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Fremdsprachenunterricht
Smartboard oder Vokabeltest?

Mittlerweile gibt es viele Alternativen zum frontalen Englischunterricht: zum Beispiel Videos drehen oder über alltägliche Aufgaben reden. Eine didaktische Stipvisite in hessischen Schulen und der Goethe Universität Frankfurt.

Von Eva-Maria Götz | 15.01.2019
    Schüler der Klasse sechs sitzen am Freitag (13.02.2009) an ihren Notebooks in einem Klassenraum der Gesamtschule Emsland in Lingen (Landkreis Emsland) und blicken auf eine interaktive Tafel ein sogenanntes Smartboard.
    Welche Methoden eignen sich am besten für den Spracherwerb? (picture-alliance/ dpa / Friso Gentsch)
    "One-two-three-. OK. Let`s repeat what we have done yesterday and the days before: present perfect. Take a look at the smartboard, what do you see?"
    Modern wirkt im Englischunterricht der 7. Klasse an der Wilhelm-Heinrich-von-Riehl-Gesamtschule Wiesbaden zunächst mal nur das digitale Touch-Screen-Smartboard an der Wand, das die Tafel ersetzt hat.
    "I can see a house, door and window, I can see grass......"
    Hörspiele, Workingplans und Videos
    Doch Englischlehrerin Jessica Reif nutzt auch inhaltlich neue Lehrmethoden in ihren Stunden.
    "Wir arbeiten bei uns im Englisch-Team mit workingplans in Englisch. So haben zum Beispiel die Schüler unterschiedliche workingplans. Es gibt drei Niveaustufen, so dass jeder Schüler in seinem Tempo arbeitet. Wenn wir in dieser workingplan-Phase sind, dann sieht das in der Regel so aus, dass die Schüler sich am Anfang der Stunde einchecken, sie können sich selber testen, können eigene Lernkontrollen schreiben, die unbewertet sind."

    Bei den Schülern kommt der abwechslungsreiche Unterricht gut an:
    "Wir sprechen sehr viel Englisch hier im Unterricht und lesen viele Texte. Manchmal kriegen wir auch Rollen, die wir auswendig lernen, spielen und vorzeigen können."
    "Oder wir hören Hörspiele und dann müssen wir Frau Reif sagen, was wir alles verstanden haben."
    "Als nächstes werden wir keine zweite Klassenarbeit schreiben", ergänzt Reif, "sie werden als Ersatznote ein kleines Video drehen, in dem sie Inhalte, die sie erarbeitet, erlernt haben, darstellen werden."
    Task Based Language Learning – funktioniert in jeder Alterstufe
    Daniela Elsner, Professorin für Fremdsprachen- Lehr- und Lernforschung an der Goethe Universität Frankfurt: "Unser wissenschaftlicher Ansatz ist stärker handlungsorientiert, stärker aufgabenorientiert, die Fremdsprache verwenden für eine sinnvolle Aufgabe: Wir planen beispielsweise einen Ausflug nach London. Was muss dazu gemacht werden? Wir müssen Tickets kaufen, recherchiert mal! Wir müssen gucken: Zimmeraufteilung und so weiter. Solche Dinge besprechen wir dann in der englischen Sprache, nehmen also wirklich eher konkrete Anlässe herbei und diskutieren die in der Fremdsprache. Und schauen uns erst hinterher die Grammatik an."
    Task Based Language Learning, also aufgabengestütztes Sprachen-Lernen, nennt Daniela Elsner diese Didaktik, die in jeder Altersstufe funktioniert. Auch wenn einige Lehrer erst skeptisch waren.

    "Die meinten: Das ist viel zu schwer. Das geht überhaupt nicht. Das schaffen die gar nicht. In der dritten, vierten Klasse können wir keine riesigen Aufgaben, Einkaufslisten erstellen lassen. Dass die dann anfangen, irgendwelche Poster zu kreieren und dass die dann in der Gruppe sprechen. Da war es dann so, dass ich gesagt habe, probiert es doch mal aus. Sie haben es ausprobiert. Sie fanden es super. Sie sind jetzt total begeistert davon. Wir haben das ganz viel in den Lehrwerken auch aufgenommen. Und so sehe ich das auch in den Sekundarstufen. Also wenn wir tatsächlich solche Ideen mit reinbringen und das dann ausprobiert wird, kommt schon das Feedback von den Lehrkräften, dass das gut funktioniert."
    Ins kalte "Sprachbad" springen
    Am weitesten fortgeschritten und am erfolgreichsten in dieser Methode sind natürlich Schulen, die zumindest teilweise, bilingualen Unterricht anbieten, wie etwa das Phorms-Gymnasium in Steinbach im Taunus. Schulleiter Jan Fuchs: "Das funktioniert hervorragend, die Kinder sprechen nach vier Jahren fließend englisch."
    Die Kinder werden bei dieser Art des Fremdsprachenerwerbs sozusagen in ein "Sprachbad" getaucht. Auch für nicht-bilinguale Schulen empfiehlt Jan Fuchs:
    "Die Kinder zu ermutigen, zu sprechen und ihnen nicht den Ausweg zu geben, auf Deutsch zu sprechen. Zu sagen: Wir bleiben bei der Sprache."
    Englisch schon an der Grundschule?
    Sie sehen ein Mädchen, das in einem Englischbuch für die Grundschule liest. 
    Den derzeitige Englischunterricht an Grundschulen hält die Erziehungswissenschaftlerin Ilonca Hardy für "wenig effizient". (dpa, Rolf Vennenbernd)
    Anders sieht es an den Grundschulen aus, an denen die Kinder höchstens zwei Stunden Fremdsprachenunterricht in der Woche haben, oftmals bei nicht entsprechend ausgebildeten Lehrern. Diese Methode hält Ilonca Hardy, Professorin für Erziehungswissenschaften an der Goethe Universität, nach neuen Studien für wenig effizient.
    "Der Stellenwert der Fremdsprache Englisch könnte nur gestärkt werden durch die Lehrkraftausbildung, also eine fundierte Ausbildung für alle Lehrkräfte, die Englisch unterrichten, auch vorauszusetzen und dann eben die Stundenzahl zu erhöhen."
    Doch die meisten Grundschulen haben zur Zeit andere Probleme. Für das Fremdsprachenlernen ist das aber nicht so schlimm, meint Professorin Daniela Elsner: Eine Fremdsprache lernt man eh am besten in der Pubertät:
    "In der Pubertät ist es einfach so, dass die Kinder schon gelernt haben zu unterscheiden, so ne Art Sprachbewusstheit auch entwickelt haben, in dem Sinne, dass sie Grammatik in der Erstsprache gelernt haben, sie gehen das Ganze relativ kognitiv bewusst an, sie können relativ schnell analysieren, und die Studien zeigen einfach: offenbar sind da die Synapsen im Hirn so gut verknüpft und so aufnahmefähig, dass da die Fremdsprache noch ganz gut reinpasst."