Matz Bremer schaut über die weiten Teiche, rüber zu den kleinen Schilfinseln, in denen Kiebitze, Rotschenkel, Feldlerchen und Wiesenschafstelzen zuhause sind. Vom schmalen Steg aus fährt der 18-Jährige alle paar Wochen mit dem Boot raus, kümmert sich um das Biotop direkt hinterm Elbdeich.
"Biotoppflege heißt hier vor allem: Schilfabschneiden, aber auch die Wege von Gräsern befreien oder Wasserpflanzen entfernen auf den Inseln. Es ist immer ganz unterschiedlich."
Letztes Jahr hat er sein Abitur gemacht, gleich danach startete er in sein "Freiwilliges Ökologisches Jahr" in der Carl-Zeiss-Vogelwarte. Hier zählt er Vögel, beobachtet die Tiere, ihre Brut, die Jungvögel. Und erklärt vogelinteressierten Touristen oder Fotografen die Welt des Biotops.
"Ich wollte halt nach der noch mal was anderes machen, was Interessantes im Bereich Natur und Umwelt. Ich war halt schon früh als kleines Kind sehr naturinteressiert, greifvögelinteressiert. Dann habe ich die Stelle gesehen auf der FÖJ-Seite und dachte: 'Mensch. Das mach mal hier!'"
Mehr Bewerber als freie Plätze
300 Euro verdient Matz Bremer pro Monat. Er ist einer von 166 FÖJlern in Schleswig-Holstein, bundesweit gibt es rund 2700 FÖJ-Stellen und regelmäßig mehr Bewerber als freie Plätze. Sie wollen sich zum Beispiel um Wildtiere kümmern, den Öko-Landbau kennenlernen oder Bachläufe renaturieren. Im Kern geht es dabei nach dem eigenen Selbstverständnis um die "Befähigung zum bürgerschaftlichen Engagement". Seit 25 Jahren gibt es das Freiwillige Ökologische Jahr in Schleswig-Holstein, seit 20 Jahren in Hamburg, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Davon profitieren nicht nur die Einrichtungen, in denen sie Dienst tun, sondern auch die Freiwilligen selbst, findet der Leiter der Carl-Zeiß-Vogelwarte Marco Sommerfeld:
"Nach zwei bis drei Wochen sind sie dann so gut eingearbeitet, dass sie auch selber Verantwortung übernehmen und teilweise die Station alleine betreuen, selbständig Führungen übernehmen. Sie vertreten mich in Urlaubszeiten und man kann sagen, dass sie auch mit der Aufgabe reifen. Und die Station gewinnt jedes Jahr davon."
Freiwilliges Ökologisches Jahr hilft bei Studienwahl
Matz Bremer nickt. Mittlerweile weiß er auch, was er nach seinem FÖJ machen will. Er will Feldwebel bei der Bundeswehr werden. Anders ist das bei Ole Garleff und Jan Hermann. Sie wollen genau in dem Bereich weitermachen, den sie während ihres Freiwilligen Ökologischen Jahrs kennengelernt haben.
Im Wildgehege in Hamburg-Niendorf füllt Jan Hermann Kraftfutter aus einem kleinen Silo in den Eimer darunter. Dann geht es durch das Holzgatter zu den Tieren.
"Wir sind jetzt hier im Dammwild-Gehege und sehen vor uns ein recht junges Kalb. Erst vor wenigen Wochen geboren. Und wir gehen jetzt einfach mal die Tiere füttern."
Sofort nähert sich der Rudelführer, etwas weniger scheu als die anderen Tiere. Jan Hermann füllt die langen Tröge im Unterstand. Bei Ole Garleff, seinem Kollegen, hatten die Eltern nach der Schule Druck gemacht: solange er noch nicht wisse, ob und was er studieren will, sollte er sich um einen Job kümmern. Heute ist er froh über die Atempause nach dem Abitur:
"Man hat das Gefühl, nach der Schule kommt das Abi, dann kommt das Studium, dann kommt der Job. Und man hat sonst niemals die Zeit, wenn man dann irgendwann im Job drin ist, wird man nie wieder diese Muße haben, entspannt so einen Freiwilligendienst zu machen. Das tut total gut!"
Vielfältiges Seminarangebot
Gleich zu Beginn haben die beiden ihren "Motorsägen-Führerschein" gemacht. Ab und zu fällen sie kranke Bäume, halten den Waldspielplatz in Ordnung, kümmern sich um die Tiere. Neben ihrer Arbeit in der Revierförsterei besuchen sie Seminare zu Naturschutzthemen und unternehmen Exkursionen.
Ein bisschen wehmütig sind die beiden deshalb schon, wenn in einem Monat ihr Freiwilliges Ökologische Jahr zu Ende geht. Jan Hermann macht dann eine Ausbildung zum Forstwirt, Ole Garleff will Forstwissenschaften studieren.
"Während der Schulzeit war das FÖJ immer so ein bisschen verpönt. Es war eigentlich immer negativ behaftet. Aber ich habe mich dann trotzdem dafür entschieden und kann es jetzt im Nachhinein wirklich jedem empfehlen. Es ist eine tolle Sache und es bringt wirklich Spaß!"