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Freizeitpark und Naturschutz

Sie heißen Phantasialand, Heide- oder Traumlandpark: Jahr für Jahr strömen Millionen Deutsche in Freizeitparks und lassen die Kassen klingeln. Damit das auch so bleibt, investieren die Unternehmen kräftig in immer neue Attraktionen. Manchmal aber kollidiert der Drang nach Expansion mit dem Naturschutz. Ein Beispiel ist der Spreepark in Berlin. Der Freizeit- und Familienpark zählt zu den zehn größten in Deutschland. Sein Wahrzeichen, das Riesenrad, ist für viele aus der ehemaligen DDR ein Stück Ost-Identität. 600.000 Besucher kommen jährlich. Das hört sich nach viel an, aber: 1.5 Millionen müssten es laut Rechungen des Betreibers sein, um schwarze Zahlen zu schreiben. Abhilfe sollen nun neue Loopings schaffen und damit mehr Parkplätze. Und damit sind wir beim Problem: Der Park liegt in einem Landschaftsschutzgebiet.

von Michael Frantzen |
    Eigentlich müsste Norbert Witte gute Karten haben. Knapp 70 Millionen Mark hat der 45jährige zusammen mit seinem Betreiber-Konsortium in den Freizeitpark Spreepark investiert: In den Mega-Loop, den "Kentucky Ride" und dem "Rollover Jill", der einen mit Riesen-Stahlarmen in die Luft schleudert. Hochmodern das ganze. Und wenn dann noch die Sonne scheint, so wie heute - dann müsste das Geschäft doch eigentlich brummen. Tut es aber nicht: Weit und breit keine Schlangen, einige Attraktionen haben erst gar nicht geöffnet. Dass die Besucher ausbleiben - Norbert Witte macht dafür vor allem eines verantwortlich: Die viel zu wenigen Parkplätze.

    Parkbesitzer: "Wir haben sehr viele Anschreiben vorliegen von Busunternehmen, die gerne hierher fahren würden, aber sie mit den Bussen nicht anhalten können. Man muss sich das ja mal reinziehen: Hier stehen zwanzig Busse, die kommen an, laden ihre Leute aus und müssen dann immer im Kreis fahren, sechs Stunden, mit ihrem Bus, weil se nirgendwo anhalten können. Fahren sie zu diesem Unternehmen wieder? Nie wieder. Ab 93 haben wir Besucherrücklauf von 100.000. Und das zieht sich jedes Jahre eben durch bis zum heutigen Tag."

    350 Parkplätze gibt es zur Zeit. Mindestens 1100 würde Norbert Witte gerne haben. Bislang aber hat der zuständige Bezirk Treptow nur 330 zusätzliche Plätze genehmigt - und zwar innerhalb des Parks. 500 weitere will Witte außerhalb des Spreeparks, am Wasserweg, errichten - und da fängt das Problem schon an: Ein Teil des Areals gehört nämlich dem Land Berlin. "Na gut", argumentiert der Spreepark, "dann erhält das Land als Ausgleich halt ein Grundstück von uns." Der Haken an der Sache aber ist: Das Grundstück, auf das es der Spreepark abgesehen hat, liegt im Plänterwald - und der steht unter Landschaftsschutz. Und wenn ein Waldstück erst einmal geschützt ist, kann es nicht ohne weiteres umdeklariert werden, meint die Pressesprecherin der Senats für Stadtentwicklung, Dagmar Buchholz.

    "Das Problem, was wir in diesem Spreepark haben: Diesen Vergnügungspark, den er ja darstellt, in einem Landschafts-Schutzgebiet zu erhalten. Es ist relativ schwierig, weil so ein Park ja auch eine gewisse wirtschaftliche Grundlage hat und sich ausdehnen möchte tendenziell. Hier muss man immer den Kompromiss finden. Also: Landschaftsschutz im Vorrang, allerdings gleichzeitig berücksichtigen, dass dieser Wirtschafts-Standort aufrechterhalten bleibt."

    350 Angestellte arbeiten in der Saison im Spreepark - Arbeitsplätze, auf die der Bezirk Treptow dringend angewiesen ist. Das weiß auch der Treptower Baustadtrat Dieter Schmitz. Deshalb seine Zustimmung für die 330 zusätzlichen Parkplätze. Besonders gut zu sprechen auf den Spreepark ist der SPD-Politiker aber nicht:

    "Die Spreepark GmbH gehört nicht gerade zu denjenigen, die am schonensten mit der Umwelt umgehen. Das war ja hier mit den Stellflächen genauso. Vor nem halben Jahr, wo wir dann festgestellt hatten, auf Hinweis von verschiedenen Bürgern, dass dort schon wieder Bäume gefällt wurden. Wussten wir von nichts. Erst dann als das Bauaufsichtsamt Kontrollen gemacht hat, haben wir festgestellt, da sollten möglicherweise Stellplätze angelegt werden."

    Wenn es nach Manfred Schubert ginge, dem Geschäftsführer der Berliner Landesgemeinschaft Naturschutz - dann hätte eine Anlage wie der Spreepark im Plänterwald nichts zu suchen. Ab auf das Gelände des ehemaligen Flughafens Gatow - auf die grüne Wiese also - das es dafür zu spät ist, weiß aber auch Schubert. Also: 330 zusätzliche Parkplätze - damit kann der Umweltschützer leben. Alles andere aber laufe nur hinaus auf einen Kahlschlag:

    "Wir wollen hier den Anfängen wehren. Dass hier so scheibchenweise vorgegangen wird. Für uns ist der Plänterwald ein wichtiges, zusammenhängendes Naherholungsgebiet, gerade im Zusammenhang auch mit dem nördlich gelegenen Treptower Park und bildet eine Einheit. Das sind doch alte Baumbestände. Die sind gerade für die Bewohner in angrenzenden Bezirken wie Kreuzberg, Treptow von großer Bedeutung."

    Ein Shuttle-Bus zwischen Haupteingang und dem nahegelegenen S-Bahnhof Treptower Park - für Manfred Schubert wäre das die Ideal-Lösung. Baustadtrat Schmitz wiederum schwebt ein mehrgeschossiges Parkdeck vor. Davon hält Norbert Witte aber gar nichts:

    "Wenn sie heute tausend Autos unterbringen wollen, dann brauchen sie für so'n Parkhaus zehn Millionen Mark. Ich frag mal: Welche Parkgebühr sollten wir dem Besucher abnehmen? Wir sind nen Freizeitpark. Wir sind auch kein Treffpunkt für Reiche. Wir sind ja kein Golfclub. Und dann kann man auch eben nicht wie auf dem Kudamm, wenn se da drei Stunden in so'n Parkhaus fahren, auch noch 18 Mark für abnehmen."

    Bis Anfang November ist der Spreepark noch geöffnet - bis zur Winterpause. Ob der Senat bis dahin dem Flächentausch zustimmt haben wird - das bleibt ungewiss.