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Freihandelsabkommen TTIP
Die Fronten sind längst verhärtet

EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström hat in den Verhandlungen mit den USA über das Freihandelsabkommen TTIP für mehr Transparenz gesorgt. Viele Europäer betrachten das Abkommen und besonders die geplanten privaten Schiedsgerichte weiter mit Argwohn. Ein Durchbruch ist nicht in Sicht.

Von Jörg Münchenberg |
    Cecilia Malmström stellt die Investorenschutzklausel in Frage
    EU-Kommissarin Cecilia Malmström hat schon etwas mehr Transparenz geschaffen (afp / Emmanuel Dunand)
    Cecilia Malmström ist erst seit kurzem im Amt. Und doch hat die neue EU-Handelskommissarin bei den Gesprächen über ein Freihandelsabkommen mit den USA bereits ein deutliches Zeichen gesetzt. Zuhören wolle sie, erklärte die Schwedin, und für mehr Transparenz sorgen. Diese Ankündigung hat sie bereits umgesetzt, deshalb gibt es auch durchaus Lob vom Vorsitzenden des Handelsausschusses im Europäischen Parlament, Bernd Lange, SPD:
    "Wir hatten ja immer das Problem, dass aufgrund der mangelnden Transparenz viele Dinge im Unklaren, im Bereich der Gerüchte waren. Und wenn wir jetzt hinkriegen, dass wirklich alle Abgeordnete Zugang zu allen Dokumenten haben und dass die fundamentalen Verhandlungsdokumente auch ins Netz gestellt werden, dann werden wir auch die Möglichkeit haben, rationaler zu diskutieren."
    Doch längst sind die Fronten bei der geplanten Transatlantic Trade and Investment Partnership, kurz TTIP, deutlich verhärtet. Rund eine Million Europäer haben sich in einer Unterschriftenaktion von Nichtregierungsorganisationen gegen das geplante Freihandelsabkommen ausgesprochen und auch die öffentliche Befragung über die umstrittenen privaten Schiedsgerichte, die Investor State Dispute Settlements, kurz ISDS brachte ein klares Ergebnis, wie Malmström in der letzten Woche einräumen musste:
    "Insgesamt geben die Antworten eine große Skepsis gegenüber ISDS wieder. Die große Mehrheit, nämlich 97 Prozent erfolgten über diverse Online-Plattformen - das waren vorformulierte negative Antworten - gegen TTIP im Allgemeinen und ISDS im Besonderen."
    Geplanter Vertragsabschluss kaum zu halten
    Was wiederum die Handelskommissarin, die im Namen der 28 EU-Mitgliedsländer verhandelt, in eine schwierige Lage bringt. Denn bislang wollen die USA auf die privaten Schiedsgerichte nicht verzichten, um hier keinen Präzedenzfall für künftige Abkommen, etwa mit China zu schaffen. Gleichzeitig kann Malmström die Ergebnisse der Konsultationen schon aus Glaubwürdigkeitsgründen nicht einfach ignorieren. Vorerst bleiben deshalb die Gespräche mit den Amerikanern zu diesem wichtigen Teilaspekt des Freihandelsabkommens weiter ausgesetzt. Zunächst müssten jetzt die EU-Mitgliedstaaten klären, wie mit den umstrittenen Schiedsverfahren aus EU-Sicht weiter umgegangen werden soll, fordert die Handelskommissarin:
    "Es gibt für einen neuen Kommissionsvorschlag in dieser Sache kein bestimmtes Datum. Es gibt hier keine bestimmte Deadline, die da über unseren Köpfen schwebt. Die Verhandlungen mit den USA über andere Themen gehen ja weiter. Aber bis zum Frühjahr sollten wir uns schon auf einen Vorschlag verständigt haben."
    Doch durch den internen Klärungsbedarf dürften sich die Verhandlungen zu TTIP insgesamt weiter verzögern. Schon ist in Brüssel davon die Rede, dass der ursprünglich geplante Vertragsabschluss vor den US-Präsidentschaftswahlen Ende 2016 kaum noch zu halten ist. Zumal neben den Schiedsgerichten auch noch viele andere strittige Punkte warten - nicht zuletzt im Agrarbereich. Ein aus europäischer Sicht besonders sensibles Verhandlungsfeld, warnt der Abgeordnete der Grünen im Europäischen Parlament, Martin Häusling mit Verweis auf gentechnisch veränderte Produkte sowie hormonbehandeltes Fleisch:
    "Die Amerikaner machen da richtig Druck, dass der Agrarbereich von Seiten der Europäer gelockert wird. Das heißt, dass unsere strengen Standards nach unten kommen. Damit die Exporte von Seiten der Amerikaner erleichtert werden. Das ist eine ganz klare Zielsetzung. Das sagt Ihnen in Washington jeder Offizielle. Da kann man nicht in Europa erzählen, nein, da wird nichts passieren. Damit führt man die Bevölkerung in Europa hinters Licht."
    Und so werden vor allem Verbraucherschutz- und Nichtregierungsorganisationen auch die nächste TTIP-Verhandlungsrunde Anfang Februar in Brüssel argwöhnisch verfolgen. Auch wenn es bis zu einem möglichen Durchbruch noch ein langer Weg ist.