge. Zum Beispiel zwischen Hamburg und Berlin.
Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob der Bus nicht doch eine Alternative sein könnte für mäßig ausgelastete Fernzüge auf manchen schlecht ausgebauten Strecken. Ein Präzedenzfall ist die erfolgreiche Fernbuslinie München-Prag der Deutschen Bahn, ein anderes Beispiel sind Expressbusse von und zu bayerischen Heilbädern und Ferienorten, die aus Sicht der DB AG in einem toten Winkel liegen.
Jedenfalls ist nicht auszuschließen, dass eines Tages Fernzüge auf Strecken wie Stuttgart-Zürich oder Nürnberg-Dresden, die schon heute schwächeln, durch Fernbusse ersetzt werden. Denn ihre wirtschaftliche und ökologische Bilanz fällt besser aus als die für Züge, die halb leer durch die Landschaft bummeln.
Mit der Münchner S-Bahn zum neuen Busterminal, mitten in der Stadt, nur eine Station vom Hauptbahnhof entfernt.
Unter dem gewölbten Dach eines neuen Einkaufszentrums befinden sich die Bussteige. Dort steht auch ein Bus, der im Auftrag der Firma "MeinBus" von München über Konstanz nach Zürich fährt. Der akkurat gekleidete Fahrer ist ein Portugiese, der in der Schweiz lebt. Er begrüßt seine Fahrgäste. Einige jüngere Leute, aber die meisten Reisenden dürften 40 und älter sein. Der Fahrer ist ausgesprochen freundlich und zuvorkommend.
"Ich haben heute 36 Personen - bis jetzt. Laufen sehr guat."
"Was ist das schön, dass es diese Verbindung gibt. Das war so kompliziert, immer nach München zu kommen von Konstanz aus. Und jetzt haben wir das mit dem Bus viel schöner."
Denn mit der Bahn von Konstanz nach München zu reisen, ist eine Zumutung. Man muss mehrmals umsteigen. Offenbar hat die Deutsche Bahn inzwischen kein Interesse mehr daran, die Verbindung zu verbessern. Schon wieder wurde die bereits zugesagte Elektrifizierung einer wichtigen Strecke durch das Allgäu verschoben. Und die neuen Fernbuslinien verzeichnen eine enorme Nachfrage.
Bundesweit gehen nun möglicherweise rund einhundert Unternehmen an den Start, darunter auch viele kleinere und mittelständische Betriebe. Den Ton geben jedoch wenige große, international aufgestellte Player an. Die Deutsche Touring, die selbst einmal eine Bahntochter war, hat für dieses Jahr rund 35 neue innerdeutsche Fernbuslinien angekündigt. Am Start stehen ein britischer Verkehrskonzern und ein französischer.
Eine besonders große Herausforderung wird die Deutsche Post auf die Räder bringen. Zusammen mit dem Autoclub ADAC soll ein bundesweites Fernbusnetz aus dem Boden gestampft werden.
"Wir werden natürlich auch mit einzelnen Pilotstrecken anfangen, um das Modell langsam hochfahren zu lassen. Aber wir werden im Wesentlichen im Ausbau über 60 Städte in Deutschland anfahren. Und das ist eine Vernetzung, die sozusagen alle größeren Städte um die 150 bis 200 Tausend Einwohner miteinander verbindet."
Sagt Marc Fleischhauer, der zuständige Manager beim ADAC. Pikanterie am Rande: Fleischhauer kam von der DB AG und war dort an der Entwicklung der Bahncard beteiligt.
Die Geschäftsstellen des Automobilclubs und die vielen Postfilialen sollen als Verkaufsagenturen für das neue Busangebot dienen, das natürlich auch online vermarktet wird.
Mitte 2014 soll das Netz der ADAC-Post-Busse stehen. Und seine Initiatoren denken sowohl an Busse, die im Auftrag fahren, als auch an eine eigene Busflotte.
"Zunächst einmal gehen wir natürlich auf die etablierten Busunternehmen zu, die auch in vielen Regionen unterwegs sind, die ja heute alle einen Wunsch haben: natürlich eine Vermarktungskompetenz, die deutschlandweit wirkt. Und dafür stehen wir am langen Ende ja auch. Wir sind aktuell in Gesprächen mit vielen Busunternehmern und auch mit Busherstellern und den Kommunen, die für die Haltepunkte zuständig sind."
Aber wie kann der Aufbau des Busnetzes finanziert werden?
"Dieses Modell, was wir dort gerade vorbereiten, soll aus den Fahrgelderlösen leben. Weder das Briefporto muss dafür erhöht werden noch die ADAC-Mitgliedsbeiträge. Wir modellieren das ganze Konzept so, dass es sich sozusagen eigenfinanziert trägt."
Die Überlegungen des ADAC-Managers Marc Fleischhauer gehen sogar über den Personenverkehr hinaus. Ihre Verwirklichung wäre eine Kampfansage an die DB AG, die dafür wirbt, Kuriergut im ICE und in anderen Fernzügen zu transportieren.
"Unser Kalkül ist nicht, Güter zu transportieren, sondern wir wollen für den Personenfernverkehr eine neue Mobilitätsalternative schaffen. Ich will aber nicht ausschließen, dass man vielleicht am langen Ende auch mal darüber nachdenkt, gewisse Express-Kurierthemen mit aufzunehmen. Ich meine, was gib es Besseres als eine betreute Busfahrt mit einem Busfahrer. Und wenn der von A nach Z in sechs Stunden fährt, warum soll der nicht auch mal einen Kurierdienst mitnehmen. Ich meine, damit erspart man sich ja andere Bewegungen."
Grundsätzlich stellt sich die Frage: Ist es wettbewerbspolitisch sinnvoll, dass nun der staatsnahe Konzern Post dem Staatskonzern Bahn Konkurrenz macht - zu Lasten mittelständischer Busunternehmer wie Stephan Kocher.
"Wir hoffen einfach, dass die Politik weiter wachsam ist und das kontrolliert, was eigentlich der Sinn und Zweck des Gesetzes war: nämlich den Mittelstand zu fördern. Dass diese auch den Fernlinienverkehr betreiben und nicht wenige Große, die über Umwege mit Steuermitteln hier den Markt im Fernlinienverkehr aufmischen."
Trotz allem feiert die Branche, dass der nationale Busfernverkehr nun endlich von Zugangsbeschränkungen befreit worden ist. Also künftig mehr Wettbewerb unter gleichen Bedingungen?
Ulrich Homburg, Vorstand für den Personenverkehr bei der DB AG, hält die Bahn zwar für attraktiver als den Bus, beklagt jedoch zugleich, dass sich mit dieser Liberalisierung die Benachteiligung des Schienenverkehrs fortsetze.
"Das ist ein klares Konkurrenzprodukt, was auch noch steuerlich gefördert ist dadurch, dass es mautbefreit ist. Und wir müssen Trassenbenutzungsgebühren bezahlen. Das ist eine politische Entscheidung, hier wieder eine Wettbewerbsverzerrung herbeizuführen."
Dagegen Bastian Roet vom Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer:
"Die Diskussion um Trassenpreise im Verhältnis zu einer Busmaut, die ist alt. Aber wenn man sich anschaut, was zahlen denn die einzelnen Verkehrsträger wirklich in den Topf rein, von dem die Infrastruktur finanziert wird, dann gibt's Gutachten zum Beispiel vom DIW, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung, dass der Bus auf der Autobahn schon 300 Prozent seiner Wegekosten deckt. Das heißt über KFZ-Steuer, über Mineralölsteuer, über Ökosteuern, über viele weitere Abgaben zahlt er das Dreifache von dem, was er in Infrastruktur verbraucht. Die Bahn keine hundert Prozent. Man kann sogar soweit gehen zu sagen: Die Straße, auf der der Bus fährt, subventioniert die Schiene."
Nicht grundsätzlich gegen eine Maut für Busse ist Marc Fleischhauer vom ADAC:
"Wie sich das in vielen, vielen Jahren darstellt, das wird man sehen. Sofern das fair verläuft und alle gleich betrifft, haben wir da nichts dagegen einzuwenden."
Manchen Politikern dürfte allerdings nicht rundum wohl gewesen sein in ihrer Haut, als sie die Liberalisierung des Fernbusverkehrs beschlossen. Zumindest den mit Steuergeldern hoch subventionierten öffentlichen Regionalverkehr wollten sie weiterhin schützten.
Deshalb dürfen Fernbusse nur Fahrgäste mitnehmen, wenn Start und Ziel ihrer Reise mindestens 50 Kilometer voneinander entfernt liegen. Auch wurde eine Regelung im Interesse gehbehinderter Passagiere verabschiedet. Bastian Roet vom Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer nimmt das gelassen. Es gibt Übergangsfristen:
"Ab 2016 müssen neu zugelassene Busse zwei Plätze für Rollstuhlfahrer haben und einen entsprechenden Lift als Einstiegshilfe. Ab 2019 dann, Ende 2019, müssen alle Busse, die im Fernverkehr eingesetzt werden, entsprechende Vorrichtungen haben. Und da kommen wir gesetzlich natürlich nicht raus. Es ist ja auch aber so, dass das für die Zielgruppen - ältere Menschen - einfach auch eine sehr positive Sache ist, wo sich die Unternehmen auch drauf einstellen. Aber die gesetzlichen Übergangsfristen, bis das komplett umgesetzt wird, die sind recht knapp gehalten, wenn man sich überlegt, dass ein Fernreisebus durchaus acht Jahre eingesetzt wird."
Aber zeichnet sich nun tatsächlich ein eng vernetztes System von Buslinien ab, wie die Befürworter der neuen Busfreiheit verkünden? Oder werden sich nur große Verkehrskonzerne gegenseitig Konkurrenz machen und die Kleinen der Branche aus dem Markt drängen?
Solche Fragen stellt sich auch Andreas Kühner vom Busunternehmen Gross in Heilbronn. Er sammelte einige Jahre lang Erfahrungen bei einem Verkehrsbetrieb in den Vereinigten Staaten. Dort faszinierte ihn das landesweite Netz der Greyhound-Busse, die auch Metropolen wie Chicago, Boston oder New York miteinander verbinden.
Greyhound-Busse mögen Touristen begeistern, für viele Amerikaner sind sie mit einem negativen Image verbunden, das auch in Deutschland dem Bus anhaftete. Andreas Kühner erinnert sich an einen bösen Spruch aus Amerika, den man so übersetzten kann: Nur Verlierer benutzen den Bus. Leute also, die wegen ihres Alters, aus gesundheitlichen oder finanziellen Gründen nicht selber Auto fahren können - oder wollen.
"Der Greyhound-Bus, der Omnibus, war eigentlich das Fortbewegungsmittel für Menschen, die wirklich dann auch in Kauf nahmen, eine 48, 72 Stunden lange Busreise zu machen, zig mal umzusteigen. Würde sicher in Deutschland jetzt von der Fläche her nicht ganz so das Vorbild sein. Aber ich könnte mir vorstellen, dass es sich so in diese Richtung entwickelt."
Die Branche scheint jedenfalls gerüstet. Und sie verspricht, auf Qualität zu setzen. Bastian Roet vom Bundesverband Deutscher Omnibusunternehmer:
"Qualität heißt, dass das Unternehmen Fahrzeuge einsetzt, die nicht überaltert sind, dass die regelmäßig gewartet werden, dass der Fahrer rechtzeitig zum Beispiel vor einer längeren Tour anreist, zum Beispiel dann noch eine Nacht hat zur Erholung. Qualität heißt, zum Beispiel die Fahrtzeiten so zu kalkulieren, dass große Strecken in der Nacht gefahren werden müssen."
Zumal Langstreckenbusse heute Schlafsessel haben. Busreisen ist bequemer und sicherer geworden, nicht zuletzt dank neuer Fahrzeugtechnik. Sie entlastet den Fahrer, sagt Andreas Heuke vom schwedischen Bushersteller Volvo.
"Die Getriebe haben wir heute schon automatisiert, das Schalten haben wir ihm abgenommen. Auch das wirtschaftliche Fahren wird ihm mehr und mehr abgenommen werden über GPS-Systeme, die lernen und die dann bereits wissen, wann die nächste Steigung kommt, wann das automatisierte Getriebe zurückschalten soll, wann es wieder hochschalten soll vor dem nächsten Gefälle. Aber letzten Endes wird der Fahrer im Bus immer der Schlüssel zum Erfolg bleiben. Denn wenn Sie jemanden aus Ihrem Bekanntenkreis fragen, wie die Busreise war und der Fahrer war besonders freundlich, wird als erstes der Fahrer gelobt."
Aber auch das ist Realität: Bereits heute klagt die Branche über einen Mangel an Fahrern, sowohl an beruflich qualifizierten Vollzeitkräften als auch an Aushilfen. Bis 2015 werde ein Drittel der Busfahrer in Deutschland in Rente gehen. Nur etwa ein Viertel von ihnen sei unter 35. Besserung ist nicht in Sicht.
Im Betriebsalltag lauern zahlreiche Unwägbarkeiten, meint der Busunternehmer Stephan Kocher.
"Zum Beispiel, dass bislang ein Reisebus im normalen Reisegewerbe circa 100.000 Kilometer fährt. Jetzt ein Fernlinienbus, der fährt im Jahr circa 300.000 Kilometer. Und da ist abzuwarten, wie die Investitionskosten sich entwickeln, was wir dann mit den Bussen machen. Das sind alles noch offene Fragen, mit denen wir auch jetzt ganz neu umgehen müssen in den nächsten Jahren."
Vielleicht beschert die Wiederbelebung des nationalen Fernbusverkehrs sogar der Busindustrie einen Aufschwung. Davon könnten deutsche Firmen wie Daimler und MAN profitieren.
Leise und mit wohlig gedämpftem Rauschen rollt der Bus über die Autobahn. Im Auftrag der jungen Pioniere von "DeinBus" verbindet er Frankfurt, Stuttgart und München. Die Fahrgäste wirken zufrieden, entspannt:
"Das ist halt der einzige Vorteil, den die Bahn schon noch hat, wenn man doch schneller ankommt. Aber momentan ist halt echt der massive Unterschied von den Geldern doch noch entscheidend für mich."
"Jeder, der die Busfahrt bucht, hat auch einen garantierten Sitzplatz. Das haben Sie bei der Bahn nicht. Da müssen Sie für die Reservierung nochmals extra Geld bezahlen. Also von daher würde ich nicht sagen, dass man Abstriche beim Komfort machen muss."