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Freihandelsabkommen
TTIP-Gegner wollen auf die Agenda

Die Gegner des geplanten Freihandelsabkommens zwischen der EU und den USA ziehen vor den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg. Heute haben sie formell Klage eingereicht, um als Europäische Bürgerinitiative anerkannt zu werden. Damit könnten sie Themen auf die Tagesordnung der EU-Kommission setzen.

Von Karin Bensch |
    Aktivisten protestieren in Brüssel gegen das geplante Freihandelsabkommen.
    Aktivisten protestieren vor dem Sitz der EU-Kommission in Brüssel gegen das geplante Freihandelsabkommen. (picture alliance / dpa / Olivier Hoslet)
    Die Gegner des geplanten Freihandelsabkommens zwischen der EU und den USA ziehen vor den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg. Heute haben sie formell Klage eingereicht, um als Europäische Bürgerinitiative anerkannt zu werden. Damit könnten sie Themen auf die Agenda der EU-Kommission setzen.
    Bislang haben sie protestiert, nun wird prozessiert. Mit der Klage vor dem Europäischen Gerichtshof wollen die Gegner des geplanten Freihandelsabkommens, auch TTIP genannt, erreichen.
    "Dass die europäische Bürgerinitiative zugelassen wird", sagt Michael Efler, Sprecher von "Stop TTIP". Das Bündnis besteht rund 290 Organisationen, darunter viele Umweltverbände, Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen aus 23 EU-Ländern.
    "Das ist ein breites, gesellschaftliches Bündnis, das zeigt, dass der Protest gegen dieses Abkommen in vielen Teilen der Gesellschaft verankert ist."
    Die Gegner befürchten, dass sich durch das geplante Freihandelsabkommen zwischen EU und USA europäische Umwelt- und Verbraucherstandards verschlechtern. Sie kritisieren, dass damit Konzerne Staaten vor speziellen Schiedsgerichten verklagen könnten. Und sind dagegen, dass die Handelsgespräche weitgehend im Geheimen ablaufen. Deshalb wollten die Gegner im September ein europäisches Bürgerbegehren auf den Weg bringen, für das eine Million Unterschriften aus mindestens sieben europäischen Ländern nötig sind.
    Anerkennung brächte TTIP auf die Kommissions-Agenda
    Dann muss sich die EU-Kommission mit dem Thema beschäftigen. Die damalige Kommission ließ dieses Bürgerbegehren aber gar nicht erst zu. Aus rechtlichen Gründen. Sie war der Ansicht, damit könne zwar gefordert werden, dass ein Gesetz erarbeitet, nicht aber, dass auf ein geplantes Gesetz verzichtet wird. "Stop TTIP" dagegen sieht die Kommission im Interessenskonflikt, weil sie zum einen über die Zulassung von europäischen Bürgerbegehren entscheidet gleichzeitig aber auch die europäische Verhandlungsführerin ist.
    "Die Kommission will, das hat vor allem der nicht mehr im Amt befindliche Handelskommissar de Gucht immer wieder deutlich gemacht, dieses Abkommen unbedingt durchsetzen. Und ich glaube schon, dass auch politische Gründe bei der Ablehnung eine Rolle gespielt haben."
    Bernd Lange sieht das anders. Der SPD-Europaabgeordnete ist Vorsitzender des Ausschusses für internationalen Handel - und damit zuständig für das geplante Freihandelsabkommen. Lange gibt der alten Kommission in der Sache recht, findet aber den Umgang mit den Kritikern falsch.
    "Man hätte sicherlich auch mit den Initiatoren anders sich verständigen können, als nur zu sagen, geht nicht. Und das ist aber, glaube ich Kennzeichen der Kommunikationspolitik der alten Kommission."
    Neue EU-Kommission macht TTIP-Gegnern wenig Hoffnung
    Und mit der neuen Kommission? Wird da jetzt alles transparenter? Das wollten wir von der neuen Handelskommissarin Cecilia Malmström wissen. Doch eine Antwort bekamen wir nicht. Aus Zeitgründen, wie es hieß. Das Kritiker-Bündnis "Stop TTIP" hat wenig Hoffnung, dass die neue Kommission mehr Einblicke in die umstrittenen Verhandlungen zulassen wird, meint Michael Efler.
    "Weil die Kommission als Institution eine bestimmte Freihandelsideologie verfolgt. Da ist eigentlich relativ egal, wer gerade an der Spitze der Handelsgruppe steht."
    Die neue Kommission wird mehr Transparenz zulassen müssen, sagt dagegen der SPD-Europaabgeordnete Bernd Lange. Und das nicht nur für die Bürger, sondern auch für die Abgeordneten des Europaparlaments. Denn sie werden am Ende über das Freihandelsabkommen abstimmen.
    "Ich hoffe, dass zügig jetzt die fundamentalen Verhandlungspositionen in der EU auch veröffentlich werden zum Beispiel im Bereich der Dienstleistungen, sodass jeder sehen kann vorüber die EU verhandelt will und vor allem vorüber sie nicht verhandeln will."
    Klagen vor dem Europäischen Gerichtshof dauern im Durchschnitt eineinhalb Jahre. Es wird also noch dauern, bis klar ist, ob es ein europäisches Bürgerbegehren gegen das Freihandelsabkommen geben wird oder nicht.