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Fressfeinde
Wie man Wölfe und Schafe zusammendenkt

Tierschützer begrüßen die Rückkehr der Wölfe nach Deutschland, manche Bauern wollen sie dagegen zum Abschuss freigeben. Artenschützer, Schäfer und andere Verbände haben bei einem runden Tisch einen Interessenausgleich vereinbart: Schadensersatz für gerissene Schafe und hohe Hürden, bevor ein Wolf erschossen werden darf.

Von Dieter Nürnberger |
    Schafe.
    Haben in Deutschland Feinde, aber auch Lobby: Schafe. Wolfs- und Weideviehvertreter haben an einem runden Tisch einen Interessen-Kompromiss erarbeitet. (picture alliance | dpa)
    Es ist ein Konsenspapier, welches heute vormittag präsentiert wurde. Und interessant ist natürlich, dass acht Verbände daran beteiligt sind - darunter Natur- und Tierschützer, aber eben auch der Bundesverband der Berufsschäfer. Das ist jene Berufsgruppe, deren Arbeit durch die Wiederkehr des Wolfes wohl auch die meisten Nachteile hat, weil die Herden natürlich durch den Wolf gefährdet sind oder sein können.
    Das Papier trägt die Überschrift "Eckpunkte für ein konfliktarmes Miteinander". Die Botschaft ist, dass künftig beides möglich sein soll - der Schutz des Wolfes, ebenso der Schutz der Herden.
    Markus Bathen ist der Wolfsexperte des Naturschutzbundes Deutschland - für ihn die Rückkehr des Wolfes nach Deutschland zuallererst ein Glücksfall:
    "Ich bin Artenschützer, seit ich denken kann. Und ich bin es eher gewohnt, dass wir bemängeln müssen, dass Arten immer weniger werden, die Bestände immer kleiner werden. Deshalb ist es ein faszinierender Vorgang, dass ausgerechnet der Wolf, der oft verteufelt wird, der schon ausgerottet war, zurückkommt. Einfach nur durch unterstützende Maßnahmen - und sich offensichtlich zu einer guten Population entwickelt."
    So gibt es derzeit in Brandenburg nach offiziellen Schätzungen rund 180 Exemplare. Es gibt aber auch Nutztierrisse - mehr als 100 Fälle wurden dem Wolf 2016 zugeschrieben.
    "Ich plädiere dafür, vorher die Schafe vernünftig zu schützen"
    Knut Kucznik vom Bundesverband Berufsschäfer sagt, dass gerissene Tiere in der Regel den Besitzern ersetzt werden. Auch im vorgestellten Eckepunktepapier ist die Leistung eines Schadensausgleichs als wichtiger Punkt enthalten:
    "Ich plädiere dafür, vorher die Schafe vernünftig zu schützen, so dass es erst gar nicht passiert. Ein gerissenes Schaf ist kein schönes Bild. Bei Herden, die von Herdenschutzhunden in den vergangenen fünf Jahren geschützt wurden, gab es keinen einzigen Angriff. Allerdings sind sie teuer, im Unterhalt und auch in der Anschaffung."
    So koste allein der Unterhalt eines Herdenschutzhundes im Jahr rund 1.000 Euro. Im Eckpunktepapier wird gefordert, dass die Schäfer zudem sämtliche Ausgaben für den Schutz vor dem Wolf ersetzt bekommen - darunter fielen dann auch bessere Schutzzäune. Im Grunde müsse das Geld dafür aus öffentlichen Töpfen kommen, sagt Nabu-Wolfsexperte Mathias Bathen:
    "Das läuft über die Landeshaushalte, die sich das Geld dafür teilweise auch von der EU holen können. Das stellt die Verwaltung vor Herausforderungen, Landwirte müssen dann auch Anträge schreiben. Wir sehen aber, dass das Geld vorhanden und im Vergleich zu anderen Tierarten auch gar nicht so viel ist."
    Investitionshilfe und Wolfsmanagement
    Finanziell sollen Weidetierhalter künftig also keinen finanziellen Nachteil haben - Schadensregulierung und auch die Übernahme möglicher Investitionskosten sollen gewährleistet sein.
    Es geht auch um ein Wolfsmanagement. Der europaweite Schutz des Wolfes ist per Richtlinie verankert. Das Eckpunktepapier sieht aber dennoch auch das Erschießen vor - als letztes Mittel. Knut Kucznik vom Bundesverband Berufsschäfer:
    "Ich bin nicht der Jäger des Wolfes, ich bin der Beschützer der Herden. Wenn sich ein Wolf wirklich darauf spezialisiert hat, Weidetiere zu fressen, wird er wohl geschossen werden müssen. Und dazu einigen wir uns heute hier auch."
    Abschuss müsse möglich sein, nicht erst als letztes Mittel
    Allerdings gibt es auch weiterhin Kritik. So sieht beispielsweise der Bauernbund Berlin-Brandenburg - er war heute nicht vertreten - die Interessen seiner rund 430 Mitgliedsbetriebe nicht berücksichtigt. Konsens sei schön, sagt Geschäftsführer Reinhard Jung, aber sein Verband bleibe dabei - der Wolf gefährde die Weidetierhaltung, und ein Abschuss müsse auch schon früher möglich sein, nicht erst als letztes Mittel:
    "Entscheidend ist: Je weiter sich der Wolf ausbreitet, einfach seine Scheu verliert. Wir müssen zu einem Zustand kommen, in dem Wölfe, die unsere Tiere auf der Weide angreifen, durch den Jäger geschossen werden. Und solange das nicht der Fall ist, wird das Problem weiter wachsen. Und am Ende die art- und tiergerechteste Form der Fleischerzeugung ökonomisch gefährden."
    Trotz des heute vorgestellten Konsenspapieres fühlen sich also noch nicht alle Interessengruppen vertreten. Die Rückkehr des Wolfes bleibt somit auch ein weiterhin Streitfall. Die Autoren des heute vorgestellten Eckpunktepapiers wollen auch der Politik beratend zur Seite stehen. Beispielsweise in Brandenburg, wo eine Wolfsverordnung schon bald verabschiedet werden soll.