"Ich war mit zwei anderen der erste männliche Freiwillige an einer Mädchenschule in einem arabisch geprägten Raum", sagt Phillip Welmer, heute 27. Er gründet in München gerade eine Kommunikationsagentur. Vor fünf Jahren wollte er dem Wehrdienst entkommen und bewarb sich bei "kulturweit". Den damals 22-Jährigen schickte der Freiwilligendienst für ein Jahr nach Ostjerusalem an eine palästinensische Mädchenschule.
"Von Seiten der Eltern und der Lehrer war das am Anfang sehr, sehr komisch, weil wir sehr beäugt wurden. Die Schülerinnen kamen sofort super mit uns klar, wir waren dann erst mal eine Sensation. Am Anfang war schon sehr viel Aufmerksamkeit für uns, das war schon schwierig, weil man von einer Traube Mädchen umringt war auf dem Pausenhof und gleichzeitig dachte man, was denken jetzt eigentlich die Lehrer darüber. Man wusste nicht, wie man mit der Situation umgeht."
Doch nach einigen Wochen hatte er das raus.
"Wir haben sehr viel Programm gemacht neben dem Schulablauf. Wir haben Sport-AGs gemacht, haben ne Schulband gegründet einen Schulchor. Wir sind mit unseren Schülerinnen durch die Westbank gefahren und haben Konzerte in Flüchtlingslagern gespielt. Wenn mal ein Lehrer ausgefallen ist, dann haben wir auch mal eine Deutschklasse übernommen."
Heute feiert "kulturweit" seinen fünften Geburtstag in einem alten und jetzt leeren Schwimmbad in Berlin Wedding. Knapp 2000 Freiwillige wurden bisher ein Jahr ins Ausland vermittelt - vor allem in Schwellen- und Entwicklungsländer sowie nach Osteuropa, sagt die Leiterin Anna Veigel:
"Wir haben viele Einsatzstellen in Schulen, in denen Deutsch unterrichtet wird, das sind so Assistenztätigkeiten, die gemacht werden. Dann gibt es Einsatzstellen im Goethe-Institut in der Programmarbeit oder da auch im Sprachunterricht; die Deutsche Welle hat ein paar Einsatzstellen, wo man im Radio arbeiten kann; Deutscher Akademischer Austauschdienst, da macht man viel Öffentlichkeitsarbeit; beim Deutschen Archäologischen Institut, da ist man oft im Archiv oder in der Bibliothek. Schwerpunkt ist ja Kultur, vor allem die auswärtige Kultur und Bildungspolitik und alles, was dazu gehört."
Bezahlt wird der Freiwilligendienst vom deutschen Außenministerium, 3,5 bis 4 Millionen Euro pro Jahr. Bewerben können sich alle zwischen 18 und 26 Jahren, die eine eine Ausbildung oder ein Abitur haben - ein deutscher Pass ist nicht erforderlich. Es gibt rund 400 Plätze pro Jahr, aber knapp 4000 Bewerber, sagt die "kulturweit"-Leiterin:
"Dennoch merken wir, wenn sich jemand viel Mühe macht. Einige Bewerbungen sind einfach Copy-and-Paste, von daher lohnt es sich auf jeden Fall, sich zu bewerben, wenn man uns als den richtigen Freiwilligen Dienst empfindet."
Erfahrungen fürs Leben
"Es ist ein tolles Programm, was einen von Anfang bis Ende unterstützt und man lernt sehr viel über sich selbst. Es hat mich sehr verändert."
Vera Wirts ist heute 26 Jahre und macht einen Master in historischer Urbanistik. Mit "kulturweit" war sie ein Jahr am Goethe-Institut in Johannesburg, hat Öffentlichkeitsarbeit gemacht für das Kulturprogramm, viel über Social Media Marketing gelernt. Mit Aufwandsentschädigung und Kindergeld kommen Freiwillige auf 500 Euro im Monat - und müssen davon noch die Unterkunft bezahlen. Vera Wirts hat daher noch 100 Euro aus eigener Tasche drauf gelegt. Aber es hat sich gelohnt.
"Ziemlich konkret eigentlich, ich habe dadurch meine Masterwahl getroffen. Das Gefühl von wie bewege ich mich in der Stadt, was macht das mit mir, wo kann ich lang gehen, wo nicht, wie ist urbaner Raum besetzt. Das hat mich ganz stark geprägt und mich ganz stark in Richtung Urbanistik gelenkt."
"Ich würde es jedem empfehlen, auf jeden Fall", sagt Philip Welmer, der in der palästinensischen Mädchenschule war.
"Ich bin immer noch dabei, arbeite noch bei Seminaren bei "kulturweit". Es ist ein Teil meines Lebens geworden. Es gibt ein Riesennetzwerk aus Alumni, die sich treffen und viel machen. Es ist ein großartiges Programm."