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Freie Presse Osteuropa

In Weißrussland, Russland, der Ukraine oder Georgien herrscht auch nach dem Wegfall des Parteienmonopols ein autoritäres Verständnis von Öffentlichkeit. Um kritische Journalisten zu ermutigen, verleihen die ZEIT-Stiftung und die norwegische Institusjon Fritt Ord in Hamburg seit sechs Jahren den Förderpreis Osteuropa. In diesem Jahr wurden sechs Preisträger ausgezeichnet.

Von Werner Nording |
    Der 34-jährige Journalist Alexandr Starikiewitsch gibt seit drei Jahren in Weißrussland das Gewerkschaftswochenblatt Salidarnasts heraus. Anders als die staatlichen Zeitungen, die regierungstreu berichten und vierfarbig erscheinen, kann seine Zeitung nur schwarz-weiß gedruckt werden. Wegen der kritischen Berichterstattung war das Gewerkschaftsblatt, das nur eine Auflage von 5000 Stück hatte, immer schnell vergriffen. Anfang dieses Jahres hat die Post, die in Weißrussland eine Monopolstellung hat, den Vertriebsvertrag ohne Angaben von Gründen gekündigt.

    Starikiewitsch: "Unsere Regierung versucht schon seit zehn Jahren die Medien in Weißrussland zu behindern, wir haben heute keinen einzigen Fernsehsender, der frei berichten dürfte, wir haben heute keinen einzigen öffentlichen Radiosender, der seinen Sitz in Weißrussland hätte und berichten würde und viele von unabhängigen Zeitungen, die Anfang der 90er Jahre gegründet wurden, werden heute auch behindert wo es nur geht, viele wurden auch schon geschlossen."

    Journalisten, die es wagen, der Lüge zu trotzen und dafür sorgen, dass die Wahrheit nicht auf der Strecke bleibt, riskieren auch heute noch in vielen osteuropäischen Ländern ihr Leben. Im Oktober 2004 wurde eine Kollegin von Starikiewitsch ermordet, kurz bevor sie sich mit einem Informanten treffen wollte.

    "Sie wurde tot aufgefunden in ihrer Wohnung mit ungefähr 50 Messerstichen, eineinhalb Jahre später ist dieses Verbrechen immer noch nicht aufgeklärt, wie wir das einschätzen sind die Behörden überhaupt nicht interessiert, diesen Mord aufzuklären."

    Obwohl kritische Journalisten in Osteuropa unter Dauerdruck und Dauerverdacht stehen, wollen sie sich nicht mundtot machen lassen. In der Provinz Kalmückien muss der 33-jährige Valerij Uljadurov, Chefredakteur einer unabhängigen Wochenzeitung, gegen die ständigen Schikanen der despotischen Provinzregierung ankämpfen. Der Staat hat ihm und seinen zwei festangestellten Kollegen das Gebäude entzogen, Computer und Fahrzeuge wurden konfisziert, 14-mal musste die Redaktion schon den Ort wechseln. Wir arbeiten in einem Land, in dem wir immer nur bedrängt und verfolgt werden, deshalb ist es für uns besonders wichtig, dass unsere Arbeit durch die Auszeichnung anerkannt wird, sagt Uljadurow:

    " Für uns ist es ganz wichtig, dass eine so wichtige Stiftung wie die ZEIT-Stiftung mit diesem Preis im Grunde genommen uns nicht nur bemerkt hat, sondern auch unsere Arbeit gewürdigt hat. Wir haben das Gefühl, dass wir wirklich wichtige Arbeit leisten."

    Die Preise "Freie Presse Osteuropas" werden zum Gedenken an den Hamburger Verleger Gerd Bucerius vergeben. Der Herausgeber der ZEIT hat sich stets dafür eingesetzt, dass nach dem Zusammenbruch des unseligen Dritten Reiches nicht noch einmal die Falschen das Sagen haben. Der Geschäftsführer der Zeit-Stiftung, Michael Göring, sagt, was man den Preisträgern mit der Auszeichnung vermitteln wolle:

    "Das was auch Gerd Bucerius immer wieder vermittelt hat: Möglichst unabhängig zu bleiben, unbeugsam zu bleiben, sich den Dingen zu stellen, das aber auch mit der notwendigen Vorsicht, die man da an den Tag legen muss. Bucerius hat das in der Zeit des Dritten Reiches selbst am eigenen Leibe erfahren, er hat auch am Schluss darüber gesprochen, dass er sich sehr oft bücken musste, dass er aber am Ende immer noch aufrecht hat stehen können und das ist ein Spagat und dass es diesen Journalisten, die bedrängt sind in ihren Ländern, gelingt."

    Wo Herrschaft ist, da ist auch Unbehagen, zitiert der langjährige ZEIT-Chefredakteur Theo Sommer den Politikwissenschaftler Theodor Eschenburg. Dieses Unbehagen zu formulieren, sei die vornehmste Aufgabe der Presse.

    "Wir wollen ihnen vermitteln, dass sie nicht alleine stehen, wenn sie sich für die Freiheit des Wortes einsetzen und den Herrschenden nicht nur auf die Finger schauen, sondern notfalls auch klopfen."