Deutsche Wirtschaftsverbände schauen derzeit besorgt in die USA: Donald Trump, der republikanische Präsidentschaftskandidat, lehnt den Freihandel ab und steht somit im Gegensatz zu dem, was die deutsche Exportwirtschaft wünscht, sagt etwa Ulrich Ackermann, Leiter der Abteilung Außenwirtschaft im Maschinenbauverband:
"Wir wollen offene Grenzen haben im Bereich speziell bei uns natürlich Maschinenbau. Das ist das Kernthema, was wir hier verfolgen, wo wir auch sehr viele Potenziale sehen, die wir hier noch heben können. Und deswegen sagen wir auch immer wieder der Kommission, das muss Bestandteil der Verhandlungen sein."
Da kann Utz Tillmann, Hauptgeschäftsführer des VCI, des Verbandes der Chemischen Industrie, nur zustimmen: schließlich sind die USA nach dem Euroraum der wichtigste Exportmarkt für seine Branche. Auch die voraussichtliche demokratische Präsidentschaftskandidatin Hilary Clinton hat sich zwar zuletzt skeptischer gegenüber TTIP gezeigt, aber das könnte vor allem wahltaktische Gründe haben, vermuten viele Beobachter in Deutschland. Das glaubt auch Tillmann:
"Mit der Präsidentschaftskandidatin Hilary Clinton verbinden wir die Hoffnung, dass das, was unter Obama so erreicht werden konnte bei TTIP, eher weiterentwickelt und umgesetzt werden kann, als das mit dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten möglich wäre."
Mit Trump wären weitere Verhandlungen schwierig, sagt auch Galina Kolev, Konjunkturexpertin am Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln:
"Er möchte auch frühere Freihandelsabkommen nachverhandeln. Da stellt sich auch die Frage, wie er überhaupt alleine Freihandelsabkommen nachverhandeln kann. Denn dazu gehören ja immer zwei Parteien. Sein Sieg würde auf alle Fälle aus meiner Perspektive dazu führen, dass die TTIP-Verhandlungen erschwert werden."
IMK-Chef Watts: "Kein Rückfall in Protektionismus"
Auch TTIP-Kritiker sorgen sich übern die Hinwendung zum Nationalen in der Wirtschaft. Andrew Watts, stellvertretender Chef des IMK, des Forschungsinstituts der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung, warnt:
"Der Handel ist wichtig. Auf jeden Fall wollen wir keinen Rückfall in Protektionismus. Das haben wir ja gesehen in der Geschichte, das ist ökonomisch gefährlich, das ist auch politisch gefährlich, das brauchen wir nicht."
Die Kritiker von TTIP auf beiden Seiten des Atlantiks lehnten das geplante Freihandelsabkommen aber aus unterschiedlichen Gründen ab, sagt Watts:
"Hier geht es vor allem um den sogenannten Investorenschutz und da die Angst vor Klagen von großen multinationalen Unternehmen gegenüber Staaten in Europa. Auf der anderen Seite des Atlantiks geht es eher um Wettbewerb und Jobverluste durch den internationalen Wettbewerb. Aber ich denke, diese beiden Ängste zusammen, die müssten adressiert werden, die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger müssen ernstgenommen werden, und ich denke, wir kommen nicht darum herum, das Abkommen neu zu verhandeln.
Genau davor aber warnt die Industrie. Doch in der wachsenden Skepsis liege auch eine Chance, meint Ökonomin Kolev vom Institut der deutschen Wirtschaft, dann nämlich, wenn man noch mehr Transparenz schaffe über den Verhandlungsstand:
"Wenn die Verhandlungspapiere noch mehr öffentlich gemacht werden, dann kann zumindest ein Teil von dieser Skepsis adressiert werden."