Joana Kühnemund steht mit ihren Kolleginnen von der Von Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel an einem kleinen Stehtisch in der Dortmunder Westfalenhalle und kann interessierten Schülern aus erster Hand vom Freiwilligen Sozialen Jahr erzählen. Denn sie hat sich vor einem Jahr für das Betheljahr entschieden. Joana Kühnemund wollte nach dem Abitur nicht sofort an die Uni. Deswegen war das Angebot der Bielefelder Stiftung genau das richtige für sie.
"Genau, ich möchte Soziale Arbeit studieren und da war es gut, vorher da mal rein zu schnuppern, ob das überhaupt was für mich ist."
Grundvoraussetzung für ein Freiwilliges Ökologisches oder ein Freiwilliges Soziales Jahr ist, dass der Teilnehmer zwischen 16 und 27 Jahren ist und seine Schulpflicht erfüllt hat. Carolin llgner ist Referentin für das Betheljahr und erklärt, worauf die Von Bodelschwinghschen Stiftungen außerdem noch Wert legen.
"Für uns ist erst mal überhaupt nicht wichtig, was für einen Schulabschluss oder welche Schulnoten jemand hat, sondern für uns ist es in erster Linie wichtig, dass wir sehen: Da sind junge Leute, die haben Lust sich zu engagieren, die haben Lust zu helfen, die haben Lust neue Erfahrungen zu machen und ja, einfach ein schönes Jahr zu haben, wo sie anderen Menschen eine Unterstützung sein können."
Anforderungen variieren je nach Tätigkeitsfeld
Doch die Unterschiede zwischen den einzelnen Trägern der Freiwilligen Jahre sind teilweise recht groß. Denn als FSJler arbeitet man nicht nur mit alten, kranken oder behinderten Menschen, sondern inzwischen auch in der Kultur oder im Sport. Die Anforderungen variieren je nach Tätigkeitsfeld. Bei den Johannitern zum Beispiel sind die Voraussetzungen noch etwas enger gefasst, erklärt Sprecher Martin Vollmer.
"Grundvoraussetzungen sind: 18 Jahre, Führerschein und mit einer einjährigen Fahrpraxis. Und gut Laune und Spaß an der Sache und für soziale Sachen empfänglich."
Die Fahrpraxis ist den Johannitern besonders wichtig, weil die FSJler Krankenfahrten übernehmen oder zu Vorträgen selbstständig fahren sollen. Auch bei der Bezahlung gibt es große Unterschiede. Der Gesetzgeber hat nur vorgeschrieben, dass ein Taschengeld gezahlt werden muss. Im Durchschnitt werden 150 Euro gezahlt, bei den Johannitern sogar etwas mehr.
"Grundsätzlich ist das ein Taschengeld von 210 Euro und ein Verpflegungsgeld von 230 Euro. Und ein Fahrtkostenzuschuss, je nachdem welche Fahrtstrecke man eben auch zurücklegt. Das ist dann eben auch ein bisschen unterschiedlich. Ansonsten eben 40 Stundenwoche und 24 Tage Jahresurlaub gehören da auch noch mit zu."
Arbeiten für ein Taschengeld
Das Taschengeld ist zwar auf 372 Euro im Monat begrenzt, jedoch können weitere Zuschläge gezahlt werden, wenn dem FSJler weder Unterkunft noch Verpflegung gestellt werden. Denn darauf gibt es einen gesetzlichen Anspruch. Und so kommt es, dass das Betheljahr zum Beispiel recht großzügig entlohnt wird.
"Wir finden das wichtig, dass man auch ein Gehalt, ein kleines Taschengeld bekommt. Denn immerhin arbeitet man Vollzeit. Und das ist nicht zu unterschätzen, wenn man Vollzeit arbeitet und dabei auch noch Verantwortung für Menschen übernimmt, da sollte man auch einigermaßen entlohnt werden. Im Betheljahr gibt es mittlerweile 649 Euro Taschengeld. Man hat auch Urlaubstage. Bei uns sind das 27 Tage, die man Urlaub hat. Die muss man in Absprache mit seinen Kollegen dann verplanen im Laufe des Jahres."
Die Bewerbung für ein Freiwilliges Ökologisches oder Freiwilliges Soziales Jahr sollte ein Anschreiben und einen Lebenslauf enthalten. Je nach Träger kann man sich inzwischen auch schon online bewerben. Ein hartes Auswahlverfahren gibt es meistens nicht. Bei den Johannitern zählt vor allem die Schnelligkeit, sagt Sprecher Martin Vollmer.
"Also, da geht es dann schon so: Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Und wenn die Voraussetzungen stimmen, dann werden die auch eingestellt. Jeder hat natürlich dann noch die Möglichkeit zu sagen, das ist was für mich oder eben auch nicht. Und wenn die Stellen besetzt sind, dann sind sie besetzt. Dann kann man sich auf eine mögliche Warteliste setzen, falls einer abspringt oder doch einen Studienplatz bekommt, sodass man dann im Grunde als Nachrücker funktioniert."
Viele Interessenten möchten ins Ausland
Mit anderen Worten: Wenn man einen bestimmten Platz haben möchte - ob nun im sozialen oder im ökologischen Bereich -, sollte man sich rechtzeitig bewerben. Besonders viele Interessenten sind an einem Platz im Ausland interessiert und haben schon ganz klare Vorstellungen - so wie diese Abiturientin.
"Also, ich wollte vielleicht gerne nach Afrika und dort in einen französischen Teil, um meine Sprachkenntnisse zu verbessern, aber auch um den Leuten zu zeigen, dass wir da sind, dass wir eine Gemeinschaft sind und das wir halt eine Welt sind und zusammenhalten sollten."
Doch egal, ob es nun eine der begehrten Auslandsstellen wird oder doch eher eine im Inland: Das Freiwilligenjahr bringt Erfahrungen mit sich, die Absolventen wie Joana Kühnemund nicht mehr missen wollen.
"Auf jeden Fall! Ich habe viele nette Leute kennengelernt, meine Klienten, mit denen ich viel zu tun hatte. Auch meine Mitarbeiter so im Team sind super. Und es hat mir auf jeden Fall weitergeholfen."
Das Studium der Sozialen Arbeit kann Joana Kühnemund nun im anstehenden Wintersemester mit viel Praxiserfahrung beginnen.