"Freihandel hat Deutschland wohlhabend gemacht. 40 Prozent unseres Bruttoinlandsprodukts erwirtschaften wir im Ausland, sprich im Freihandel. Und je freier der Handel ist, desto besser sind die Chancen für deutsche Unternehmen und Arbeitsplätze in Deutschland."
"Die Punkte, die wir kritisieren, sind eher stärker geworden als vorher. Ich will mal einen Punkt nennen: Ausschüsse! Ausschüsse, die keinerlei Kontrolle mehr unterliegen, können internationales Recht setzen. Das ist vorgesehen! Das heißt, das wird erst im Detail drüber entscheiden, wie Regeln im Verbraucher-, Umwelt- und Arbeitsschutz konkret sein werden. Das war vorher so nicht bewusst."
Ein Thema, zwei Stimmen, zwei Meinungen. Gegensätzlicher könnten sie nicht sein. Michael Fuchs, CDU, und Klaus Ernst von den Linken. Beide sprechen über das
Freihandelsabkommen TTIP, über das die EU und die USA seit knapp drei Jahren verhandeln. Kein anderes Freihandelsabkommen hat bislang Gesellschaft und Politik so gespalten wie TTIP.
Diesen Sonntag wird US-Präsident Barack Obama zusammen mit der Kanzlerin die Hannover-Messe eröffnen. Beide wollen noch einmal für TTIP werben – und das bewusst an symbolträchtiger Stelle. Schließlich begann hier, im ausgebombten Hannover des Jahres 1947, der Aufstieg Deutschlands zur Exportnation. 70 Prozent aller hierzulande gebauten Maschinen gehen in den Export, sogar 87 Prozent aller Chemieprodukte.
Die USA sind Deutschlands wichtigster Handelspartner
Die USA sind immer noch Deutschlands Handelspartner Nummer eins. Waren für 113 Milliarden Euro wurden im letzten Jahr dorthin exportiert, die Importe beliefen sich auf gut 59 Milliarden Euro. Der deutsche Handelsbilanzüberschuss von 54 Milliarden Euro sichert unzählige Jobs hierzulande. Aber ein Selbstläufer ist TTIP deshalb nicht. Auch nicht im Bundestag.
"Ich wünsch mir mehr fairen Handel", sagt beispielsweise Klaus Ernst von der Linksfraktion. Hier fürchtet man unverändert den Ausverkauf bei Umwelt-, Verbraucher- und Sozialstandards:
"Wenn das Ziel ist, Regelungen abzubauen, dann werden sie ja nicht teurer oder besser als vorher, dann ist das Ziel, sie zu verschlechtern. Das ist der Grundsatz dieser Abkommen, und deshalb sind die abzulehnen. Und was die öffentliche Daseinsvorsorge angeht, ist ja nicht nur so, dass wir dagegen sind.
Inzwischen sind auch CSU-Bürgermeister auf der Palme, weil sie sagen, wir wollen als Kommune selber entscheiden können, wem geben wir unser Abwasser, wir wollen selbst regeln, was wir in kommunaler und was in privater Verantwortung machen. Und das Ziel der Abkommen ist auch klar: Es geht in Richtung Privatisierung öffentlicher Einrichtungen, öffentlicher Unternehmen, öffentlicher Daseinsvorsorge – und da ist der Widerstand geboten."
"Die gesamte öffentliche Daseinsvorsorge ist aus TTIP ausgenommen, das wissen die Beteiligten auch", entgegnet darauf Michael Fuchs – CDU. Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende versichert: "Das bleibt so wie es ist."
Kritiker befürchten durch Schiedsgerichte Milliarden-Klagen der Konzerne
Fuchs und die Union befürchten auch keine Abstriche bei Umwelt- und Sozialstandards oder beim Verbraucherschutz. Dass dies dennoch immer wieder und immer noch von den TTIP-Gegnern ins Feld geführt wird, obwohl es nicht stimme, grenzt für Fuchs an Realitätsverweigerung. Und die ist für Michael Fuchs politisch motiviert:
"Da ist ein gutes Stück Antiamerikanismus mit dran beteiligt, das stört mich sehr. Das sollten wir uns gerade nicht leisten."
Auch nicht beim Thema Schiedsgerichte. Hier fürchten die Kritiker, dass Konzerne Staaten auf Milliarden-Entschädigungen verklagen könnten, wenn diese Gesetze beschließen, die die Gewinne schmälern. Für das Handelsabkommen Ceta wurden zwar jüngst diese privaten Schiedsgerichte nach den Wünschen der EU verändert. Echte Richter sollen nun dort sitzen, keine Wirtschaftsvertreter. Ceta ist das Handelsabkommen der EU mit Kanada und gilt als Blaupause für TTIP.
Doch für Klaus Ernst sind solche Veränderungen nur ein Placebo. Und richtig in Fahrt kommt der TTIP-Gegner bei dem Plan, Ceta und irgendwann später auch TTIP in großen Teilen schon in Kraft zu setzen, bevor nationale Parlamente wie der Bundestag überhaupt darüber abgestimmt haben:
"Das schafft Fakten, da wird Demokratie ausgehebelt und der Abgeordnete des Bundestages zum Zuschauer degradiert."
Geheimniskrämerei der EU-Kommission erschwert Zustimmung zu TTIP
Ähnlich geht es Teilen der SPD und der Grünen, doch gibt es bei ihnen auch Befürworter von TTIP:
"TTIP ist ja für uns ein Freihandelsabkommen, wo wir große Möglichkeiten haben für den Wirtschaftsstandort Deutschland, für die Unternehmen, Zugang zu Märkten zu organisieren, und deshalb gibt es natürlich noch kritische Stimmen, es ist ja auch noch viel zu verhandeln, aber durchaus sehen wir in der Wirtschaftspolitik das sehr positiv."
Sagt beispielsweise Bernd Westphal. Er leitet jeden Mittwoch den TTIP-Arbeitskreis der SPD-Bundestagsfraktion. Westphals Problem liegt dabei weniger in der Fraktion als in der Partei. Die Sozialdemokraten haben vor eineinhalb Jahren auf einem Parteikonvent dem Parteichef Sigmar Gabriel rote Linien bei TTIP abgetrotzt. Und auch Gabriels Gefolgsmann Bernd Westphal weiß, dass die Partei hier empfindlich ist:
"Es geht um Verbraucherschutzstandards, es geht da um Ilo-Kernarbeitsnormen. Wenn's um Arbeitnehmerrechte geht, da haben die Amerikaner Nachholbedarf, das sind zwei von acht nur ratifiziert, da sehen wir schon, dass die US-Seite sich bewegen muss. Diese Bedingungen sind für uns Voraussetzung für eine Zustimmung."
Erschwert wird das "Ja" der Sozialdemokraten und auch der Grünen auch durch die lange Zeit betriebene Geheimniskrämerei der EU-Kommission. Sie – und nicht etwa die Regierungen der EU-Staaten – führt die Verhandlungen. Das hat viel Misstrauen hervorgerufen. Mehr Transparenz lautet inzwischen das Gebot der Stunde, und ein Mittel zum Zweck ist der Leseraum im Bundeswirtschaftsministerium.
Grünen kritisieren Leseraum im Bundeswirtschaftsministerium
Seit Ende Januar können dort bis zu acht Abgeordnete gleichzeitig die Verhandlungsunterlagen an Computern einsehen. 206 Anmeldungen hat es bisher gegeben. Wer rein will, muss das Handy abgegeben, Notizen sind erlaubt, das Abschreiben von Textpassagen dagegen nicht. Doch die Lektüre ist anstrengend. Die Texte sind in Handels-Englisch, das kaum ein Abgeordneter versteht.
"Die Öffentlichkeit meint, wir haben Zugang zu den Texten, aber so wie die Regularien sind, kann man mit den Texten wenig anfangen", räumt Klaus Ernst von den Linken freimütig ein. Die Grünen haben jetzt sogar geklagt. Sie wollen, dass außer Abgeordneten auch deren Mitarbeiter in den Lesesaal dürfen, so Fraktionschef Anton Hofreiter:
"Wir klagen als Abgeordnete darauf, dass wir gleiche Rechte haben wie unsere europäischen Kollegen."
Dass es bis zu einem Urteil ein Jahr dauern könnte, stört die Grünen wenig. Sie setzen ohnehin darauf, dass es mit TTIP in der zu Ende gehenden Amtszeit von Barack Obama nichts mehr wird. Zu weit liegen die EU und die USA nach ihrer Einschätzung noch auseinander und zu groß sei das Unbehagen - nicht nur in Deutschland.
Französische Haltung zu TTIP ist widersprüchlich
"Mit den USA haben wir wirklich ein normatives Imperium vor uns! Das wird durch die vorgesehenen Regelungen nicht verändert!"
Der konservative Abgeordnete Pierre Lellouche in der französischen Nationalversammlung. Die französische Haltung zu TTIP oder TAFTA, wie es in Frankreich oft genannt wird, ist widersprüchlich. Einerseits misstraut Frankreich den USA fast schon aus Tradition. Andererseits sind die Vereinigten Staaten der wichtigste Wirtschaftspartner Frankreichs außerhalb der EU – was jedoch in der französischen TTIP-Debatte so gut wie keine Rolle spielt: Wenn von den USA die Rede ist, dann überaus kritisch. Lellouches konservativer Parteifreund Jacques Myard:
"Eines muss man sehen: dass die Vereinigten Staaten – davon bin ich überzeugt! - das internationale öffentliche Recht verletzen."
Die Debatte um TTIP wurde in Frankreich zunächst eher beiläufig geführt. Doch dann wurde 2014 die Idee der Schiedsgerichte bekannt, wonach Unternehmen Regierungen wegen Benachteiligung am Markt verklagen dürfen. Fortan wurde die Debatte lauter und kritischer. Geneviève Azam, Sprecherin von "Attac France":
"Ich glaube, man darf das nicht einfach ein 'Freihandelsabkommen' nennen. Denn es geht da ja nicht nur um Handel und Dienstleistungen, sondern auch um eine 'Harmonisierung der Normen'. Und das heißt: Auch unsere sozialen Normen werden 'harmonisiert', unsere Umweltnormen, unsere demokratischen Normen."
Auch Marine Le Pen vom Front National sprach von einer "Anpassung von Normen nach unten". Ein "ultraliberales Massaker" sei dieses Abkommen, "der Vorschlag einer Privatjustiz für multinationale Unternehmen". Grüne, Kommunisten, Gewerkschaften sprachen von einer "Bedrohung für die EU und für Frankreich". Etliche Départements, Kommunen und Regionen erklärten sich zu "Zones hors TAFTA", zu "Zonen außerhalb von TAFTA".
TTIP spaltet die Republikaner unter Nicolas Sarkozy
Die großen Parteien, die regierenden Sozialisten und die oppositionellen "Republikaner", entwickelten nie eine wirklich eindeutige Haltung zu TTIP - aus Angst, meinten politische Beobachter, vor einem immer stärker werdenden Front National. Die "Republikaner" unter Nicolas Sarkozy sind gespalten: Sarkozy macht seine Zustimmung kaum öffentlich, um den Teil der Partei nicht zu verärgern, der unvermindert auf eine volle Souveränität Frankreichs setzt.
Einen Erfolg konnte Frankreich erreichen: Über audiovisuelle Medien, also über die heilige Filmindustrie, darf in Brüssel nicht verhandelt werden. Doch macht sich Sorge breit, dass das der einzige Erfolg bleiben könnte. Die anderen kritischen Themen sind geblieben: die Dominanz der USA, die mangelnde Transparenz, die Sorge um die europäische Gesetzesautonomie, die Schiedsgerichte. Letztere finden übrigens auch überraschende Fürsprecher - Pierre Lellouche von den "Republikanern":
"Was zur Debatte steht, ist: Die Europäer haben die Kontrolle über die Verhandlungen verloren. In den nationalen Parlamenten ist man über gar nichts auf dem Laufenden. Das führt zu erheblicher Angst, auch in der Wirtschaft, und führt zur Fokussierung auf das Modethema schlechthin: der Staat gegen die multinationalen Unternehmen, wo Rechtsfragen angeblich nicht geregelt sind. Dabei wissen sie genau: Die Grundlage der Beziehungen zwischen diesen beiden ist das öffentliche Recht! Es hat viele Tausende von Übereinkommen gegeben, es hat nur sehr wenige Rechtsstreitigkeiten gegeben, und meistens ist es der Staat, der gewinnt. Und die internationalen Schiedsgerichte… im Allgemeinen arbeiten sie gut!
TTIP - ein Schreckgespenst der Globalisierung
Elisabeth Guigou von der Sozialistischen Partei hält die Schiedsgerichte sogar für unerlässlich - aus einem für Frankreich bitteren Grund:
"Natürlich sind öffentliche Einrichtungen vorzuziehen! Unter der Bedingung allerdings, dass sie auch funktionieren! Natürlich kann man sagen: Wir wollen lieber eine öffentliche, konfliktfrei arbeitende Justiz mit der Garantie der Unabhängigkeit haben als eine private Justiz. Das Problem ist aber: Solange die öffentliche Justiz eben nicht effizient und auch nicht wirklich unabhängig arbeitet – solange müssen unsere Unternehmen ein Interesse daran haben, auf private Schiedsgerichte zurückzugreifen."
Der amtierende Staatsminister für Außenhandel, Mathias Fekl, ebenfalls von der Sozialistischen Partei, kämpft gegen die Schiedsgerichte:
"Vor anderthalb Jahren habe ich vorgeschlagen, die privaten Schiedsgerichte durch ein öffentliches, internationales Handelsgericht zu ersetzen. Mit klaren Regeln, mit dem Verbot, die Wahlmöglichkeiten der Länder zu beschneiden: bei der Energiepolitik, bei der Gesundheitspolitik, bei der Souveränität im Umgang mit Lebensmitteln – und mit Richtern, die dem Berufsethos verpflichtet sind."
Viel Zustimmung erhielt Mathias Fekl für diesen Vorschlag zunächst nicht - mittlerweile haben ihn die EU-Kommission und Kanada in ihrem Ceta-Abkommen umgesetzt. Der Staatsminister ist sich seiner Sache sicher:
"Das ist unverzichtbar. Und Frankreich wird kein Abkommen unterschreiben, wenn dieses internationale Handelsgericht nicht integriert wird. Das ist ein Antrag, der auch von der EU-Kommission getragen wird – für uns ist er unabdingbar."
Frankreich tut sich schwer mit TTIP. Die Frage der wachsenden wirtschaftlichen Konkurrenz, die Frage, wie mit den sogenannten Schwellenländern umzugehen sei, die schon seit 2012 mehr produzieren als die früher führenden Industrieländer – sie wurde in Frankreich nie wirklich aufgegriffen. Inzwischen steigen die sozialen Spannungen im Land, die Unzufriedenheit mit Präsident Francois Hollande wird immer größer – und das alles vor dem Hintergrund von Terrorgefahr und Ausnahmezustand. So bleibt TTIP in den Augen vieler – ein Schreckgespenst der Globalisierung.
Großbritannien kritisiert internationale Schiedsgerichte
"Stimmen Sie Ihrem Vorgänger Lord Livingston zu, dass die Bürger Bedenken angesichts der Internationalen Schiedsgerichte haben, teilweise weil sie falsch informiert sind? Ich denke da an die Behauptungen, dass unser Gesundheitssystem NHS an die USA verkauft werden kann – oder schließen Sie das aus?"
Ausschusssitzung im britischen Unterhaus im vergangenen Oktober. Der konservative Abgeordnete Alec Shelbrooke befragt den Minister für Handel und Investitionen, Lord Francis Maude. Der Tory-Abgeordnete packt gleich die in Großbritannien wichtigsten Kritikpunkte zusammen: internationale Schiedsgerichte und NHS, das staatliche Gesundheitswesen. Ist der National Health Service, für viele Briten eine geheiligte und heiß geliebte Institution, etwa gefährdet? Handelsminister Maude entgegnet:
"Ich glaube, diese Angst ist grundlos. Es gibt keine Gefahr durch TTIP für unser nationales Gesundheitssystem und wie es verwaltet wird. Ich sehe da keine Substanz."
Auch Premierminister David Cameron beteuert immer wieder, er sehe dieses Risiko nicht. Er setzt sich vehement für den Freihandelsvertrag TTIP mit den USA ein. Er war schließlich Gastgeber des G-8-Gipfels vor drei Jahren in Lough Erne in Nordirland, als die TTIP-Verhandlungen beschlossen wurden. Cameron im Juni 2013:
"Wir sind hier zusammengekommen, um Wirtschaft und Wachstum auf der ganzen Welt anzufeuern. Am besten erreichen wir das, wenn wir den gemeinsamen Handelsaustausch verstärken. Deswegen wollen wir mit den TTIP-Verhandlungen einen Meilenstein für beide Seiten schaffen."
Britische Unternehmen stehen TTIP weniger ablehnend gegenüber
Auch für Großbritannien sind die USA außerhalb der EU der wichtigste Handelspartner. Auch kleinere und mittelgroße britische Unternehmen stehen TTIP weniger ablehnend gegenüber als auf dem Kontinent, weil ihnen die USA dank der Sprache vertrauter erscheinen. Doch werden inzwischen auf der Insel – wenn auch insgesamt weniger emotional - ähnliche Fragen gestellt wie in Deutschland oder Frankreich.
"Warum gibt es diese Geheimniskrämerei um die TTIP-Verhandlungen?", fragt hier zwar Jeremy Corbyn im Plenum des Unterhauses, wenige Monate bevor er Labour-Chef wurde:
"Liegt das daran, dass die Vorzimmer auf beiden Seiten des Atlantiks vollgestopft sind mit hoch spezialisierten Unternehmensanwälten? Wir fordern ein Freihandelsabkommen, das die Kluft zwischen Reich und Arm verringert. Das unser Gesundheitssystem beschützt, unsere Lebensmittelproduktion. Und das verhindert, dass die jeweils niedrigsten Standards zur Norm auf beiden Seiten werden."
Doch hörte an diesem Abend kaum jemand zu, das Unterhaus war fast leer.
"Es gibt in Deutschland einen Hauch von moralischem Überlegenheitsgefühl gegenüber den USA, was ich als Amerikaner als unangenehm empfinde. Das gibt es hier in Großbritannien nicht", meint Stephen Erlanger, der Londoner Büro-Chef der New York Times. Er war früher auch Korrespondent in Berlin:
"Die Briten mögen manchmal arrogant sein. Aber sie denken nicht, dass wir schlechtere Standards als sie hätten. Außerdem: Wenn Großbritannien die EU verlässt, dann brauchen sie die USA als Handelspartner erst recht."
Hoffen auf schnelleren Abschluss des Freihandelabkommens nach Brexit
TTIP und Brexit - beide Diskussionen berühren sich hier. TTIP ist ein Freihandels- und Investitionsabkommen zwischen der EU und den USA, nicht zwischen Großbritannien und den USA. Die regierenden Tories, die Konservativen, stehen weit überwiegend hinter der Idee von freiem Handel. Tory-Befürworter eines Brexit, also eines Austritts aus der EU, argumentieren sogar, ohne die EU könnte man doch viel schneller und besser mit den Amerikanern einen Abschluss finden. Stephen Erlanger:
"Ihr Argument ist, dass Großbritannien alleine besser dasteht und dass sie die gleichen Handelsverträge abschließen können wie die EU. Da sind die Brexit-Befürworter unter den Tories etwas optimistisch."
Nach den Tories und der Labour-Partei ist die Schottische Nationalpartei drittstärkste Kraft im Parlament. In der Ausschusssitzung im Unterhaus ist es ihr Abgeordneter Calum Kerr, der mahnt: Wer TTIP will, müsse von der Geheimniskrämerei weg:
"Die Leute sind dabei, völlig anti-TTIP zu werden, ob das jetzt rational oder irrational ist. Aus EU-Befürwortern werden EU-Gegner, weil es solche Bedenken wegen TTIP und unserem Öffentlichen Dienst gibt."
Handelsminister Maude hält dagegen. Er glaubt, das Vertrauen der Bürger in die gewählten Politiker werde ausreichen.
"Sie sagen, die Leute werden anti-TTIP, aber ich sehe dafür keinen Beleg. Das ist substanzlos. Ich glaube nicht, dass die meisten Menschen ihre Zeit dafür aufwenden wollen, alle Details zu lesen. Sie verlassen sich darauf, was verantwortungsbewusste Politiker ihnen sagen. Dann werden wir die Bedenken zerstreuen, in welchem Maß sie auch immer überhaupt vorhanden sind."