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Freilassung von Peter Steudtner
Altkanzler Schröder hat vermittelt

Bei der Freilassung des deutschen Menschenrechts-Aktivisten Steudtner hat der frühere Bundeskanzler Schröder nach Medienberichten eine zentrale Rolle gespielt. Das bestätigte Außenminister Gabriel im Gespräch mit dem "Spiegel". Steudtner wird heute zurück in Deutschland erwartet.

    Menschenrechtler Peter Steudtner (l) umarmt in Istanbul, Türkei, vor dem Gefängnis Silivri eine Kollegin.
    Menschenrechtler Peter Steudtner nach seiner Freilassung aus dem Silivri-Gefängnis. (dpa-Bildfunk / AP / Emrah Gurel)
    Gabriel sagte, er sei Schröder sehr dankbar für seine Vermittlung. Dass die türkische Regierung alle Zusagen eingehalten habe, sei ein erstes Zeichen der Entspannung. Nun müsse weiter an der Freilassung der anderen Inhaftierten gearbeitet werden.
    Wie das "Redaktionsnetzwerk Deutschland" und der "Spiegel" berichten, hatte Schröder den Fall Steudtner bei einem Treffen mit dem türkischen Staatspräsidenten Erdogan angesprochen. Dabei ging es auch um die Freilassung der inhaftierten deutschen Staatsbürger Deniz Yücel und Mesale Tolu. Hier sollen sich die Außenminister der beiden Staaten weiter um eine Lösung bemühen.
    Der Altkanzler selbst ließ in Berlin erklären, dass er dazu keine Stellungnahme abgeben werde. Er freue sich gleichwohl über die Freilassung Steudtners.
    EU lobt Freilassung
    Die EU sprach von einer "ermutigenden Nachricht", mahnte aber zu grundlegenden Verbesserungen im Bereich der Rechtsstaatlichkeit. Angesichts des weiter laufenden Verfahrens und der Prozesse gegen andere Journalisten, Akademiker und zivilgesellschaftliche Akteure seien weitere Schritte notwendig, um die Grund- und Freiheitsrechte in dem Land zu wahren, hieß es von einer Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Mogherini.
    Die jüngst erfolgte Festnahme des bekannten türkischer Geschäftsmannes Osman Kavala sei beispielsweise ein neuer besorgniserregender Fall, der eine rasche Lösung erfordere.
    Auch Bundesregierung spricht von ermutigendem Signal
    Die Bundesregierung reagierte per Twitter erfreut auf die angekündigte Freilassung. Außenminister Gabriel schrieb, dies sei ein ermutigendes Signal. Von Regierungssprecher Seibert hieß es, man denke nun an jene, die immer noch in Haft seien.
    Der Grünen-Politiker Mutlu nannte Steudtners Freilassung ein Zeichen der Hoffnung. Dies sei ein Lichtblick hin zu einer Normalisierung der deutsch-türkischen Beziehungen, sagte Mutlu im Deutschlandfunk, der als Prozessbeobachter in der Türkei ist.
    Der CDU-Bundestagsabgeordnete Stübgen sagte im Dlf, er sei Optimist und hoffe, das sei ein erster Schritt für Tauwetter in den Beziehungen zwischen der Türkei und der EU. Ob es sich bei der Entscheidung um einen Hinweis auf die Unabhängigkeit der türkischen Justiz oder eine Anweisung von oben handele, könne er nicht einschätzen. Falls Präsident Erdogan "die Gerichte machen lasse", sei das aber ein Schritt in Richtung Rechtsstaatlichkeit in der Türkei.
    Steudtner auf dem Weg nach Deutschland
    Nach mehr als drei Monaten in türkischer Haft war der deutsche Menschenrechtsaktivist heute wieder freigekommen. Er verließ am frühen Donnerstagmorgen das Hochsicherheitsgefängnis in Silivri westlich von Istanbul und wird noch heute heute zurück in Deutschland erwartet.
    Am Mittwochabend hatte ein Gericht auf Antrag der Staatsanwaltschaft seine Entlassung aus der Haft verfügt. Auch weitere Angeklagte kommen frei. Steudtners Anwalt sagte, sein Mandant dürfe die Türkei verlassen und wolle noch heute nach Deutschland zurückkehren.
    Der Prozess gegen die Angeklagten geht allerdings weiter. Nächster Verhandlungstermin ist der 22. November. Steudtner war im Juli während eines Seminars in der Türkei festgenommen worden. Die Anklage warf ihm die Unterstützung einer Terrororganisation vor. Steudtner streitet dies ab.
    Amnesty International: Druck auf Ankara aufrecht erhalten
    Amnesty International Deutschland erklärte, der Druck auf Ankara müsse aufrecht erhalten werden, damit dort Menschenrechtsstandards eingehalten würden. Die Grünen-Politikerin Roth betonte, es dürfe nicht vergessen werden, dass das Ende der Untersuchungshaft kein Freispruch sei. Sie sehe "keinen Grund zur Entwarnung".
    Die Bundestagsvizepräsidentin forderte im NDR Info einen Kurswechsel in der deutschen Türkeipolitik, etwa bei den Rüstungsexporten, der Zollunion und den Hermes-Bürgschaften. Einen Abbruch der EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei lehnte sie ab. Diese lägen sowieso auf Eis.
    Derzeit läuft gegen die deutsche Journalistin und Übersetzerin Tolu ein Prozess wegen angeblicher Terror-Propaganda. Der Mitarbeiter der Zeitung 'Die Welt', Yücel, sitzt wegen ähnlicher Vorwürfe in U-Haft.
    (tj/hba/ali)