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Freiwilliges Ökologisches Jahr im Stadtwald

Was gibst denn noch so für Sachen die man im Wald nicht machen darf?

Von Agnes Steinbauer |
    (Kinder:) Man darf den Wald nicht anbrennen...Ja, man darf kein Feuer machen. Darf man rauchen?
    (Kinder:) Nee, is` ja auch was zum Brennen...

    Ulrike Fuchs bei der Arbeit: Die 21-Jährige verbringt ihr Freiwilliges ökologisches Jahr im Wald - Genauer gesagt, in der Waldschule Zehlendorf. Dort zeigt sie Berliner Stadtkindern, was die Natur so alles zu bieten hat und wie man sich in Wald und Flur benimmt:

    Darf man die Tiere beobachten im Wald?
    Kinder ganz laut im Chor: Ja. Darf man denen schreiend hinterherrennen?
    Kinder: laut: NEEEIN!

    Beim Waldrundgang – heute mit einer Hortgruppe von Sieben- bis Neunjährigen aus Berlin-Tempelhof – weiß Ulrike Antwort auf alle Fragen – auf fast alle:

    Können die Käfer sich auch verlaufen?
    Das weiß ich nicht, ich habe noch keinen Käfer getroffen, der mir davon erzählt hat, daß er sich verlaufen hat

    Ulrikes Augen blitzen verschmitzt durch die Nana-Mouskouri-Brille, wenn sie sich an lustige Einfälle während ihrer Streifzüge mit den Kindern erinnert:

    Wenn man vom Eichhörnchen erzählt, das im Winter ein dickeres Fell kriegt und die Kinder meinen dann: Ja, stimmt, weil sonst müßte es ja einen Schal tragen und so`ne Sachen...lachen

    Die kleine, resolute Frau mit Rastalocken und Nasenpiercing hat sichtlich Spaß an ihrem Job – und das, obwohl sie nach ihrer Zeit hier etwas ganz anderes vorhat: Sie will in Potsdam Politik studieren. Das FöJ war trotzdem eine wichtige Orientierungsphase:

    2002 da hab ich Abi gemacht und hab dann ein Jahr rumgehangen und hatte dann eine relativ schlechte Zeit im Winter, von wegen, was mach ich mit meinem Leben.

    In Ermangelung anderer Pläne entschloß sich Ulrike zum Frühaufstehen und das hat sich offensichtlich gelohnt:

    Erst mal die frische Luft, draußen zu sein, ist total schön, man erlebt die Jahreszeiten viel intensiver, wenn ich jetzt unterwegs bin, fallen mir vielmehr Dinge auf, wo ich merke: Ach, das ist nicht nur ein Baum sondern DER Baum..

    Trotz vieler angenehmer Seiten: Das FÖJ ist kein verlängerter Urlaub. Anderslautende Gerüchte weist Ulrike empört von sich:
    Viele Einsatzstellen könnten ohne FÖJler überhaupt nicht existieren. Es ist eine ganz wichtige Arbeit, die sonst keiner macht und da gibst eine Menge Leute, die superengagiert sind, das ist alles andere, als sich einen faulen Lenz zu machen.

    Sie arbeitet 38,5 Stunden Wochenstunden für 365 Euro im Monat, aber das vermiest der 21-Jährigen den Job ebensowenig wie so manche Lehrer, die bei ihrem Rundgang mit eigenen Ausführungen dazwischenfunken wollen. Die Kombination aus Kinderbetreuung und Naturpädagogik ist für Ulrike ein Glücksfall. Begeistert erzählt sie vom schlanken Mauswiesel, das – Pech für die Mäuse – seine Beute unter der Erde aufstöbert, vom Maulwurf, der 20 Regenwürmer am Tag fressen muss, um wegen Dauergrabens keinen Schwächeanfall zu erleiden oder von einem Vogel, den die Kinder vor dem Rundgang schon ausgestopft gesehen haben:

    Was macht so'n Specht?
    Der klopft an die Bäume, um sein Nest zu bauen, aber der kriegt dabei keine Kopfschmerzen, Ja, und der hackt noch aus einem anderen Grund die Löcher..
    Damit er so'ne Raupen und kleine Käfer findet.
    Ganz genau...

    Wenn nicht gerade Rundgänge anstehen, macht Ulrike Telefondienst oder was sonst noch so in der Waldschule anfällt. Ihre Chefin, Diplomforstwirtin Bettina Förster-Barmenius legt nicht nur auf Interesse für die Sache und Geschick im Umgang mit Kindern wert, sondern auch darauf...

    Jemanden zu haben, der sieht, wo die Arbeit ist, wo wir nicht jedes Mal sagen müssen: Nach der Arbeit muß die Hütte ausgefegt werden oder das Klo geputzt, so eine gewisse Selbständigkeit eben...

    Dazu gehört, sich Wissen über Pflanzen und Tiere anzueignen. Vor ihrem FöJ wußte Ulrike noch nicht so genau warum manche Pilze stinken. Das ist heute anders:

    Habt ihr's gerochen? Das ist von einer Stinkmorchel. Das ist ein Pilz und zwar stinkt der und lockt Fliegen an...

    Die Kinder erfahren, daß die Stinkmorchel sich mit Hilfe der Fliegen fortpflanzt und daß auch giftige Pilze wichtig sind, weil sie vielen Tieren als Nahrung dienen.

    Nach der "Pirschprüfung" nähern sich die Kinder dem Höhepunkt der Tour: Einer Waldlichtung, auf der glücklicherweise heute die scheuen Mufflon-Wildschafe zu sehen sind.

    Stopp, bleibt mal stehen, also, das sind alles Frauen und vielleicht seht ihr noch einen Widder mit den Hörnern, die sitzen meistens faul rum...

    Für Ulrike ist das freiwillige Jahr bald zu Ende. Eines ist für sie aber jetzt schon klar:

    Für mich hat es sich auf jeden Fall ganz kraß gelohnt. Ich hab ne Menge Sachen gelernt. Das Umgehen mit den Kindern und in einem Arbeitsverhältnis zu sein, daß man miteinander in einem Team arbeitet...