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Freihandelsabkommen
EU-Staaten wollen mehr Transparenz

Das TTIP-Handelspaket mit den USA ist in Europa umstritten. Die EU-Kommission tritt im Kampf um öffentliche Unterstützung nun die Flucht nach vorne an – und will künftig besser informieren. Denn die Zeit drängt.

Von Jörg Münchenberg, Brüssel |
    Freier Handel erwünscht? Das Container-Terminal in Hamburg
    Freier Handel erwünscht? Das Container-Terminal in Hamburg (picture-alliance / dpa / Soeren Stache)
    Weil die öffentliche Kritik an den Verhandlungen zwischen der EU und den USA über ein Freihandelsabkommen nicht verstummen will, tritt die Kommission nun die Flucht nach vorne an. Mehr Transparenz bei den Gesprächen soll es geben, erklärte nach dem heutigen Treffen der Handelsminister auch die zuständige neue Kommissarin Cecilia Malmström:
    "Es ist klar, wenn wir ein gutes Abkommen haben wollen, brauchen wir gute Resultate, aber wir müssen uns mehr öffnen. Das ist das transparenteste Verfahren, das es bislang gegeben hat. Aber wir müssen mehr tun, das sehen die Minister ganz genauso."
    Die Kommission hat dazu eine Reihe von Vorschlägen gemacht, die formal wohl in der kommenden Woche vom gesamten Kollegium beschlossen werden sollen. Doch vom Grundsatz her sei man sich bereits jetzt einig, sagte der deutsche Vertreter bei den Gesprächen, Wirtschaftsstaatssekretär Matthias Machnig:
    "Erstens, dass die Kommission mehr Transparenz herstellen will. Zweitens, dass es den Versuch geben wird, auch in den jeweiligen Hauptstädten Leseräume einzurichten. Drittens, das man bestimmte Dokumente, wenn sie einen bestimmten Status erreicht haben, auch öffentlich machen will. Und viertens, dass auch den Mitgliedstaaten so weit möglich konsolidierte Texte zur Verfügung gestellt werden sollen. Das war auch der Wunsch von allen Beteiligten."
    Die Zielsetzung ist dabei klar: Zum einen sollen auch die Mitgliedsstaaten sowie die nationalen Parlamente besser über den Fortgang der Gespräche informiert werden. Bisher können beispielsweise nur einzelne EU-Abgeordnete die Dokumente in speziellen Räumen lesen. Darüber hinaus soll auch die Öffentlichkeit umfassender informiert werden. Damit, so zumindest die Hoffnung, könne auch die Akzeptanz für das Freihandelsabkommen wachsen.
    Besonders umstritten ist derzeit der bislang im EU-Verhandlungsmandat weiterhin enthaltene Schutz für Investoren durch private Schiedsgerichte, bekannt auch als "Investor State Dispute Settlement", kurz ISDS. Damit, so der Vorwurf der Kritiker, würde die nationale Gesetzgebung faktisch ausgehebelt. Noch aber sucht die EU hier eine klare Position, räumte Machnig heute ein:
    "Wir sind ja in einem Konsultationsprozess zu ISDS. Wir wollen diesen Prozess erst einmal abwarten. Die Frage lautet: Bedeutet Investitionsschutz eigentlich zwingend ISDS oder gibt es auch andere Formen des Investitionsschutzes? Diese Frage muss in den weiteren Gesprächen geklärt werden."
    So gebe es auch Handelsabkommen ohne speziellen Investorenschutz, hieß es heute. Die Streichung von ISDS aus dem EU-Verhandlungsmandat zum jetzigen Zeitpunkt lehnte die italienische Ratspräsidentschaft wiederum ab. Dann seien die Verhandlungen tot, hieß es zur Begründung.
    Insgesamt aber gab man sich auf europäischer Seite weiter optimistisch. Auch US-Präsident Barack Obama habe erst auf dem zurückliegenden G20-Treffen im australischen Brisbane die Bedeutung von TTIP betont.
    Allerdings gibt es durchaus die Sorge, dass die USA ein weitaus größeres Interesse an einem Freihandelsabkommen mit einigen asiatischen Ländern haben könnten als mit der EU. Malmström selbst sagte jedoch in der Sitzung, bis Anfang 2016 könnten die TTIP-Verhandlungen zumindest politisch abgeschlossen werden.