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Freihandelsabkommen mit Indien
NGO erhält keine uneingeschränkte Akteneinsicht

Die Nichtregierungsorganisation CEO wollte uneingeschränkten Einblick in Dokumente der Freihandelsverhandlungen der EU mit Indien nehmen. Den muss die EU-Kommission aber nicht gewähren, entschied jetzt der Europäische Gerichtshof.

Von Annette Riedel | 04.06.2015
    Die EU-Kommission ist nicht verpflichtet, Nicht-Regierungsorganisationen auf Antrag sämtliche Dokumente über Verhandlungen zu Handelsabkommen uneingeschränkt zugänglich zu machen. Den Einspruch gegen ein entsprechendes Urteil hat der Europäische Gerichtshof heute zurückgewiesen.
    Zum Hintergrund: 2007 nahm die EU-Kommission Gespräche mit Indien über ein Handelsabkommen auf. Die niederländische Nicht-Regierungsorganisation Corporate Europe Observatory (CEO), die sich für mehr Transparenz einsetzt, hatte von der EU-Kommission Einblick in sämtliche Dokumente der Verhandlungen, einschließlich der Sitzungsprotokolle, verlangt. Die Kommission gewährte daraufhin Einblick in 100 Dokumente uneingeschränkt, in mehr als 50 weitere eingeschränkt. Zu etwa 30, auf weiteres Insistieren von CEO hin zu zuletzt noch 17, Dokumenten wurde der Zugang verweigert - mit Hinweis auf die Vertraulichkeit der Verhandlungen.
    CEO hatte vor Gericht argumentiert, dass diese Vertraulichkeit dann nicht mehr gelten könne, wenn die Dokumente Vertretern von Industrie-Verbänden, der Europäischen Bankenvereinigung, Arzneimittelunternehmen, der Amerikanischen Handelskammer usw. vollständig zur Kenntnis gegeben worden waren.
    Kein Verstoß gegen europäisches Recht
    Das Urteil in dieser Angelegenheit gab den Klägern nicht recht. Die Tatsache, dass bestimmte Vertreter von Verbänden in ihrer Eigenschaft als Experten mit einem spezifischen Fachwissen in bestimmten Bereichen beratend tätig werden und somit uneingeschränkte Kenntnis der entsprechenden Dokumente haben, spreche nicht dagegen, dass die Beratungen trotzdem als vertraulich behandelt werden.
    Aus der Weitergabe von vertraulichen Dokumenten an einen begrenzten Kreis von Personen, die sich ihrerseits dazu verpflichten hatten, Vertraulichkeit zu wahren, könne nicht abgeleitet werden, dass die Dokumente dann auch an alle Organisationen oder Interessenvertreter weitergegeben werden müssten. Insofern habe die EU-Kommission nicht gegen europäisches Recht verstoßen. So das Gerichtsurteil von 2011, das der Europäische Gerichtshof mit seiner heutigen Zurückweisung des Einspruchs dagegen bestätigte.
    Zusammensetzung der Handelsgespräche nicht auf dem Prüfstand
    Nicht Gegenstand des Verfahrens war und nicht Sache eines Gerichtsurteils ist eine Frage, die man in dem Zusammenhang durchaus stellen kann: Ob zum Kreis der Experten bei Handelsgesprächen - wie etwa aktuelle das Freihandelsabkommen TTIP mit den USA - fast ausschließlich Lobbyverbände der Wirtschaft gehören müssen. Das sieht auch Burkhard Ilge von der NGO Both Ends so.
    "Was wir jetzt gelesen haben, dass es hier bei der Prozedur, wie man mit vertraulichen Dokumenten umgeht, nur um ein internes Dokument der EU-Kommission geht und man das deshalb nicht juristisch gegen die EU-Kommission verwenden kann."