Mit heißen Samba-Rhythmen bringen sich die Schülerinnen und Schüler in Schwung. Auch an diesem Freitag ziehen sie vor den Landtag in Hannover. "Think global, act local", "There is no planet B" - so lauten einige der Slogans im schönsten Neu-Deutsch. Auch Lou Franka Töllner hat Plakate gemalt. Die 17-Jährige organisiert mit. Mobilisiert wird mittels Whatsapp, Instagram und Co.:
"Weil es keinen anderen Planeten gibt. Wir müssen jetzt etwas machen, unsere Zukunft zu schützen – für alle Generationen, die noch folgen!"
Initiatorin der "Fridays for Future"-Proteste ist die schwedische Schülerin Greta Thunberg. Nach ihrem Vorbild gehen auf der ganzen Welt junge Menschen immer wieder freitags auf die Straße. Statt die Schulbank zu drücken, fordern sie mehr Anstrengungen für den Klimaschutz.
Vorbild Greta Thunberg
Amelie Bindert, 11. Klasse der Tellkampf-Schule Hannover, engagiert sich seit Jahren in der Schülerverwaltung. Sie ist gerade erst von einer Exkursion zur schwedischen Partner-Schule zurückgekehrt. In Stockholm traf sie auf Thunberg:
"Und sie war so wie wir. Ich habe mit ihr geredet, die ist auch gerade 16 geworden. Die kam total nett rüber. Ich glaube, genau so eine Person zu haben, die sich genau dieselben Gedanken macht, ist total wichtig - und die auch ganz viele andere Menschen noch erreichen kann."
Was bislang oft bespöttelt wurde, begeistert jetzt viele: In den Schüler-Vollversammlungen der Tellkampf-Schule geht es darum, wie sich die großen politischen Forderungen auch im Kleinen umsetzen lassen. In der Umweltschule gibt es in jeder Klasse eigens geschulte Freiwillige, die am Ende der Stunde die Heizung runterdrehen und das Licht ausknipsen:
"Ich bin Energiemanager – und in meiner Klasse sind das halt viele Leute, die die Sonne nicht mögen und immer wenn morgens die Sonne scheint, dann möchten sie immer, dass der Vorhang zu ist und das Licht anmachen. Und ich sage dann immer: 'ne, lass das Licht aus!' Es sind einfach ganz kleine Sachen, die Du verändern kannst. Du musst ja nicht die ganze Zeit von morgens bis abends dein Zimmerlicht anhaben", sagt Amelia Bindert.
Recht auf Versammlungsfreiheit vs. Schulpflicht
Das Recht auf Versammlungsfreiheit kollidiert mit der Pflicht zum Schulbesuch – und letztere geht vor, so haben es Kultusministerium und Schulbehörde klar gestellt: Denn das politische Ziel des Klimaschutzes ließe sich auch außerhalb der Unterrichtszeit verfolgen.
"Für mich ist genau das wichtig, dass der Einzelne entscheidet, dass er sagt, das hat Priorität – und selbst, wenn ich Nachteile in Kauf nehmen muss, dass ich dann entsprechend vielleicht schulisch nacharbeiten muss, dass die Kinder sich aus Eigeninteresse dort solidarisieren, dass sie ihre Eltern ins Boot holen. Das ist eine Riesenchance mit Eltern über diese Fragen des Klimawandels zu sprechen", so Katharian Badenhop.
Dass die Schulleiterin wie so viele ihrer Kolleginnen und Kollegen in Niedersachsen gelassen bleibt und nicht mit der Knute droht, liegt wohl an ihrer Sympathie für das Anliegen. Und mehr als das:
"Als Schule haben wir ja oft diesen Belehrungsmodus, das heißt, im Unterricht Probleme thematisiert: Bildung für Nachhaltige Entwicklung, was ist das denn? Diese Dinge werden auf einmal mit Leben gefüllt. Genau das, was wir wollen – handlungsfähige Kinder in die Zukunft entlassen – das passiert gerade."
"Aufgabe der Politik, die Lösungen zu erarbeiten"
Das meint auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), der sich gestern mit Vertretern der selbst ernannten Bewegung an einen Tisch setzte:
"Ich finde ausdrücklich richtig, und kann auch gut nachvollziehen, dass junge Leute sagen, wir machen uns größte Sorgen wegen dem Klimawandel und wir sind sehr unzufrieden mit dem, was bis jetzt geschehen ist."
"Es ist die Aufgabe der Politik, die Lösungen zu erarbeiten, die nötig sind, um unsere Zukunft zu garantieren", kontert der 18 jährige Daniel Braun.
Sein Resümee nach der Begegnung: Die Proteste müssen weitergehen – immer wieder freitags und zur besten Unterrichtszeit, denn:.
"Lokführer streiken ja auch nicht in ihrer Freizeit."