Die Neuverhandlungen des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens NAFTA zwischen den USA, Mexiko und Kanada gestalten sich zäh. Auf einer Pressekonferenz beschrieb der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer kürzlich sein Hauptziel: Die Wiederbelebung des US-Automobilsektors.
"Wir wollen eine NAFTA-Reform, damit US-Arbeitsplätze nicht mehr ausgelagert werden."
Seine Botschaft an die Autobauer: Bezahlt in Mexiko höhere Löhne oder produziert bei uns in den USA, wenn ihr einen zollfreien Marktzugang haben wollt. Doch leider "gibt es in NAFTA gar keine Regel, die für den Schutz und die Einhaltung von Rechten wie höhere Löhne der Arbeiter zuständig ist", kritisiert Sujata Dey von der kanadischen Nichtregierungsorganisation Council of Canadians den Vorschlag der Trump-Regierung, die Stundenlöhne der Automobilarbeiter in Mexiko auf 16 Dollar pro Stunde zu verdoppeln.
Die Arbeiterschaft in der Autoindustrie macht in Mexiko weniger als ein Prozent der Beschäftigten aus. Nicht nur deshalb mag Sujata Dey nicht daran glauben, dass Trump bei NAFTA das Wohl der beteiligten Staaten und ihrer Bürger im Blick hat.
Kennzeichnung für Zucker- und Fettgehalt soll wegfallen
Denn US-Unterhändler nehmen hinter verschlossenen Türen auch den Verbraucherschutz ins Visier. Robert Lightizer will die Kennzeichnung ungesunder Nahrungsmittel und Softdrinks mit hohem Zucker- und Fettgehalt in allen drei Mitgliedsstaaten abschaffen – obwohl allein in Mexiko 80.000 Menschen pro Jahr wegen Diabetes frühzeitig sterben. Und das ist erst der Anfang, warnt die Bürgerrechtlerin Sujata Dey.
"Er sagt, er wolle den Verwaltungsaufwand abbauen, um den Handel zu fördern. Aber die Verhandlungen sind geheim und wir wissen nicht, ob es neben der Abschaffung der Kennzeichnung von Nahrungsmitteln auch um den Abbau von Verbraucherschutz bei Chemikalien oder Pestiziden geht. Das sind dringend notwendige Gesundheitsvorschriften."
Überalterter NAFTA-Artikel zu Öl- und Erdgasproduktion
Auch für Klimaschutzmaßnahmen haben Lighthizer und seine Gesprächspartner nichts übrig: Ein 24 Jahre alter NAFTA-Artikel, der Kanada verpflichtet, drei Viertel seiner Öl- und die Hälfte seiner Erdgas-Produktion in die USA zu exportieren, soll nicht den wissenschaftlichen Erkenntnissen angepasst werden, sondern einfach weiter gelten. Obwohl Kanada genau wegen der Förderung von Öl und Gas seine Klimaschutzziele verfehlen könnte. Ein großes Problem, sagt Ben Beachy, Mitarbeiter beim Sierra Club in Washington:
"Kanadas Öl wird aus Teersand gewonnen, das ist ein sehr schmutziges Verfahren. Dennoch legt diese Vereinbarung die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen unverändert fest. Kanada muss noch jahrzehntelang Öl und Gas im gleichen Umfang an die USA liefern."
Einfluss der Präsidentschaftswahlen in Mexiko
Viele Fragen sind derzeit unbeantwortet. Etwa, ob die in NAFTA vereinbarten privaten Schiedsgerichte weiterbestehen sollen. Ausländische Investoren können diese anrufen, wenn sie sich durch neue Gesetze und Regelungen des Gastgeberstaates benachteiligt fühlen. Die US-Regierung will diese Schiedsgerichte komplett abschaffen, allerdings aus ganz anderen Motiven als die, die Kritiker im Streit um das gescheiterte EU-US-Handelsabkommen TTIP vortrugen. Tim Meyer, Juraprofessor an der Vanderbilt Universität in Nashville: "Für Bob Lighthizer sind die privaten Schiedsgerichte so eine Art Förderprogramme und Rechtsschutz für Unternehmen, die amerikanische Arbeitsplätze nach Mexiko und Kanada verlegen wollen - und das gefällt ihm überhaupt nicht."
Der US-Handelsbeauftragte Robert Lighthizer braucht jetzt jedoch eine schnelle Lösung. Denn in Mexiko stehen Präsidentschaftswahlen und in den USA Kongresswahlen vor der Tür. Je nach Ergebnis könnten diese wesentlich beeinflussen, ob und wann und wie NAFTA 2.0 Wirklichkeit wird.